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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma
Autoren: Elizabeth Flock
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Steak zum Abendessen bestellen. Nur dass er lächelte. “Ich könnte dir etwas verraten, obwohl ich geschworen hab’, es dir nicht zu sagen.”
    “Emma!” schrie ich die Treppe hinauf. “Emma! Wo bist du?”
    “Ich sag’ doch, sie is’ nicht hier.”
    Ich sah ihn an.
    “Und jetzt verrat’ ich’s dir: Sie ist tot!”
    In meinen Ohren begann es zu brausen, es war wohl das Blut, das in meinen Kopf schoss.
    “Um genau zu sein,
ich
hab’ sie umgebracht.” Er nuckelte an seinem Bier, stellte die Beine nebeneinander.
    Ich weiß noch, dass ich zwei Stufen auf einmal nahm, erst in sein Zimmer rannte, dann in unseres. Nichts.
    “Keine Emma mehr.” Ich kann seine Stimme noch immer hören. Und sein Gelächter. Dieses Gelächter machte mir klar, dass er nicht log.
    “Er hat gelacht.” Ich öffne die Augen. “Er hat gelacht, als er sagte …” Ich kann es nicht aussprechen.
    “Als er dir sagte …” Die Stimme des Sheriffs zerschmilzt in der Luft. “Als er dir sagte …”, versucht er es erneut.
    “Er sagte …” Ich schlucke schwer. “Er sagte … er sagte, dass er sie umgebracht hat.” Ich betrachte ihn, um sicherzugehen, dass ich die Worte nicht nur gedacht, sondern laut ausgesprochen habe, denn das passiert mir manchmal.
    Er schweigt. Ich bringe es nicht über mich, Mama anzusehen. Falls sie bisher nicht wusste, dass Richard ihr Kind getötet hat. Ich kann sie nicht anschauen.
    “Er hat dir gesagt, dass er Emma umgebracht hat?”
    Ich halte die Tränen zurück, während ich nicke.
    Der Sheriff wirft meiner Mama über die Schulter einen Blick zu und nimmt seine Hand von meiner. Mama kommt näher.
    “Mrs. Parker, warten Sie.” Er hebt die Hand, um sie aufzuhalten. “Sie soll weiter erzählen. An was erinnerst du dich noch, Liebes?”
    Als ich die Augen schließe, kommen die Erinnerungen wieder zurück, ich weiß aber nicht, ob sie wahr sind oder nur ein Traum.
    Ich springe über Steine. Renne den Pfad hinauf. Es war dunkel, so dunkel, dass ich mich ganz darauf verlassen musste, dass meine Beine mir den Weg zeigten, den ich so oft gegangen bin. Ich erinnere mich, wie Mr. Wilson zur Eingangstür ging. Wartete. Und dann … Moment … ich glaube, ich drehte mich um. Drehte ich mich um? Ich glaube schon.
    Ja, ich tastete mich zu dem Schuppen durch die Dunkelheit. Lieber Gott. So war es. Ich zögerte eine Sekunde, riss meine Augen noch weiter auf, um mich in dem Schuppen zurecht zu finden.
    Du weißt, was wir jetzt machen, oder?
sagte Emma. Ich erinnere mich, dass ihre Worte wie ein Tischtennisball durch meine Gedanken sausten.
Wir erschießen Richard.
    “Wo ist Emma?” frage ich Mama und den Sheriff.
    “Sprich weiter, Liebling”, antwortet er. “Versuch dich zu erinnern, was als Nächstes passiert ist.”
    “Mama? Wo ist Emma?” Aber sie schaut weg, schiebt sich eine Zigarette zwischen die geschwollenen Lippen und raucht.
    Also schließe ich wieder die Augen und gehe zurück.
    Wir müssen ihn umbringen, Carrie
, sagte sie. Es kommt mir vor, als wäre es nicht länger als fünf Minuten her.
Wir müssen ihn umbringen.
    Ich nahm das Gewehr und überprüfte, ob es geladen war. Ich spürte ein, zwei, drei, vier, fünf leere Löcher. Aber im sechsten steckte eine Kugel. Eine Kugel. Mehr braucht man nicht zum Töten.
    “Er hat sie umgebracht”, sage ich. Sie machen erschrockene Gesichter. “Er hat mir gesagt, dass er sie umgebracht hat.” Ich weine. “Mama?”
    Dass sie mich einfach nicht ansehen will, ist der Grund, warum ich immer wieder die Augen schließe. Ich kann es nicht ertragen, wie sie wegschaut.
    “Ich holte das Gewehr”, fahre ich zwischen zwei Atemzügen fort. Und da zuckt ihr Kopf doch plötzlich hoch. “Ich musste das Gewehr holen.” Ich weine noch heftiger.
    “Ist schon gut, Kleines.” Der Sheriff sagt all das, was Mama sagen würde, wenn sie mit Tränen umgehen könnte. “Erzähl es uns. Es wird alles wieder gut. Erzähl uns nur, was dann passiert ist.”
    Als ich die Augen wieder zusammenpresse, drücken meine Lider die Tränen aus wie aus einem nassen Handtuch.
    Mit dem Gewehr lief ich etwas langsamer, aber nicht viel. Auf der Hauptstraße kam ich dann wieder schneller voran, hatte aber auch mehr Angst, weil ja jeden Moment ein Auto oder Lastwagen kommen konnte. Ich weiß, dass ich schneller lief. Und noch schneller. Der Weg zu unserem Haus war steil, der sandige, steinige Boden ließ mich immer wieder straucheln, aber ich fiel nicht hin. Ich konnte das Küchenlicht
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