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Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Titel: Ich bleib so scheiße, wie ich bin
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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dass er noch einen Freund besuchen wolle, ich sollte allein hineingehen, er würde später kommen.
    »Aber bleib nicht zu lang«, ermahnte ich ihn, »wir wollen doch morgen früh aufstehen wegen des Ausflugs.«
    Um sechs Uhr morgens wachte ich auf, weil ich laute Stimmen im Flur hörte. Ich stand auf, um zu sehen, was los war. Mein Vater war gerade zur Tür hereingekommen und von Simon überrascht worden.
    »Wo warst du?«, herrschte Simon meinen Vater an.
    »Ich habe jemanden getroffen«, antwortete mein Vater sehr laut, denn Simon war schwerhörig und hatte sein Hörgerät nicht im Ohr.
    »Bis jetzt?«, fragte Simon.
    »Siehst du doch.« Mein Vater versuchte, an Simon vorbeizukommen, aber Simon versperrte ihm den Weg.
    Plötzlich bemerkte Simon, dass ich im Flur stand. Mit seinem zitternden Zeigefinger zeigte er auf mich. »Du wolltest mit deiner Tochter einen Ausflug machen. Deine arme Kleine, nie kann sie sich auf dich verlassen.«
    Inzwischen war auch Simons Frau, meine Tante Alice, aufgewacht. Gähnend schlurfte sie in die offene Küche und setzte Kaffeewasser auf.
    »Warum hast du nicht wenigstens angerufen und gesagt, dass du später kommst?«, fragte Simon.
    »Wie bitte?«, rief mein Vater. »Du willst also, dass ich morgens um drei Uhr hier anrufe und sage ›Simon, es wird heute etwas später, geh ruhig wieder schlafen‹?«
    Simon packte meinen Vater an den Aufschlägen seines Jacketts. »Wann wirst du endlich erwachsen? Wenn du nicht lernst, pünktlich und zuverlässig zu sein, wie soll dann je etwas aus dir werden?«
    Alice zupfte Simon am Ärmel und sagte laut: »Lass ihn, er ist doch längst in Rente.«
    »Was sagst du?« Simon drehte sich zu seiner Frau um.
    Alice schrie in Simons Ohr: »Du musst dich nicht mehr um ihn kümmern. Das macht jetzt der Staat, wir sind alle pensioniert.«
    »Was?«
    »Wir sind pensioniert.«
    »Wie?«
    »Pensioniiiiiiiiieeeeeeeeeeeerrrt!«
FOLGENDE FRAGEN KÖNNEN SIE FÜR SICH BEANTWORTEN, WENN SIE WOLLEN.
    Glauben Sie, dass man Ihre Begeisterung für wenige tausend Euro im Jahr kaufen darf? Ja
    Empfinden Sie sich als faul, weil Sie keine Lust haben, jeden Tag acht Stunden am Tag zu arbeiten? Ja
    Empfinden Sie andere Menschen als faul, die keine Lust haben, acht Stunden am Tag zu arbeiten? Ja
    Haben Sie Verständnis für Menschen, die um einen Arbeitsplatz kämpfen, von dem sie kaum leben können? Ja
    Glauben Sie, dass Sie der Einzige in Ihrem Bekanntenkreis sind, der unter starken Existenzängsten leidet? Ja
    Denken Sie, dass Sie sich ändern sollten, oder sollte sich Ihrer Meinung nach die Gesellschaft ändern? Ja
ÜBERSICHT
ICH BLEIB SO SCHEISSE,
WIE ICH BIN – DIE BESTEN ARGUMENTE
    Diese Liste enthält eine Auswahl der gängigsten Selbstverbesserungs-Projekte. Manche sind bestimmten Moden unterworfen, wie zum Beispiel »die Kontrollsucht besiegen«, andere sind zeitlos wie »weniger egoistisch sein«.
    Unter jedem der Stichworte finden Sie die wichtigsten Argumente, um diese von außen an Sie herangetragenen Ansprüche in Zukunft gekonnt zurückzuweisen.
AUSREDEN LASSEN
    Mit »Ausreden lassen« zwingen einen langweilige Leute, sie zu Ende sprechen zu lassen, obwohl man schon längst weiß, was sie sagen wollen. Wer zu Ende sprechen will, muss spannend erzählen.
BEZIEHUNGSARBEIT
    Statt an Ihrer Beziehung zu »arbeiten«, sollten Sie sich nach einem neuen Partner umsehen – und zwar so, dass es Ihr Partner mitbekommt: Sie werden sehen, wie leicht Ihr Partner plötzlich zu Zugeständnissen bereit ist, um die Sie vorher jahrelang erfolglos gerungen haben. Wenn nicht, dann suchen Sie sich wirklich einen neuen Partner.
COOLNESS
    Cool sein wollen ist uncool. Uncool zu sein ist cool: Denn wahre Coolness besteht darin, sich nicht darum zu kümmern, ob einen die Umgebung uncool findet – das ist ja das Coole daran.
DIÄT
    Die Zufriedenheit mit sich selbst und seinem Körper ist immer eine Frage des Vergleichs, sagt der Coach von Politikern und Spitzensportlern Werner Katzengruber. Wenn Sie sich zu dick fühlen, reisen Sie doch für eine Weile in die USA oder in die Arabischen Emirate. Dort werden Sie zahlreiche Menschen sehen, die viel dicker sind als Sie, und sich gleich besser fühlen, ganz ohne Diät.
EGOISMUS
    Egoismus wird einem immer dann vorgeworfen, wenn man nicht bereit ist, das zu tun, was andere von einem erwarten. Dass die anderen dabei völlig uneigennützig handeln, ist natürlich klar.
EHRGEIZ
    Ehrgeizige Menschen sind unangenehm. Sie erwarten viel von sich
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