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Ich bin verliebt in deine Stimme

Ich bin verliebt in deine Stimme

Titel: Ich bin verliebt in deine Stimme
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fühlen, da es offensichtlich war, daß ein einzelner Gast von Frau Lederer bevorzugt wurde. Der Fall stieß jedoch auf keinerlei Mißbilligung, weil die junge Dame, um die es sich handelte (eine sehr, sehr hübsche Berlinerin), die Nichte der Besitzerin war. Außerdem hatte sie als Basketballspielerin von hohen Graden, die zur Ehre der Nation schon manchen Sieg an Deutschlands Fahne zu heften mitgeholfen hatte, auch noch Anspruch auf erhöhtes allgemeines Wohlwollen. Der jugendliche Teil unter den Gästen sicherte sich ihr Autogramm.
    Das Telefon läutete. Frau Lederer nahm den Hörer ab. Am Apparat war die Leiterin eines in der Nähe liegenden vornehmen Mädchengymnasiums. Frau Lederer und sie kannten sich persönlich. »Frau Lederer«, sagte sie nach der Begrüßung, »wir haben erfahren, daß zur Zeit Inge Westholdt bei Ihnen zu Gast ist.«
    »Ja, meine Nichte«, erwiderte Frau Lederer stolz.
    »Ich gratuliere Ihnen zu einer solchen Verwandtschaft.«
    »Danke.«
    »Dürfte ich eine große Bitte äußern?«
    »Welche?«
    »Die Mädchen unserer Oberklassen spielen in der Sportstunde begeistert Basketball. Sie bestürmen mich, sie lassen mir keine Ruhe mehr, ich soll Ihnen Inge Westholdt herbeiholen, wenigstens für eine Stunde. Wären Sie bereit, sie darum zu bitten, Frau Lederer, und würden Sie dabei Ihren ganzen Einfluß geltend machen, den Sie sicher auf Ihre Nichte haben? Sie soll ja ein reizendes Mädchen sein.«
    »Ist sie, ganz gewiß, Frau Doktor.«
    »Oder halten Sie es für besser, wenn ich selbst mit ihr spreche?« fragte Frau Dr. Lotte Berthold.
    »Das ist, glaube ich, nicht nötig. Ich zweifle nicht daran, daß sie ihren Mädchen die Freude machen wird.«
    »Herrlich! Dann könnte ich ja gleich einen Termin mit ihr vereinbaren. Ist sie da?«
    »Leider nein, sie ist zum Baden an unseren See gegangen. Ich sage ihr aber gleich Bescheid, wenn sie zurückkommt, und wir rufen Sie dann an.«
    »Danke, Frau Lederer, vielen, vielen Dank.«
    Die Pensionsbesitzerin hörte, als sie, stolz auf ihre Nichte, lächelnd auflegte, daß draußen ein Wagen auf den Parkplatz des Hauses fuhr. Und eine Minute später stand ihr der Mann, der soeben angekommen war, gegenüber. Mit einem Blick sah sie, daß es sich lohnte, ihn als neuen Gast zu gewinnen. Er war eine elegante Erscheinung.
    »Ich würde gern ein Zimmer bei Ihnen haben«, begann Ralf Petermann.
    »Ich freue mich darüber«, erwiderte sie. »Für wie lange?«
    Die beiden waren einander vom ersten Augenblick an sympathisch.
    »Das … das weiß ich noch nicht«, antwortete er zögernd.
    Er blickte die Pensionsinhaberin an und faßte einen kühnen Entschluß, der nicht ohne Risiko für ihn war. Vielleicht führte dieser Entschluß dazu, daß ihm hier quasi die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. Trotzdem blieb er dabei: »Ich möchte Ihnen etwas eingestehen. Die Dauer meines Aufenthalts hängt von einer jungen Dame ab, die derzeit bei Ihnen wohnt. Es kann sein, daß sie mich zwingt, sofort wieder abzureisen.«
    »Wie könnte sie das?«
    »Ganz einfach: Indem sie erklärt, selbst Ihr Haus zu verlassen, wenn ich es nicht tue.«
    »Das kann ich mir aber nicht vorstellen«, sagte Frau Lederer spontan, von seiner Erscheinung ausgehend. Und sie dachte dabei: Wenn ich vierzig Jahre jünger wäre, würde ich mir das jedenfalls nicht im Traum einfallen lassen.
    »Sollte Sie zu diesem Mittel greifen«, erklärte er, »bleibt mir keine andere Wahl, als ihr das Feld zu überlassen. Ich muß sogar damit rechnen, gnädige Frau, daß Sie mich, um von vornherein mögliche Komplikationen auszuschalten, erst gar nicht als Gast aufnehmen.«
    Das war sein Risiko, aber die Hotelpensionsbesitzerin blieb bei ihrer Zusage: »Doch, doch, Sie bekommen ein Zimmer, das möglichst weit von dem der jungen Dame entfernt liegt. Darf ich fragen, wer die betreffende Dame ist?«
    »Eine Landsmännin von mir, Inge Westholdt.«
    »Inge?!« rief Frau Lederer überrascht. Das mußte ihn befürchten lassen, daß engere Beziehungen zwischen der alten Dame und dem Mädchen bestanden. Wieder schrieb er im Geiste das Zimmer ab.
    »Sie ist meine Nichte«, fügte Frau Lederer erklärend hinzu.
    »O weh!« seufzte Petermann leise.
    »Womit haben Sie sich denn ihre Feindschaft zugezogen?«
    »Mit gar nichts, gnädige Frau, das schwöre ich Ihnen. Aber wenn ich ihr das zu erklären versuche, bringe ich sozusagen kein Bein auf den Boden. Sie läßt einfach kein vernünftiges Gespräch zwischen ihr und mir zu. Es
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