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Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller
Autoren: Dan Wells
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Ich habe mich schon gefragt, wann er darauf herumhackt.«
    »Woher weißt du das überhaupt?«, fragte sie. »Himmel, du bist erst fünfzehn, du solltest … ich weiß auch nicht. Mädchen anmachen oder Videospiele spielen.«
    »Willst du einem Soziopathen raten, Mädchen anzumachen?«
    »Ich sage dir, dass du kein Soziopath sein sollst«, erwiderte sie. »Nur weil du die ganze Zeit Trübsal bläst, musst du noch lange keine seelische Störung haben. Du bist einfach nur in der Pubertät, aber kein Psychotiker. Tatsache ist doch, dass dir ein Arzt nicht einfach eine Entschuldigung für das Leben schreiben kann. Du lebst in der gleichen Welt wie alle anderen Menschen und hast genau wie alle anderen eine Menge mit dieser Welt zu tun.«
    Es war eine großartige Vorstellung und sicherlich sehr nützlich, offiziell als Soziopath zu gelten. Beispielsweise gab es dann keine nervigen Gruppenprojekte in der Schule mehr.
    »Ich glaube, das ist alles meine Schuld«, sagte sie. »Ich habe dich in die Leichenhalle geschleppt, als du noch klein warst, und dort hast du einen Schaden fürs Leben bekommen. Was habe ich mir nur dabei gedacht?«
    »Es liegt nicht an der Leichenhalle.« Ich sträubte mich heftig gegen diesen Gedanken – das durfte sie mir nicht wegnehmen. »Wie lange arbeitest du mit Margaret schon dort? Ihr habt noch niemanden umgebracht.«
    »Wir sind auch nicht psychotisch.«
    »Jetzt verdrehst du alles«, erwiderte ich. »Erst behauptest du, die Leichenhalle habe mir einen Schaden fürs Leben zugefügt, und jetzt sagst du, den Schaden hätte ich nur erlitten, weil ich sowieso schon einen hatte. Wenn du so argumentierst, kann ich nicht gewinnen, ganz egal, was ich tue.«
    »Du kannst eine ganze Menge tun, John. Das weißt du genau. Hör zum Beispiel auf, Aufsätze über Serienmörder zu schreiben. Margaret erzählte mir, dass du es schon wieder getan hast.«
    Margaret, du kleines Miststück. »Ich habe dafür die volle Punktzahl bekommen«, wandte ich ein. »Der Lehrer fand es gut.«
    »Es nützt nichts, wenn du in etwas gut bist, in dem du nicht gut sein solltest«, erwiderte Mom.
    »Das war im Geschichtsunterricht«, wandte ich ein. »Serienmörder sind ein Teil der Geschichte, ebenso wie Kriege, Rassismus und Völkermord. Irgendwie habe ich es wohl versäumt, mich für den Kurs Bitte nur lustige Geschichten einzutragen.«
    »Wenn ich doch nur den Grund wüsste!«, seufzte sie.
    »Den Grund wofür?«
    »Warum du so von Serienmördern besessen bist.«
    »Jeder hat irgendein Hobby.«
    »John, das ist nicht witzig.«
    »Weißt du, wer John Wayne Gacy ist?«, fragte ich.
    »Ich weiß es«, antwortete sie und hob abwehrend die Hände. »Dank Dr. Neblin weiß ich es. Hätte ich dir bei alles in der Welt doch nur einen anderen Namen gegeben.«
    »John Wayne Gacy war der erste Serienmörder, von dem ich erfuhr«, sagte ich. »Als ich acht war, entdeckte ich meinen Namen neben dem Bild eines Clowns in einer Zeitschrift.«
    »Ich habe dich gerade eben gebeten, deine Besessenheit von Serienmördern abzulegen«, wehrte sie ab. »Warum reden wir jetzt schon wieder darüber?«
    »Weil du den Grund wissen wolltest«, erwiderte ich. »Ich versuche gerade, es dir zu erklären. Ich habe das Bild gesehen und dachte, es sei ein Film über Clowns mit dem Schauspieler John Wayne. Dad hat mir ja immer seine Cowboyfilme gezeigt. Dann stellte sich aber heraus, dass John Wayne Gacy ein Serienmörder war, der sich auf Partys als Clown verkleidete.«
    »Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst«, sagte Mom.
    Gern hätte ich ihr erklärt, was ich meinte. Soziopathie bedeutet nicht nur, emotional taub zu sein, sondern man ist in dieser Hinsicht auch stumm. Ich kam mir vor wie die Figuren im Fernsehen, die winkten und schrien, aber es war kein Wort zu verstehen. Mom und ich sprachen offenbar völlig verschiedene Sprachen, und es gab keine Kommunikation.
    »Denk an die Cowboyfilme«, sagte ich, nach einem Strohhalm greifend. »Es ist immer das Gleiche – ein Cowboy mit weißem Hut reitet herum und erschießt Cowboys mit schwarzen Hüten. Du erkennst sofort, wer gut und wer böse ist, und weißt genau, was geschehen wird.«
    »Und?«
    »Wenn ein Cowboy jemanden tötet, zuckst du nicht einmal zusammen, weil es jeden Tag geschieht. Wenn aber ein Clown jemanden tötet, dann ist das neu, weil du es noch nie gesehen hast. Du dachtest, er sei einer von den Guten, doch auf einmal tut er etwas Schreckliches, mit dem die normalen menschlichen Gefühle
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