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»Ich bin eine Dame, Sie Arschloch!«: Deutsche Dialoge mitgehört (German Edition)

»Ich bin eine Dame, Sie Arschloch!«: Deutsche Dialoge mitgehört (German Edition)

Titel: »Ich bin eine Dame, Sie Arschloch!«: Deutsche Dialoge mitgehört (German Edition)
Autoren: Sören Sieg , Axel Krohn
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wert.

Babywasser
    Am Bahnhofskiosk. Ein älterer Mann und ein junger Mann stehen in der Schlange an der Kasse und unterhalten sich.
    Junger Mann: Heutzutage muss man sich ja schon erklären, wenn man mit seinem Kind NICHT zum Babyschwimmen geht.
    Älterer Mann: Also, so was wie Babyschwimmen hat es zu meiner Zeit gar nicht gegeben. Turnen gab es schon, aber Babyschwimmen kannte man damals nicht.
    Junger Mann: Ach, die guten alten Zeiten. Turnen ist zwar in meinen Augen auch schlimm, aber für ganz kleine Kinder geht das schon in Ordnung. Bis zu einem Alter, wo sie sich für Fußballspielen oder so entscheiden können.
    Älterer Mann: Fußball ist zeitlos. Das haben wir zu meiner Zeit alle gespielt. Als ich ein junger Bursche war, haben wir jeden Tag nach der Schule gekickt. Auf der Straße oder auf dem Bolzplatz. Egal, wie das Wetter war.
    Junger Mann: Bei mir haben damals auch viele Freunde Fußball im Verein gespielt. Ich war Schwimmer und musste Blockflöte spielen, da war Fußball nicht mehr drin.
    Älterer Mann: Aber wenn Sie selbst Schwimmer waren, wieso finden Sie denn dann Babyschwimmen nicht gut?
    Junger Mann: Wie gesagt, ich war Schwimmer. Das heißt: Ich konnte schwimmen. Die Babys beim Babyschwimmen können doch gar nicht schwimmen.
    Älterer Mann: Ach so, Sie meinen, die pinkeln nur ins Wasser und so?
    Junger Mann: So ist das. Es pinkeln eh fast alle ins Wasser, aber die anderen schwimmen immerhin noch dabei beziehungsweise danach. Beim Babyschwimmen haben Sie meistens noch einen fetten Vater oder eine fette Mutter dabei, da können Sie froh sein, wenn die nicht auch noch gleich mit ins Wasser pinkeln. Was meinen Sie, warum das Wasser da immer so warm ist.
    Älterer Mann: Jetzt verstehe ich Sie. So was gibt es beim Fußball nicht.

Verständnisvoller Umgang
    In der S-Bahn. Ein Jugendlicher steht im Zug,
ein anderer Jugendlicher steigt ein.
    Jugendlicher 1: Ey.
    Jugendlicher 2: Ey!
    Jugendlicher 1: Alles cool?
    Jugendlicher 2: Cool.
    Jugendlicher 1: Alles klar, Digger.
    Jugendlicher 2: Ey, ich hab’ voll deinen Namen vergessen, Digger.
    Jugendlicher 1: Ey, egal, Digger.
    Jugendlicher 2: Cool.

III.
Das beliebteste Land der Welt

»Nach Wahrheit forschen, Schönes lieben, Gutes wollen,
das Beste tun. Das ist die Bestimmung des Menschen.«
(Moses Mendelssohn)
    »Alles scheiße, deine Elli.«
(Junger Mann an Bushaltestelle)
    2008 befragte die britische BBC 29.000 Menschen in aller Welt nach ihrer Meinung zu verschiedenen Ländern. Das Ergebnis war ein Schock: Deutschland landete auf Platz eins. Wir waren das beliebteste Land der Welt. Auch in den Jahren darauf. Wir haben die Spitzenposition sogar ausgebaut. Ein Beben ging durch unsere Nation.
    Oder? Im Gegenteil: Niemand hat von der Studie gehört. Die Psychologen nennen das kognitive Dissonanz: Was nicht in unser Schema, in unser Vorurteil von der Welt passt, nehmen wir gar nicht wahr. Wie können wir das beliebteste Land sein – bei den Einwohnern? Sind wir nicht ein Volk von Neonazis, Spießern, Dorftrotteln und Beamten?
    Und die Dialoge zeigen: Man findet ihn noch, den hässlichen Deutschen. Er möchte Tauben vergiften, Mücken mit Heißluftpistolen erledigen und alle abknallen, die für die Todesstrafe sind. Er wirft Fahrgäste aus dem Zug, knausert beim Taschengeld und verweigert Selbständigen einen Kredit. Die übrige Zeit hat er panische Angst vor den sechshundert Nebenwirkungen eines einzigen Medikaments.
    Man findet ihn, den Nörgler und Menschenfeind, den Stromberg und das Ekel Alfred. Aber man muss ihn schon suchen. Denn er ist längst in der Minderheit und vom Aussterben bedroht. Fast möchte man Artenschutz für ihn beantragen. Die Mehrheit von uns ist nämlich das genaue Gegenteil. Wir haben zwar weder das ironische Understatement der Briten noch die charmante Eleganz der Franzosen. Aber dafür ganz andere Qualitäten: Wir sind ehrlich, geduldig, mitfühlend, tolerant, rücksichtsvoll, idealistisch und wissensdurstig. Der Reihe nach:
    Wir sind ehrlich. Was nutzt das schönste Lächeln, wenn es nicht von Herzen kommt? Wir beichten einen ordentlichen Durchfall schon bei der Begrüßung.
    Wir sind geduldig. Mit Engelsruhe erklären wir unseren Kindern den Unterschied zwischen CDU und SPD, selbst wenn Politikwissenschaftler schon seit zwanzig Jahren keinen mehr erkennen können. »Frag ruhig weiter, Mäuselein!«
    Wir trösten uns. Vor allem unsere übergewichtigen Freunde: »Wenn du beim Duschen noch deine Füße sehen kannst, ist alles
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