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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst
Autoren: Stephan M. Rother
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blicken aus dem Spiegel zurück.
    Die Narben eines halben Lebens auf der Flucht zeichnen Horst Wolframs Gesicht. Er zweifelt daran, dass sie jemals wieder vollständig verheilen werden.
    Doch sie werden verblassen in den Jahren, die ihm noch bleiben.
    Es sind vor allem die Augen, die sich verändert haben, seitdem er sich zum letzten Mal im Spiegel betrachtet hat, damals, im funzelartigen Licht hinter den fadenscheinigen Vorhängen des Wohnmobils.
    Augen, aus denen die Angst niemals weichen wollte, vierundzwanzig Jahre lang.
    Nun ist sie fort. Wenige Wochen erst, doch er beginnt bereits zu vergessen, wie sie sich angefühlt hat.
    Eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit liegt in seinem Blick.
    Die Bilder, die ihn all die Jahre verfolgt haben, sind verschwunden.
    Seine eigene Hand hat sie ausgelöscht. Seine Hand um den Abzug der Pistole.
    Das Mädchen ist tot. Er hat weder Schmerz noch Freude dabei empfunden, sie zu töten.
    Lediglich ein Gefühl der Genugtuung.
    Er ist sich nicht sicher, ob auch nur Albrecht die Gründe seines Handelns vollständig verstanden hat, doch das spielt kaum eine Rolle.
    Gerechtigkeit.
    Nur darauf kommt es an.
    Die Gerechtigkeit ist wiederhergestellt.
    Und das Leben kann wieder beginnen.
    Die Klinikärzte sind ausgesprochen zufrieden mit seinen Fortschritten. Die abschließende Untersuchung noch durch den medizinischen Leiter, und er wird in jeder Beziehung ein freier Mann sein.
    Frei, das Sanatorium zu verlassen, mit Irmtraud, die sich für diesen Abend angekündigt hat.
    Ein neues Leben.
    Ein Klopfen von der Zimmertür.
    Wolfram wirft einen letzten Blick in den Spiegel.
    Nein, am Ausgang der Untersuchung kann es keinen Zweifel geben.
    «Ja, bitte.»
    Die Tür öffnet sich.
    Ein hochgewachsener Mann in einem Ärztekittel, kaum jünger als er selbst, graue Schläfen, sorgfältig zurückgekämmtes Haar.
    Lächelnd nickt Maximilian Freiligrath dem grauen Mann zu, bevor er die Tür sorgfältig hinter sich schließt.
    Wolfram starrt ihn an, sekundenlang, zu keiner Bewegung fähig.
    Dann kommt die Angst.

[zur Inhaltsübersicht]
im Nachhinein
    Romane sagen nie die Wahrheit.
    Es ist nicht ihre Aufgabe, von den Dingen zu berichten, so, wie sie in Wahrheit sind.
    Stattdessen entführen sie in eine Welt, die der Welt, in der wir leben, ähnlich ist, gefiltert aber durch das Bewusstsein des Autors.
    Wer sich also auf die Suche macht, wird sämtliche aus der Handlung vertrauten Örtlichkeiten in der Realität wiederfinden, von jenem vorhöllenhaften Winkel am Rande Hamburg-Harburgs über den schlaglochübersäten Parkplatz am Garten der Schmetterlinge bis zum Landeskrankenhaus Königslutter bei Braunschweig. Hin und wieder aber werden bestimmte Details der Realität von dem in der Geschichte Erzählten abweichen. (Vielleicht auch umgekehrt. Das ist eine Frage der Perspektive.)
    Ein willkürliches Beispiel: An der Tankstelle in Königslutter-Ochsendorf existiert keine großformatige Schautafel mit dem niedersächsischen Autobahnnetz (sie sei an dieser Stelle aber angeregt). Überhaupt ist anzumerken, dass die Station 62 des Landeskrankenhauses Königslutter keine geschlossene Abteilung beherbergt. Was die Kellergewölbe dieses Gebäudes anbetrifft, lässt sich von außen lediglich feststellen, dass die Lutter mit dumpfem Rauschen im «Generatorenhaus» verschwindet, um zwanzig, dreißig Meter entfernt (und mehrere Meter tiefer) im Dompark wieder aufzutauchen. Wie sich die Dinge zwischen diesen beiden Punkten verhalten, mögen die Psychologen ergründen oder wer auch immer sich berufen fühlt, Dinge, die dem Blick vielleicht aus gutem Grund verborgen sind, ans Licht zu zerren.
    Ich bin mir meiner Vermessenheit bewusst, wenn ich es wage, als Nichthanseat einen Hamburg-Roman abzuliefern, habe mich aber nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, den Dingen auf den Grund zu gehen. Unter meinen Betalesern ist hier insbesondere Bigi Boerker (die Stimme Hamburgs) hervorzuheben, die sich nach Kräften bemüht hat, das Schlimmste zu verhindern, ebenso meine Gammaleserin Kristina Schmidt-Orgass, die obendrein mit einigen naiven Vorstellungen meinerseits in Sachen Polizeiarbeit und Juristerei aufgeräumt hat. An den Stellen, an denen es doch noch danebengeht, trage einzig ich die persönliche Verantwortung.
    Matthias Fedrowitz hat den Text bei mindestens zwei Gelegenheiten schlechterdings gerettet, als mir die Fäden im Raum der Ermittlung aus den Fingern zu rutschen drohten. Anja Meinecke möchte ich besonders für die
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