Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst
Autoren: Stephan M. Rother
Vom Netzwerk:
war … die Fangschaltung, mit der Maja Werdens Verbündete die Gespräche des Ermittlerteams abgehört hatten … Selbst mithilfe all dieser neuen Erkenntnisse wurde beim besten Willen nicht deutlich, warum der
erste
Anruf erfolgt war, der Stahmkes Treffen mit ihrem Winkeladvokaten in der Tapas-Bar gesprengt hatte.
    Nein, dieser Punkt blieb unerklärlich.
    Was die offiziellen Ermittlungsakten betraf.
    Jörg Albrechts Blick war auf die Unterlagen gerichtet. Hannah Friedrichs’ Reaktion konnte er lediglich aus dem Augenwinkel prüfen.
    Kann ich ihr einen Vorwurf machen?
    Das kann ich nicht.
    Ich hätte es sehen müssen.
    Spätestens als sie zusammen im Wagen gesessen hatten, während Wegner zu Horst Wolframs Wohnmobil vorausgegangen war.
    Doch er war blind gewesen, von Anfang bis Ende blind.
    Es kam ihm nicht zu, nach dem Splitter in Hannah Friedrichs’ Auge zu fahnden.
    Möglich, dass sie Merz nähergekommen war, als sie einem Mann hätte kommen dürfen, gegen den sie einen Verdacht gehegt, den sie aus persönlichen Gründen nicht offen ausgesprochen hatte.
So what!
    Die Wahrheit ist ein Wert an sich, dachte er. Doch sie muss einen Sinn haben.
    Und Merz war jedenfalls unschuldig.
    Der Fall war gelöst, die Täterin tot. Was aus den Helfern wurde, ob sie nach der Gehirnwäsche in den Neverdingschen Anstalten schuldfähig waren oder nicht, sollten die Gutachter klären.
    Seydlbacher schien ans Ende seines Berichts gekommen zu sein. Zumindest entnahm der Hauptkommissar das seinem Tonfall und dem anschließenden Schweigen.
    Albrecht bedankte sich mit einem Nicken.
    «Bleibt der letzte Tote», sagte er und hob einen Hefter. «Und zugleich der erste. Nach Martin Eulers Analyse hat die Besiedlung von Focco Neverdings Körper durch eine …» Seine Augen glitten über die Auflistung der verschiedenen Larven, Würmer und Maden. «… wirklich artenreiche Fauna ein bis zwei Tage vor Ole Hartungs Tod eingesetzt. Wir können nur vermuten, dass die Täterin den alten Herrn ebenfalls betäubt hat, bevor sie ihn in seinem Lehnstuhl fixierte. Entsprechende Rückstände waren in diesem Fall nicht mehr nachweisbar. Jedenfalls hatte Maja Werden als Teilnehmerin von Freiligraths Trainingsprogramm jederzeit Zugang zur Waldhütte.» Er ließ den Hefter sinken und zeigte mit dem Laserpointer auf das Whiteboard. «Die Verfahrensweise, das
Wie?
auf unserer Tafel, sollte damit auch in diesem Fall geklärt sein. Hat hierzu noch jemand Fragen? Ja, Hauptmeister Lehmann?», fragte er, ohne sich umzusehen.
    «Ja … also …» Hüsteln. «Was ich nicht verstehe: Warum hat Maja Werden Neverding getötet? Ich meine … Wenn sie so tolle Erinnerungen an ihre Kindheit hatte, wie Sie das erzählt haben. Also zumindest bis ihr klar wurde, dass Freiligrath das von Anfang an so geplant hatte. Dass sie manipuliert worden war.»
    Albrecht schüttelte den Kopf.
    «Das betrifft nicht länger die Frage des
Wie
.» Der kleine rote Leuchtpunkt bewegte sich nach oben links, an den Anfang, zu den beiden zentralen Fragen:
Wer
? und
Warum
?
    «Neverdings Tod ist in Wahrheit der am wenigsten unerklärliche und aus der eigenen perversen Logik der Täterin der am wenigsten
sinnlose
von allen. Neverding musste sterben, und sein Tod musste ganz am Anfang stehen, ehe die Reihe der Taten einsetzte. Neverding wäre unsere einzige Chance gewesen, die Wahrheit zu durchschauen,
ohne
in die Schlinge zu treten, die Maja Werden und Max Freiligrath für uns ausgelegt hatten.»
    «Sie denken, er hätte mit uns kooperiert? Er steckte doch bis zum Hals mit drin in der Sache.»
    Wieder schüttelte Albrecht den Kopf.
    «Er steckte mit drin», bestätigte er. «Die Beziehung zwischen Freiligrath und ihm war ein Geschäft zu gegenseitigem Vorteil: Die stolzen Summen, die Freiligrath regelmäßig kassiert hat, haben Maja Werdens Rachefeldzug überhaupt erst möglich gemacht. Neverding seinerseits hat hundertprozentig loyale Mitarbeiter an die Hand bekommen, die er nach Belieben für seine schmutzigen Geschäfte einsetzen konnte. Er hat von diesem Arrangement jahrzehntelang profitiert. Doch mit Sicherheit hatte er auch den Wunsch,
weiterhin
davon zu profitieren. Wenn nun aber die Mordserie den Blick der Öffentlichkeit von Neuem auf den Fall Freiligrath gelenkt hätte? Wenn die Täterin enttarnt worden wäre, wir ihre Biographie zurückverfolgt hätten bis in das Kinderdorf im Sachsenwald? Wenn wir angefangen hätten Fragen zu stellen über dieses Dorf und das dortige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher