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iBoy

iBoy

Titel: iBoy
Autoren: Kevin Brooks
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dann hörte ich Ellmans Stimme: »Das reicht.«
    Ich sah, wie Hashim zögerte, besessen, mich zu verletzen, und doch nicht besessen genug, um Ellmans Befehl zu missachten. Noch immer sah er mich wutentbrannt an, aber dann senkte er die Pistole und wich zurück.
    »Nicht jetzt, okay?«, sagte Ellman zu ihm. »Ich will, dass er jetzt noch bei Bewusstsein ist   … ich will, dass er weiß, was passiert. Klar?«
    Hashim nickte.
    »Nachher«, sagte Ellman, »da kannst du mit ihm machen, was du willst   …« Er wandte sich zurück zu mir. »Du weißt, was jetzt kommt, oder? Dir ist klar, was ich jetzt mache.«
    Ich antwortete nicht. Ich starrte ihn nur an. Aber ich sah ihn nicht wirklich. Meine Augen standen zwar offen, doch innerlich waren sie zu. Ich grub jetzt tief in mir   … tief in meinem iHirn, meinen iSinnen, iKräften   … auf der Suche nach etwas   … irgendwas   … suchte, suchte, suchte   …
    Es gab noch immer kein Signal, keinen Empfang, aber ich musste was finden   … ich
musste
.
Musste
iBoy sein, damit ich auch nur eine
Chance
hatte, Lucy zu retten.
    Ellman hatte jetzt wieder angefangen, meine Mutter durch den Dreck zu ziehen – »…   und ich erzähl dir noch was über Georgie und mich, damit du
richtig
was zum Nachdenken hast   …«   –, doch ich hörte ihm nicht zu. Ich konnte nicht zuhören. Ich war iBoy und wir beide waren nicht da. Wir waren tief in uns, griffen hinaus, streckten uns   … reckten uns hoch in den Himmel   …
    »…   und
sie
hat garantiert auch dran gedacht   … ich meine, wir haben es oft gemacht, Georgie und ich, selbst als sie auf den Strich gegangen ist, wollte sie mich ständig   … das ist bei allen so   …«
    |274| … und wir wussten, es war dort irgendwo, wir wussten, das Signal war da   … vielleicht einen halben Kilometer entfernt, vielleicht auch weniger   … ein paar Hundert Meter   … gleich um die Ecke   … es war da, sie waren da. Die Funkwellen von der nächsten Basisstation, die Frequenzen   … die Stromkreise   … die Leitungsbahnen waren da   … und die verstreute statische Elektrizität um uns herum, wir beide wussten, dass auch
die
da war   … und wenn wir sie irgendwie bündeln und auf unsere Signalrezeptoren lenken konnten   …
    Wir schlossen unsere weit offenen Augen und konzentrierten uns.
    »…   na ja, jedenfalls«, fuhr Ellman fort, »die Chance ist ziemlich groß, dass ich das war, der Georgie geschwängert hat   … und
wenn
ich das war   … ich meine, verdammte Scheiße   …« Er lachte. »Verstehst du, was ich meine?«
    … und
jetzt
spürten wir etwas   … einen Schub, ein
Steigen
, etwas in der Luft   … etwas, das uns emporhob   … aus dem Kopf raus   … das unsere Reichweite hochzog durchs Dach, in den Nachthimmel, weit über die alten Gebäude und Fabriken   … und dann   …
    »Fuck, ich könnte dein scheiß
Vater
sein.«
    Dann hatten wir sie.
    »Hey! Hörst du mir überhaupt zu?«
    Eine Verbindung. Eine solide Verbindung.
    »Sag was, Arschloch! Verdammte Scheiße,
sag
was!«
    Wir hatten eine
Verbindung
.
    Ich öffnete meine immer noch weit offenen Augen und sah, wie Ellman mich anstarrte, das Gesicht verzerrt vor Wut.
    »Wenn Sie mein Vater wären«, sagte ich zu ihm, »würde ich mich umbringen.«
    Ohne ein Wort hob er das lange silberne Messer in seiner |275| Hand, setzte die nadelscharfe Spitze auf meine Stirn und zog die Klinge über meine Haut, bewusst nicht zu tief, immer noch so, dass ich bei vollem Bewusstsein blieb   …
    Und ich spürte den Schmerz, spürte, wie mir das warme Blut übers Gesicht rann.
    Aber das änderte nichts.
    Wir waren noch immer verbunden.
    »Scheiß Superheld«, höhnte Ellman, zog sein Messer zurück und untersuchte die blutige Spitze. »Blutest wie jedes andere Arschloch auch, das ich in meinem Leben abgestochen hab.« Er sah mich an. »So, und jetzt wollen wir mal sehen, wie du bettelst.«
    Ich spürte, wie die Energie in mir hochstieg, als er sich abwandte und hinüber zu Lucy ging   … aber was konnte ich mit ihr anfangen? Wenn ich jetzt Ellman und Hashim den Rest gab, würde das überhaupt nichts ändern. Ich wäre noch immer gefesselt. Und der Draht, der mich an den Stahlträger fesselte, war extrem fest gespannt und so dicht gewickelt, dass die Chancen, ihn einfach wegzusprengen oder mit einem Stromstoß zu schmelzen, ziemlich gering waren. Und selbst
wenn
ich mich mit einem elektrischen Schlag befreien konnte und gleichzeitig Ellman
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