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Ian Yery & der Hardcore Absolute Beginner

Ian Yery & der Hardcore Absolute Beginner

Titel: Ian Yery & der Hardcore Absolute Beginner
Autoren: Kooky Rooster
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bloß überbewertet und falsch verstanden. Nils drehte sich noch einmal um, blickte zum Kletterturm und hatte plötzlich das Bedürfnis, dem Kerl zum Abschied zu winken. Er hätte sich das zugetraut – aber der Mann war gerade damit beschäftigt, einem Kunden zu helfen den Klettergurt anzulegen. Der Riss der Enttäuschung ging mitten durch Nils hindurch und machte seine Glieder schwer.
    Den Rest des Tages ließ sich Nils einfach nur mitschleifen. Wie ein lästiges, vergessenes Anhängsel schlurfte er stets ein bis zwei Meter hinter den anderen her. Als sie gegen Abend wieder in der Nähe der Kletterwand vorbeikamen, war diese verwaist. Offenbar hatte man sie mit Einsetzen der Dunkelheit geschlossen. Die Hauptgigs betraten die Bühne und das Gedrängel wurde unerträglich. In den letzten Stunden mussten noch mehrere tausend weitere Fans hinzugekommen sein. Vermutlich waren auf dem riesigen Festivalgelände und den vielen Bühnen zehntausende Menschen unterwegs. Die Chance, da wieder auf den Kletterer zu treffen war gleich Null, falls dieser überhaupt nach Feierabend hier unterwegs war. Dennoch malte sich Nils aus was er tun würde, träfe er unvermittelt auf ihn. Vielleicht war es die gute Stimmung oder die aufpeitschende Musik, denn Nils war überzeugt, er würde im Fall des Falles mutig sein und ihn ansprechen. Egal
was
, er würde
irgendetwas
sagen. Er musste sich selbst beweisen,
dass
er es konnte. Doch was, wenn der Kletterer sich dann angewidert von ihm abwendete? Wenn er Nils für peinlich hielt, er davon unangenehm berührt war, von ihm angesprochen worden zu sein? In Nils' Wunschvorstellung fand der Kletterer den stümperhaften Kontaktversuch liebenswert, schloss ihn in die Arme, küsste ihn erst sanft, dann leidenschaftlich …
    Die Gruppe um Nils hatte sich vergrößert und war ziemlich gut gelaunt. Die Freunde seiner Schwester hatten Bekannte getroffen und mit diesen einige Biere gekippt. Nils hielt sich abseits und galt als Spaßbremse und verklemmtes Anhängsel. Die anderen waren ausgelassen. Sie kannten sich gut, waren angetrunken, grölten und hüpften zur Musik. Obwohl Nils von zehntausenden Menschen umgeben war, fühlte er sich einsam. So allein wie in diesen Stunden, fühlte er sich nicht einmal daheim, in seinen eigenen vier Wänden. Er maß sein Versagen am Potential: Hier waren so viele Menschen und er schaffte es nicht, mit auch nur
einem
von ihnen in Kontakt zu treten. Nicht einmal mit einem der Freunde seiner Schwester.
    Plötzlich wurde Nils grob von der Seite angerempelt. Ein fremder Körper prallte kräftig und unsanft gegen seinen. Im Taumel klammerte man sich an ihm fest und als Nils gefährlich schwankte, da er dem Aufprall wenig entgegensetzen konnte, wurde er aufgefangen und gegen einen heißen Körper gepresst. Nils genoss diese Berührung, so grob sie auch war. Vielleicht lag das ja daran, dass er so ausgehungert nach körperlicher Nähe war, aber dieser fremde Leib übte eine unglaubliche Anziehungskraft auf ihn aus. Nils musste sich zurückhalten, um nicht einfach die Arme um den Fremden zu schlingen und sein Gesicht an dessen Brust zu pressen. Dann hob er den Blick und erstarrte. So mathematisch unwahrscheinlich es auch war, vor ihm stand niemand geringerer, als der Kletterer. Nils hatte gerade, wenn auch nur für wenige Augenblicke, in den Armen
dieses
Mannes gelegen! Dem Blick nach zu urteilen, war dieser ebenfalls erstaunt darüber Nils zu sehen.
    „Na, sieh mal einer an“, stieß der Kletterer hervor und strahlte ihn an. In dieser Nähe wirkte er noch größer. Man konnte auf der sonnenverbrannten Haut Sommersprossen erkennen und er roch so gut. Sein trainierter Körper strahlte Hitze aus und die hellbraunen Augen funkelten begeistert. Nils konnte nicht anders, als dämlich grinsen. Er erinnerte sich, dass er etwas sagen wollte,
irgendetwas
, aber sein Hirn war völlig leer. Wüste. Nur einzelne vertrocknete Dornenbüsche wurden vom Wind über Sand und Stein gerollt. Sekundenlang standen sie da und grinsten sich an wie Idioten, dann wurde der Kletterer von einem seiner Kollegen am Arm gepackt und fortgezogen. Er verschwand in der Menschenmenge wie ein Stein, den man ins Wasser geworfen hatte. Hinter ihm schlossen sich die Reihen und Nils stand da, starrte dahin, wo der rotblonde Hüne verschwunden war und hasste sich selbst dafür, nichts gesagt zu haben, diese Chance vertan zu haben, wie immer.
    „Was war
das
denn bitte für ein Arschloch?“, grölte ihm seine
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