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Ian Yery & der Hardcore Absolute Beginner

Ian Yery & der Hardcore Absolute Beginner

Titel: Ian Yery & der Hardcore Absolute Beginner
Autoren: Kooky Rooster
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abwenden.
    Nils war neunundzwanzig und dies erst die vierte Veranstaltung dieser Art, die er besuchte, und das auch nur, weil Jana ihn mitgeschleift hatte. Ein Freund von ihr war kurzfristig verhindert, und um die teure Karte nicht verfallen zu lassen, hatte sie ihren Bruder unter Androhung fieser Gemeinheiten dazu genötigt, mitzukommen. Nils hasste den Andrang der Festivalbesucher, hielt sich generell lieber von Menschen fern. Zudem kannte er die Freunde seiner Schwester überhaupt nicht, was ihn unheimlich stresste, da er nicht wusste wie er sich verhalten sollte. Neue Kontakte zu knüpfen war für ihn nicht nur der blanke Horror, es war ihm ein vollkommenes Rätsel. Er wusste nicht, wie er das anstellen sollte, hatte es irgendwie nie gelernt. Wie sollte er reagieren? Was wurde von ihm erwartet? Sein Selbstvertrauen war seit jeher am Boden und mit den Jahren wurde es eher schlimmer als besser. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es jemand interessieren könnte was er zu sagen hatte und wer er war. Jedes Entgegenkommen bewertete er als Mitleidsgeste, unterstellte seinem Gegenüber, es wäre doch bloß dazu genötigt worden sich mit ihm abzugeben und zog sich zurück.
    Dabei hatte er gar keinen Grund sich zu verstecken und so verunsichert zu sein. Zumindest behauptete Jana das immer. Laut ihr sah er
'ganz schnuckelig'
aus. Okay, seine Frisur wirkte etwas altmodisch, fast, als eifere er den Beatles nach, aber es war üppig und glänzte blauschwarz. Angeblich hatte er eine schöne Nase – was auch immer das bedeuten sollte – und einen Mund der zum Küssen einlud. Aber Jana war eine Frau und obendrein auch noch seine Schwester. Sie
musste
ja etwas Nettes sagen. Sie konnte nicht wissen was Männern gefiel – und auf genau die kam es Nils an. Von seinen Lippen sah man außerdem ohnehin nicht viel, da er die meiste Zeit nervös war und sie so fest aufeinanderpresste, dass es aussah, als habe er gar keine. Die großen, graublauen Augen wirkten durch seinen meist eingeschüchterten Blick noch größer.
    'Sei doch einfach mal etwas entspannt'
, wurde er heute bereits zum x-ten Mal von Jana oder ihren Freunden aufgefordert, aber die hatten leicht reden. Sie fühlten sich wohl, waren interessant, wurden gesehen und ernstgenommen. Sie wussten in jeder Situation, was sie sagen und wie sie reagieren sollten, konnten lockere Scherze machen.
    Schon wieder schaute dieser schöne Mann von der Kletterwand zu ihm her und lächelte ihn an. Nils' Herz dehnte sich zu einem fast schmerzhaften Schlag aus, und allmählich tröpfelte diese gewisse Aufregung in seinen Bauch. Er versuchte sich zu beruhigen. Unmöglich konnte der Mann unter den vielen tausend anderen Festivalgästen ausgerechnet
ihn
meinen. Verlegen, mit rotglühenden, rauschenden Ohren, senkte Nils den Blick, zupfte ein paar vertrocknete Grashalme aus der staubigen, festgetretenen Erde und zwang sich, interessiert zur Bühne zu schauen.
    Als er den Blick nach einer Weile erneut zu dem großen, rotblonden Kletterer schweifen ließ, wurde er wieder – oder noch immer? – von ihm angestrahlt. Das war definitiv kein Zufall, der Mann
meinte
ihn! Dennoch, Nils drehte sich nervös herum, inspizierte die Leute in seiner unmittelbaren Nähe. Er ging davon aus, dass er sich irrte. Er
musste
sich irren. Der Kerl lächelte bestimmt jemand anderem zu, der direkt neben oder hinter Nils saß. Doch da war keiner – zumindest keiner, der Blickkontakt zu dem Kletterer herstellte. Als sich Nils ungläubig wieder umdrehte und den Mann überrascht ansah, amüsierte sich dieser augenscheinlich darüber, dass er sich so verunsichern ließ.
    Mittlerweile stand Nils regelrecht unter Strom. Die Aufregung kroch durch jede Faser seines Körpers, sein Herz raste, der Atem ging heftig und sein Schwanz drängte sich gegen den Hosenstall. Rasch schob er seine Weste vor den verräterisch ausgebeulten Schritt. Der Kletterer bemerkte das und lachte auf. Spätestens jetzt war sich Nils sicher, dass dieser Mann wirklich
ihn
ansah, niemand sonst, und
ihn
anlächelte, niemand sonst. Er bekam Panik. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass dieser Mann seiner Träume einfach auf ihn zukäme, ihm die Hand entgegenstreckte, Nils zu sich hoch zöge und ihn zärtlich, bald innig küsste … Alberne Fantasien. Naiv und idiotisch! Nils hatte noch nie geküsst. Noch nicht einmal Händchen gehalten hatte er bis jetzt, geschweige denn Sex gehabt oder auch nur jemanden umarmt. Er schämte sich unglaublich
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