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Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Titel: Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)
Autoren: Serhij Zhadan
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leisten, aber die Sergeanten verstanden ihren Job. Also gut, sagte Julij Jurijowytsch, bitte nehmen Sie Platz. Wer will anfangen? Einer der Sergeanten hob die Hand. Julij Jurijowytsch, sagte er, vielleicht wir? Wir müssendie Schließzeiten beachten. Bitte schön, antwortete Julij Jurijowytsch, legen Sie los. Die Sergeanten stießen dem Festgenommenen in die Seite, der stand widerwillig auf. Also, sagte Julij Jurijowytsch, nennen Sie Ihren Namen. Der Festgenommene schwieg. Einer der Sergeanten hielt nicht mehr an sich und versetzte ihm einen Stoß; der Festgenommene warf ihm einen düsteren Blick zu, drehte sich zu Julij Jurijowytsch und legte los. Ich bin Alik Stotterenko. Hallo, Alik Stotterenko, raunte der Saal freundlich. Alik verstummte, bis ihm einer der Sergeanten noch einen Stoß versetzte. Ich bin Anonymer Alkoholiker, sagte Alik. Wieder lief eine Welle des Wohlwollens durch den Saal: Gut, Alik Stotterenko. Erzähl uns deine Geschichte, Alik, forderte Julij Jurijowytsch ihn auf. Alik überlegte und sagte dann folgendes – am 26. Mai dieses Jahres, um 18.30 Uhr beging ich in stark alkoholisiertem Zustand einen dreisten Diebstahl. Objekt war ein Firmenwagen der Marke SiL des Handelsunternehmens »Frostik«, wodurch das erwähnte Unternehmen einen materiellen und finanziellen Schaden von dreihundertfünfzig Kilogramm Tiefkühlfisch in Blöcken erlitt. Obwohl ich im selben Zustand verweilte, wurde mir kurz darauf der Ausmaß meiner Schuld bewußt, so daß ich beschloß, mich freiwillig in die Hände der Behörden zu begeben. Das führte dazu, daß ich, nachdem ich die Kontrolle über das Automobil Marke SiL verloren hatte, die Informationstafel des Milizreviers im Kiewer Bezirk der Stadt Charkiw rammte. Folge dieses Zwischenfalls war das unerlaubte Abladen von Fischereiprodukten des Handelsunternehmens »Frostik« auf dem Gelände des Reviers, konkret – der erwähnten dreihundertfünfzig Kilo Tiefkühlfisch. Den ganzen Flur hat er uns mit diesem Fisch vollgekippt, der Scheißer! – einen derSergeanten hielt es nicht länger auf seinem Stuhl! Die halbe Nacht haben wir das Zeug einsammeln dürfen, sind wir vielleicht Walrösser oder was! Und die Informationstafel hat er umgefahren. Mit allen operativen Daten! Arschloch! – sagte er zu Alik und setzte sich wieder. Also gut, sagte Julij Jurijowytsch, wir wollen Alik für seine Geschichte danken. Vielen Dank, Alik Stotterenko, lief es durch den Saal, einer der Sergeanten ging zu Julij Jurijowytsch, der ein Formular unterzeichnete, und man schleppte Alik zum Ausgang. Auf Wiedersehen, Alik Stotterenko, hallte es ihm nach. Verrekken sollt ihr! – rief Alik, aber die Sergeanten drehten ihm die Arme auf den Rücken und schoben ihn hinaus. Nun denn, sagte Julij Jurijowytsch zufrieden, – wer ist der nächste? Ich kann, Botkin hob die Hand. Paß auf, er beugte sich zu Gabriel, denen werde ich’s zeigen. Gut, gut, stimmte Julij Jurijowytsch zu. Ich, sagte Botkin, heiße Dikucha Jewhen Petrowytsch. Hallo, Dikucha Jewhen Petrowytsch, raunte der Saal. Ich bin Anonymer Alkoholiker, rief Botkin fröhlich. Gut, gut, erwiderte das Auditorium. Erzähl uns deine Geschichte, Jewhen Petrowytsch, bat ihn der diensthabende Verantwortliche. Meine Geschichte ist folgende, Botkin ließ sich nicht lange bitten. Ich bin Mediziner. Mein ganzes Leben habe ich dem Wohlergehen meiner Mitbürger gewidmet! Und der Alkohol stand dir dabei im Weg? – Julij Jurijowytsch versuchte, das Gespräch in die richtigen Bahnen zu lenken. Jawohl, – Botkin wollte nichts verbergen, jawohl. Und auf welche Art und Weise? – interessierte sich Julij Jurijowytsch weiter. Auf verschiedene Art und Weise, Botkin kratzte sich nachdenklich am Kinn, auf verschiedene. Also zum Beispiel komme ich einmal zum Dienst, ich erinnere mich – es war am 9. November, gerade am Feiertag. Moment,Jewhen Petrowytsch, unterbrach ihn der diensthabende Verantwortliche, was denn für ein Feiertag? Also, Tag der Revolution, antwortete Botkin, der 7. November. Und wann bist du zum Dienst gekommen? – fragte ihn Julij Jurijowytsch streng. Am neunten, wiederholte Botkin, ich hatte die Kollegen nach dem Feiertag noch nicht gesehen, das mußten wir feiern. Und da bringt man uns, erinnere ich mich, eine Leiche. Wir mußten aber doch dringend in den Laden, uns eindecken. Ich sage also, Jungs, bringt ihn erst mal in die Küche! Jewhen Petrowytsch, unterbrach ihn nochmals der Verantwortliche, hattest du jemals das Bedürfnis, mit
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