Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben
Autoren: N Förg
Vom Netzwerk:
prosperty, and to gain it
we have only to look around at what our country has to offer.« Er schrieb
während dieses Winters 1929 eine Naturerzählung für die englische Zeitschrift
»Country Life«. Die Herausgeber waren so begeistert, dass sie einen großzügigen
Scheck schickten und die Option auf eine Autobiographie eröffneten. Sein erstes
Buch hieß »The Men of the Last Frontier«, er schrieb zudem für britische und
kanadische Magazine. Die Welt hörte auf den Indianer und seine Sätze voller
Wahrheit und Zauber. Ein mörderischer Stundenplan folgte: Lesereisen in Europa
und den USA , Alkoholexzesse,
Phasen fast manischen Schreibens bestimmten sein Leben. Er war unendlich weit
weg vom kanadischen Wald, weit weg von seinem eigentlichen Lebensplan. Wegen
seiner Zeitschriftenbeiträge und seines Ruhmes wurde die kanadische
Nationalparkbehörde auf ihn aufmerksam und bot ihm Arbeit als Naturschützer an.
Grey Owl zog mit seiner Frau und den Bibern zunächst in den
Riding-Mountain-Nationalpark in Manitoba. Er empfand sein Arbeiten dort aber
als zu eingeschränkt und bat um Versetzung in den Prince-Albert-Nationalpark in
Saskatchewan.
    Die Beaver Lodge, seine Hütte am Ajawaan-Lake, steht
noch immer. Hier entstanden sein Bestseller »Pilgrims of the Wild« (1934) und
einige weitere Werke sowie seine Kurzgeschichten mit dem Titel »Tales of an
Empty Cabin« (1937). Er starb 1938 im Alter von nur fünfzig Jahren an einer
Lungenentzündung im Hospital in Prince Albert. Einen Tag nach seinem Tod
enthüllte der »Toronto Star« Grey Owls wahre Identität. Dass er Brite gewesen
war. Seine Fangemeinde fühlte sich geprellt, war sie doch einem falschen Wilden
aufgesessen. Was war er nun? Ein Betrüger? Oder ein großer Poet der Wildnis?
    Er hatte das Beste gewollt und war als Tierschützer
mit großem Sendungsbewusstsein an einem gescheitert: daran, eben auch nur ein
Mensch zu sein!

EINS
    Es war wieder so weit. Es war unvermeidbar, und es
griff um sich wie eine Seuche. Am ersten Tag nur einmal, bald schon im
Zweistundenrhythmus, um sich im furiosen Finale des vierten Advents dann so zu
steigern, dass man es nahezu minütlich ertragen musste. »Last Christmas I
gave you my heart, but the very next day you gave it away.« Es whamte
wieder, und unweigerlich drängten sich da Bilder von George Michaels
Achtziger-Jahre-Föhn-Inferno-Frisur vors innere Auge und jedes Bild dieses
Videos, das Aliens – sollten Außerirdische mal Jahrmillionen später landen und
die Überreste einer Zivilisation entdecken – in schiere Bestürzung treiben
würde. Es war wieder so weit: Die stufenweise Weihnachtswahnsinnseskalation
hatte die Endzeit erreicht.
    Es war Weihnachtsmarkt in Weilheim, der ausnahmsweise
entgegen der üblichen Terminierung am letzten Adventswochenende stattfand.
Gerhard hatte frei und hatte sich zu einem Frühschoppen auf dem Markt
eingefunden. Er hatte erfolgreich ein Gespräch bei den Bürgern von Weilheim
abgeblockt und seiner Vermieterin Gundula glaubhaft versichert, dass er leider
gar keine Zeit für ein Referat bei der Hausaufgabenbetreuung von sozial
schwachen Kindern habe. Er hatte sich auch dem Eine-Welt-Laden verweigert, wo
er eine Petition für einen Mann im fernen Sezuan hätte unterzeichnen sollen,
etwas von »als Polizist keine politischen Äußerungen machen« murmelnd. Sezuan,
war das nicht irgendwas mit Gulasch? Ach nein, das war Szeged, Sezuan hatte
doch meist mit Schweinefleisch süßsauer zu tun. Was ihn daran gemahnte, dass er
Hunger hatte. Um sicherzugehen und nicht in die kulinarische Vegetarierfalle
bei den Betroffenenständen zu tappen, orderte er eine Leberkassemmel in der
Metzgereifiliale, unweit vor deren Eingang zwei Schafe ein lebendes
adventliches Bild abgaben, was Gerhard so Tür an Tür mit der Metzgerei doch
eher bizarr fand. Er schlenderte rüber zu den blauen Jungs, schneidigen
Burschen der Marine, die alljährlich hier waren. Immerhin gab es ja das
Küchenminensuchboot Weilheim. Die blauen Jungs mit dem hervorragenden Glühwein,
die ihrem Namen immer alle Ehre machten! Er hatte seinen Glühwein zur Hälfte
leer getrunken, als sein Handy, dem er die bayerische Kulthymne »Vogelwiese«,
eingespielt von den Schönberger Musikanten, als Klingelton verliehen hatte,
sich meldete. Es war Melanie Kienberger, eine Kollegin, mit der er in diversen
Sokos zu tun gehabt hatte. Gerhard lauschte mit zunehmender Beunruhigung.
    »Melanie, was habe ich damit zu tun? Das ist wohl kaum
Sache der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher