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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben
Autoren: N Förg
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Pfaffenbichlerin war mehr so mit den
Großkopferten und den Schauspielern bekannt, die Eisele hat die Arbeit
gemacht.«
    Wieder lag keinerlei Wertung in Eichers Stimme.
Gerhard erinnerte sich vage, auch schon mal über den Schutzhof gelesen zu haben
– immer im Zusammenhang mit Prominenten. Er hatte nie einordnen können, wo das
Anwesen eigentlich lag, das die Reichen und Schönen dazu animierte, die
Geldbörsen zu zücken und Schecks auszuschreiben.
    »Und wo ist die Dame Pfaffenbichler?«, fragte Gerhard.
    »Die Leut sagen, sie sei weggefahren, mit Bildern. Zu
‘ner Ausstellung, irgendwas mit Werni…, hat meine Frau gesagt.«
    »Eine Vernissage, wo denn?«, fragte Gerhard.
    »Keine Ahnung, weg eben«, sagte Eicher. »So, ich müsst
jetzt dringend in den Stall. Brauchen Sie mich noch?«
    »Nein, vielen Dank. Ich find Sie, wenn’s nötig wär …?
    »Glei mitten in Hiebler, der Hof mit dem neuen
Laufstall. Pfia Gott, Herr Weinzirl. Da können Sie auch einfach die Tür
zuziehen.«
    Sie waren beide nach draußen gegangen, es war
stockfinster, aber als Eicher nur einen Schritt tat, gingen wieder Lichter an.
Nebel waberte in den Lichtkegeln, es war kalt. Kalt wie in einer Gruft,
nasskalt, eine Grabeskälte. Er würde jetzt erst mal klären müssen, wie das hier
weiterzugehen hatte. Das war ein Vergehen nach dem Tierschutzgesetz, kein
siebenfacher Mord. Das waren eben nur Tiere. Siebenfache Sachbeschädigung,
nicht Gerhards Ding. Da waren die Uniformierten zuständig.
    Gerhard war schließlich nach Schongau gefahren. Die PI war wirklich so was von notbesetzt.
Der Kollege Fischle hielt die Stellung.
    »Sie trotzen dem Virus?«, fragte Gerhard und sah den
Kollegen mitfühlend an.
    »Ja, Unkraut vergeht nicht. Herr Weinzirl, was machen
Sie hier?«
    »Sie wissen ja, dass Weilheim zu diesem Hundehof
gefahren ist. Die Kollegin hat die Szenerie nur sehr schwer aushalten können,
ich bin dann ebenfalls rausgefahren.«
    Fischle runzelte die Stirn. »Was ist denn da draußen
passiert?«
    Gerhard umriss kurz das Geschehnis, berichtete von
seinen Gesprächen mit Moritz Niggl und Florian Eicher. »Wirklich scheußlich«,
schloss Gerhard, »aber ich will mich da nicht in Ihre Zuständigkeiten
einmischen. Das war sozusagen nur eine erste Hilfe.«
    »Sie sehen ja meine personelle Situation, mischen Sie
ruhig. Der KHK in Weilheim wird ja
wissen, dass Sie da sind?«, fragte Fischle.
    »Ja, der bin ich momentan selber. Der
Kommissariatsleiter ist im Urlaub. Karibik, er hasst Winter.«
    Beide blickten aus dem Fenster, ja, Karibik – das wäre
jetzt was.
    »Kennen Sie denn diese Frau Pfaffenbichler? Diesen
Hof?«, fragte Gerhard.
    »Ja, ich war fast schon versucht zu sagen: Leider. Da
gibt es immer wieder mal Probleme, vor allem wegen Verkehrsdelikten. Die
Besucher des Guts nehmen allzu oft die gesperrte Straße hinter der Wies, die
Anlieger sind ziemlich schlecht auf die Dame zu sprechen.«
    »Na, dann wird sich ja bald einer finden, der für
diese Sauerei zuständig ist. Ich beneide Sie nicht, Herr Kollege.« Gerhard
verabschiedete sich und versprach noch, einen Bericht zu schicken.

DREI
    »Sozusagen die Transzendenz des Naturalismus«, sagte
die Dame in einem Kleid im Stil der siebziger Jahre gerade und blickte tief
beseelt durch ihre schwarzrandige Brille. Einige Blitze zuckten auf,
Journalisten schrieben eifrig mit. Jo hatte den Blick auf das angesprochene
Bild gerichtet und unterdrückte ein Schmunzeln, denn das hier war ja
schließlich nicht einfach irgendeine Vernissage in einer namenlosen Galerie,
auch kein fröhliches Malen nach Zahlen. Volkshochschulabschlussfest, das war
die Bayerische Vertretung in Berlin. Bis 1989 hatten die Devisen der DDR dort gelagert, nun war es bayerische
»Botschaft«, wie Jo scherzhaft formuliert hatte.
    Jo war etwas überrascht gewesen, als die Einladung
gekommen war. Sie war mit einer Abordnung bayerischer Touristiker hier,
eingeladen vom Bundespresseamt. Mit von der Partie war der Zitherklub aus
Peißenberg, dessen Oberzitherer definitiv nicht der politischen Richtung des
Abgeordneten anhing, selbigen aber als Menschen und Peißenberger nicht unrecht
fand. Geladen waren auch einige Honoratioren des Skiklubs Partenkirchen und des
Trachtenvereins Huglfing, der bereits im Zug in vollem Trachtenornat angetreten
war. Höchst faszinierend fand Jo die Größe der Koffer der männlichen
Teilnehmer, halbe Überseekoffer waren das. Aber sie offenbarten bald ihr
Innenleben. Biertragerl und Speck – so
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