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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend
Autoren: C Bateman
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Ihnen?«

    Alison schüttelte den Kopf. »Nichts. Das geht aufs Haus.«
    »Aber …«, begann ich. Alison hob eine Augenbraue. Die Frau blickte leicht verwirrt. »Wollen Sie vielleicht ein Buch kaufen?«, fragte ich. Meine Frage war fast so peinlich, als hätte ich direkt vor ihrer Nase eine Sammelbüchse geschüttelt; trotzdem bedeutete es möglicherweise den Unterschied zwischen drei Scheiben billigem Bauchfleisch einerseits und einem großen, fetten, fabrikgestopften Truthahn zu Weihnachten andererseits. Ermutigend winkte ich mit einer Hand in Richtung Bücherregale.
    Die Frau lachte. »Nein danke. Solchen Mist lese ich nicht.«
    Und damit war sie weg, ab durch die Tür, bückte sich draußen zu ihrem Hund, klatschte in die Hände und redete mit ihm, als würde die kleine Ratte irgendwas kapieren.
    Wir starrten beide zur Tür.
    »Was für eine dämliche Ziege«, sagte Alison.
    »Danke, gleichfalls«, sagte ich.

4
    Wider besseres Wissen und über die Maßen verlockt von Alisons Einladung ins Starbucks fand ich mich kaum eine Stunde später in besagtem Himmel wieder, schlürfte einen Frappuccino – den sie bezahlte – und versuchte dabei, mein finsteres Stirnrunzeln beizubehalten. In meinen Stirnfurchen konnte man Kartoffeln pflanzen, doch seit Alisons Flucht hatten sie unproduktiv brachgelegen. Das Leben war gut ohne sie. Ich hatte meine Bücher. Ich hatte meinen Laden. Ich hatte meine Kundschaft. Und ich hatte meine Mutter. Drei von vier Möglichen, das war gar nicht mal so übel.
    Ich schätze das Starbucks nicht nur wegen des wunderbaren Kaffees und des Gebäcks, sondern einfach für das, was es ist. Dort verkaufen sie einem keine Versicherungen. Sie haben keinen Vertrag mit Mobilfunkbetreibern. Der Laden biedert und passt sich nicht an, sondern bleibt pur, wie der Kaffee, den sie dort anbieten. Ich verabscheue Orte, die es jedem recht machen wollen. Im Kein Alibi kriegt man vielleicht einen Kaffee angeboten, aber man würde nie hereinkommen und einen bestellen. Man kommt, um ein Buch zu kaufen. Ein deutlicher Hinweis darauf ist das Schild über der Tür: Buchladen. Einen weiteren Hinweis liefert das Schild über
der Theke: Dies ist keine verfluchte Leihbücherei. Natürlich kann man herumstöbern. Selbstverständlich kann man den Text auf der Rückseite des Buchs lesen. Aber es ist absolut unerwünscht, das Buch zum Lesen zu öffnen. Das ist so ähnlich, als hätte man gleich bei der ersten Verabredung Sex. Auch zu einem Buch muss man erst einmal eine Beziehung aufbauen. Man kann nicht einfach darüber herfallen. Man muss es zunächst bewundern, es hätscheln und tätscheln, es liebkosen und langsam kennenlernen. Man muss mit ihm nach Hause fahren, in einem Gefühl höchster Vorfreude, aber ohne irgendwas zu überstürzen. Man muss seine Problemkinder und die nervende Ehefrau loswerden, den Fernseher ausschalten, sich in einen komfortablen Sessel zurücklehnen; dann erst zieht man es langsam heraus an die Nachtluft, entfernt mit äußerster Behutsamkeit die Schutzhülle. Zunächst muss man alles über den Autor lesen, über seine bereits veröffentlichten Werke, um sich dann mit höchster Konzentration dem ersten Absatz zu widmen, denn schon bald, sehr bald wird man erfahren, ob man den richtigen Griff getan hat. Manchmal kann man sich in Autoren täuschen – man liest den ersten Absatz, die erste Seite, und denkt, dieser Schriftsteller hat nichts zu sagen, er besitzt keinerlei Persönlichkeit; man spürt keine Energie, keine Leidenschaft, keinen Humor, und will schon aufgeben. Und bisweilen hat man absolut recht damit. Doch es gibt auch Fälle, in denen seine Persönlichkeit erst dann zutage tritt, wenn man lange genug dranbleibt. Langsam wird einem klar, dass dieser Autor kein billiger Blender ist; denn ein explosiver Anfang ist schnell zusammengeschustert,
aber wie oft kommt danach nur noch heiße Luft.
    Bücher sind wie Frauen. Sie können eine harte Schale haben oder ganz weich und nachgiebig sein. Sie können fett sein oder dünn. Sie können lustig sein oder ernsthaft. Sie können auch völlig bescheuert sein. Manchmal bieten sie viel Sex, manchmal gar keinen. Einige Bücher locken einen mit dem Versprechen von Sex, kneifen aber, wenn’s darauf ankommt. Der Versuch, sich mit mehr als einem gleichzeitig zu befassen, kann ziemlich gefährlich enden. Aber wenn man mit einem Buch durch ist, kann man es in einem Karton auf dem Speicher verstauen.
    Ich bin vermutlich so etwas wie eine literarische
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