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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend
Autoren: C Bateman
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genoss. Früher hatte ich Alison aus der Ferne angehimmelt, dann hatte sie mich verführt. Sie hatte mir meine Unschuld geraubt, meine Mutter gelähmt, und jetzt kehrte
sie zurück, um erneut zuzuschlagen. Sie war ein unersättlicher Vampir.
    »Nun sei doch nicht so.«
    Sie streckte ihre Hand aus und ergriff meine. Ruckartig entzog ich sie ihr. Alison ließ sich in ihren Stuhl zurückfallen und schüttelte lächelnd den Kopf. Eine Weile saßen wir schweigend da. Die Weihnachtsmusik war grauenhaft.
    »Du hast einen neuen Fall«, sagte sie schließlich.
    »Hab ich das?«
    Sie nickte. »Billy Randall.«
    »Woher weißt du das?«
    Mir war klar, woher. Sie war eine Hexe und besaß übernatürliche Kräfte.
    »Jeff hat es mir erzählt.«
    »Wieso redest du mit ihm?«
    »Warum nicht, hast du es ihm verboten?«
    »Ja.«
    »Wieso?«
    »Weil ich genau das verhindern wollte. Dass er über meine Geschäfte redet.«
    »Er kann nicht anders. Er liebt mich.«
    »Bild dir bloß nichts darauf ein. Er liebt jeden, der auch nur das geringste Interesse an ihm zeigt.«
    »Billy Randall, der pimmelköpfige Mann.«
    »Schwanz.«
    »Pimmel.«
    »Schwanz.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Musst du immer recht haben?«

    Ich hob eine Augenbraue. Manchmal ist es besser, standhaft zu bleiben und Rückgrat zu beweisen, selbst wenn man nicht recht hat. Auf diesem Vorgehen basieren ganze Weltreiche. Wobei ich in diesem Fall natürlich absolut im Recht war.
    »Es ist kein großer Fall«, erwiderte ich. »Er wird mich wohl nicht lange in Anspruch nehmen.«
    »Prima. Ist er genauso fies, wie er aussieht?«
    »So ziemlich.«
    »Dann wirst du sicher gut mit ihm auskommen. Ich hab auf YouTube nachgesehen. Annadale-Fahrdamm, oder?«
    »Vielleicht. Aber selbst wenn es so ist, geht es dich nichts an.«
    »Ich hab daran gedacht, mich selbst auf Spurensuche zu machen.«
    »Die Sache geht dich nichts an.«
    »Ich hab überlegt, ob ich RonnyCrabs und Jimbo ausfindig machen und dann den schwanzköpfigen Fiesling anrufen soll.«
    »Warum solltest du das tun?«
    »Um dir zu beweisen, dass ich unentbehrlich bin.«
    »Niemand ist unentbehrlich.«
    »Außerdem hab ich gehört, dass er Single ist.«
    »Du würdest dich mit einem schwanzköpfigen Fiesling einlassen?«
    »Alte Gewohnheit von mir.«
    »Er würde dich durchschauen.«
    »Dir ist das nicht gelungen.«
    »Ach nein?«

    »Nein.«
    »Stimmt.«
    »Tatsache ist, du liebst mich immer noch.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Klar. Du bist nur zu stur, um es zuzugeben.«
    »Und du glaubst, ich gehe mit Scheuklappen durch die Welt?«
    »Tust du. Gib es endlich zu und lass uns mit diesem Irrsinn aufhören. Wir sind füreinander geschaffen. Du weißt es und ich weiß es. Wer würde es sonst mit dir aushalten?«
    »Du hast wirklich überzeugende Argumente.«
    »Wenigstens reden wir wieder.«
    Ich starrte sie an. Sie war die Inkarnation des Bösen.
    »Ich bin in der sechsten Woche schwanger«, sagte sie.
    »Danke, gleichfalls.«

5
    Am nächsten Morgen bemerkte Jeff: »Du wirkst irgendwie abwesend.«
    Ich erwiderte: »Und du wirkst, als würdest du nicht arbeiten.«
    Er verdrehte die Augen und wandte sich wieder seiner gewohnten Untätigkeit zu.
    Jeff hat einen leichten Job. Weil ich ihm weder die Bücherbestellungen noch die Inventur anvertraue, und da nur selten und in großen Abständen Kunden den Laden besuchen, hat er relativ wenig zu tun. Außerdem habe ich ihm verboten, im Internet zu surfen und seine Freunde einzuladen, und er darf weder den Geschäftsanschluss noch sein eigenes Handy benutzen, also verbringt er die meiste Zeit damit, ins Leere zu starren und sich die unvorstellbaren Gräuel auszumalen, die Inhaftierten in Dritte-Welt-Ländern zugefügt werden. In Anbetracht seiner Tätigkeit für mich hatte ich ihm vorgeschlagen, in seiner freien Zeit vielleicht lieber für eine Organisation wie PEN zu arbeiten, die sich misshandelter Autoren im Ausland annimmt, statt für seine aktuelle Wahl Amnesty International; aber er lehnte mit der Begründung ab, er könne kein wirkliches Interesse für die von PEN vertretenen Autoren aufbringen; und nachdem ich gebührend
darüber nachgedacht hatte, erlebte ich einen seltenen Moment völliger Übereinstimmung mit ihm. Es liegt eine unabweisbare Ironie darin, dass jedes Land der Welt seine eigene Kriminalliteratur hervorbringt, aber gegenwärtig nirgendwo Krimiautoren eingesperrt sind. Was wohl damit zusammenhängt, dass sie alle einen gesunden Respekt vor dem Gesetz haben.
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