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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend
Autoren: C Bateman
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und viel Platz für Bücherkisten ersetzt worden. Jeff hatte die Auswahl übernommen, und dummerweise hatte ich mich von seinem Enthusiasmus mitreißen lassen. Zum Glück war ich durch den Abschluss meines letzten Falls zu etwas Geld gekommen, auch wenn ich es vermutlich besser auf einem Sparkonto angelegt hätte. Das neue Kein-Alibi-Logo mit dem blutroten Slogan Mord ist unser Geschäft gefiel mir ziemlich gut, und ich kam mit dem Fahrzeug zurecht. Ich fühlte mich einigermaßen wohl hinterm Steuer, auch wenn ich darauf achtete, niemals das Tempolimit von fünfzig Stundenkilometern zu überschreiten, während ich auf den finsteren Straßen Belfasts Ausschau nach Bodenschwellen
und anderen Hindernissen hielt. Erst als Jeff irgendwann begann, von dem Wagen als »der Mordsmaschine« zu sprechen, kamen mir erste Bedenken. Diese wuchsen noch, als ich gezwungen war, meine Mutter zu einem Krankenhaustermin zu chauffieren. Wegen ihres Schlaganfalls hatte sie eine Schwerbehindertenrente beantragt, musste jedoch eine Untersuchung über sich ergehen lassen, bevor sie das Geld kassieren konnte, das uns durch den Winter bringen sollte. Mutter wollte den Eindruck einer schweren Behinderung noch dadurch verstärken, dass sie im Rollstuhl aufkreuzte. Jeff schlug vor, den Auftritt noch effektvoller zu gestalten, indem wir im Kein-Alibi-Lieferwagen vorfuhren und sie an der Rampe des Krankenhauses ausluden. Bei unserer ersten Probefahrt nannte Jeff meine Mutter in Anspielung auf die alte TV-Krimi-Serie wiederholt »der Chef«, und der Spitzname setzte sich ebenso unausrottbar in meinem Gehirn fest wie die Tumore, die mich eines Tages töten werden. Ab da begann Mutter, den Lieferwagen als ihr persönliches Taxi zu betrachten, obwohl sie fast neue Krücken und einen Rollator besaß, womit sie ohne Probleme die Stadt durchqueren konnte. Der stets hilfreiche Jeff hatte einen Weg gefunden, ihren Rollstuhl im hinteren Teil des Lieferwagens festzuschnallen; außerdem hatte er den Gurt so eingestellt, dass keine Chance bestand, Mutter aus ihrem Rollstuhl und durch die Windschutzscheibe zu katapultieren, egal, wie hart ich bremste.
     
    Vorsichtig manövrierte ich den Lieferwagen zum Annadale-Fahrdamm und von dort aus weiter zu dem Werbeplakat
mit dem inzwischen übermalten oder ausgetauschten Porträt Billy Randalls. Schwanzfrei hatte sein Kopf dennoch diverse Löcher, offensichtlich verursacht durch emporgeschleuderte Pflastersteine, Kiesel, leere Bierflaschen oder überreife Früchte. Der Annadale-Fahrdamm ist eine verkehrsreiche Durchgangsstraße, an der keine Häuser stehen, aber ganz in der Nähe erstreckt sich eine weitläufige Sozialbausiedlung und dahinter die Ormeau Road mit ihren Läden. Dort wollte ich meinen Lieferwagen parken, um mit der Suche nach Jimbo und RonnyCrabs zu beginnen.
    Gleich beim ersten Zeitschriftenladen hielt ich an und studierte die handgeschriebenen Zettel im Schaufenster: Lehrer, die Nachhilfestunden anboten, eine entlaufene Katze wurde gesucht, ein Bügelservice pries sich an, es gab orientalische Massagen und diverse Annoncen von Handwerkern, die alle möglichen Dienste offerierten; genau die Kategorie, in die Jimbo und RonnyCrabs fielen. Ich rief bei all diesen Handwerkern an und erkundigte mich nach Jimbo – nach RonnyCrabs zu fragen, konnte ich mich nicht recht überwinden –, doch ohne Erfolg. Womöglich kannten sie ihn, hielten sich aber an den bei Handwerkern üblichen Schweigekodex, ihre Form der Omertà . Dann marschierte ich weiter zu einem Oxfam-Laden mit ähnlichen Zetteln im Schaufenster sowie zu einem Save the Children. Doch auch die Annoncen in diesen beiden Läden führten zu nichts. Ich stand da, blickte die Ormeau Road entlang – der Verkehr tobte, die Luft war voller Abgase, während überall Weihnachtslichter blinkten – und versuchte herauszufinden, was ich als Nächstes tun sollte.
Rotgesichtige, kaufwütige Menschen hasteten die Bürgersteige entlang auf der Suche nach einem letzten Schnäppchen. Es war eine billige Wohngegend und es gab nur wenige Filialen großer internationaler Ketten; hier dominierten die sogenannten Tante-Emma-Läden, die mir seit jeher ein Graus waren. Niemals würde ich einen solchen Laden betreten, und wenn mein Leben davon abhinge. Es gab Dutzende, ja Hunderte dieser schmuddeligen kleinen Ramschläden, und ich hätte Wochen damit zubringen können, mich von Tür zu Tür zu schleppen und Fragen zu stellen. Doch es war eisig und ich fange mir rasch eine
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