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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend
Autoren: C Bateman
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Kein Alibi kommen, halten sich für ziemlich mächtig und einflussreich – Autoren, Verlagsvertreter oder Kunden, die sich einbilden, ihre Mitgliedschaft im Weihnachtsclub statte sie mit irgendwelchen Privilegien aus; sogar Leute wie Billy Randall oder Greg, der vermeintlich abtrünnige MI5-Agent –, trotzdem hat mich keiner von ihnen je sonderlich nervös gemacht. Viel eher haben sie mich zu großen Taten inspiriert. Doch der Polizeichef war ein ganz anderer Fall; er stand ganz alleine hier in meinem kleinen Laden und trotzdem umgab ihn eine Aura; diese gewisse Ausstrahlung, die einem sofort tiefe Schuldgefühle einflößt. Schlagartig
überfiel mich die Panik, er wäre vielleicht wegen meines Nagels hier, mit dem ich Autos mit personalisierten Nummernschildern zerkratze; oder möglicherweise besaß er auch ein Überwachungsvideo, das mich beim Spannen in den Büschen zeigte. Selbst Alison schien weiche Knie zu haben, und das hatte garantiert nichts mit ihrem Gewicht zu tun.
    Er war in Zivil. Bei einem Polizisten in Zivil neigt man zu dem Verdacht, dass er gerade verdeckt ermittelt; allerdings boten die Kleider des Polizeichefs dazu keinerlei Anlass. Sie waren in keiner Hinsicht bemerkenswert; eher wirkten sie schlicht und nicht unbedingt so, als ob er in ihnen verdeckt ermitteln würde. Will heißen, sie waren keineswegs übermäßig unauffällig. Sondern einfach normal. Durchschnittlich. Wobei sich die Bedeutung von durchschnittlich im Laufe der Jahre stark gewandelt hat. Nein, nicht eigentlich die Bedeutung, sondern mehr das, was die Leute üblicherweise damit verbinden. Für viele hat das Wort einen leicht negativen Beigeschmack. Wenn man zum Beispiel die Schulnoten eines Kindes als durchschnittlich bezeichnet, dann glaubt man herauszuhören, dass sie nicht gut genug sind. Jedenfalls trug der Polizeichef einen durchschnittlichen, gewöhnlichen, einfachen schwarzen Anzug, mit einer nicht allzu auffälligen roten Krawatte. Er war braungebrannt, frisch rasiert, und sein graumeliertes Haar war kurz geschnitten.
    Er sagte: »Tja, ich möchte gern ein Buch kaufen, aber hauptsächlich möchte ich ein wenig mit Ihnen plaudern.«
    »Welche Art von Buch?«, erkundigte ich mich.

    »Was würden Sie empfehlen?«
    »Etwas mit einer komplizierten Handlung und einem unbefriedigenden Ende.«
    Er lächelte. Seine Zähne waren fotogen und folglich wohl nicht seine eigenen.
    »Möchten Sie eine Tasse Tee?«, fragte Alison.
    »Das wäre nett.«
    Alison nickte Jeff zu. »Mach welchen«, sagte sie.
    Jeff hielt die Lider gesenkt und trollte sich in die Küche. Der Polizeichef blickte ihm hinterher. »Also«, wandte er sich wieder an mich, »Sie waren ja wohl ein ganz Eifriger.«
    Auch wenn ich immer noch nervös war, kochte ich innerlich vor Wut. Dieser Mann, dieser Oberbulle mit dem falschen Lächeln, hatte vereitelt, dass die Gerechtigkeit ihren Lauf nahm, und mir so den Augenblick meines Triumphs geraubt.
    Ich sagte: »Sie haben mitgeholfen, wertvolles Beweismaterial zu zerstören. Wegen Ihnen ist sie immer noch auf freiem …«
    »Wenn ich Sie hier kurz unterbrechen darf«, fiel er mir ins Wort.
    »Sie wollen der Wahrheit nicht ins Auge sehen«, sagte ich.
    Mir war klar, das klang nicht besonders einschüchternd. Andere hatten das schon besser gesagt. Genau genommen hörte sich meine Stimme sogar ein wenig quengelig an. Und ich rechnete schon mit Alisons üblichem Schnauben, aber sie blieb konzentriert. Sie stellte sich sogar an meine Seite.

    »Nun ja«, sagte er, »genau deshalb bin ich hier. Inspektor Robinson hat mir erzählt, wie hilfreich Sie in der Vergangenheit gewesen sind. Und er hat mich gebeten, Ihnen ein paar Details dieses Falls zu erläutern. Andernfalls, so hat er angedeutet, würde nicht nur die Presse diese Informationen erhalten, sondern wir hätten auch niemals Ruhe vor Ihnen. Sie würden uns so lange damit auf die Nerven gehen, bis Ihr Fall zu Ihrer Zufriedenheit abgeschlossen ist.«
    »Genau so ist er«, sagte Alison. »Entschlossen, einen bis zum Äußersten zu nerven.«
    Gleichzeitig legte sie aber eine unterstützende Hand auf meinen Hintern. Was er nicht sehen konnte. Aber es gefiel mir. Und ich wünschte, er hätte es sehen können. Denn es war der Beweis dafür, dass wir etwas miteinander hatten.
    »Sie lassen sich von Ihren eigenen Mitarbeitern erpressen?«
    »Erpressung ist nicht der richtige Ausdruck.«
    »Finde ich schon.«
    »Mein Job«, erklärte er, »ist hochpolitisch. Ich muss eine Menge
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