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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend
Autoren: C Bateman
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öffentliche Anerkennung.
    Plötzlich drang ein dumpfes Dröhnen aus dem Krematorium, als hätte jemand auf eine Basstrommel geschlagen, dann ein deutlich schärferer Knall. Drei Außenfenster zersplitterten. Der Rauch aus dem Schornstein wurde schwarz, im nächsten Moment züngelten Flammen aus seiner Öffnung. Innerhalb von Sekunden flogen die Portaltüren auf und inmitten von Qualmwolken stolperten die Trauergäste hustend und keuchend heraus.
    »Ruft die Feuerwehr!«, schrie jemand.
    »Im Krematorium brennt’s!«, brüllte jemand in ein Handy. Und einen Moment später fügte er hinzu: »Der Blödmann hat einfach gelacht und aufgelegt!«
    »War das eine Bombe?«, rief jemand.
    »Sie ist ohne jede Vorwarnung hochgegangen! Jemand hätte sterben können!«
    Alle drängten in die einbrechende Dämmerung hinaus, sogar der Krematoriumsleiter, der völlig verloren wirkte und vor sich hinmurmelte: »Was haben Sie nur angerichtet, was haben Sie da nur angerichtet?«
    Inspektor Robinson, der Polizeichef und seine Begleiter beziehungsweise Bodyguards rannten immer wieder in den Rauch hinein, um sicherzustellen, dass wirklich alle draußen waren. Die gepflegte Rasenfläche vor dem
Gebäude war bevölkert von Trauernden. Einige hockten auf ihren Mänteln oder standen wie gelähmt da, während andere immer noch auf den Parkplatz strömten, sich auf Kühlerhauben hockten und zusahen, wie die Flammen aus dem Dach des Krematoriums schlugen und weitere Fenster zersplitterten. In der Ferne heulte eine Feuerwehrsirene. Dann deutete jemand auf das Gebäude, und dort zwischen den Flügeltüren des Portals stand Pat. Sie blickte mir direkt in die Augen. Alison würde später sagen, ich hätte mich getäuscht und mir das nur eingebildet, doch ich war mir hundert Prozent sicher. Sie starrte mich an, trat dann zurück in das auflodernde Inferno und schloss die Türen hinter sich. Von Schuld getrieben wollte sie sich und das Ungeborene töten.
    Doch es sollte nicht sein.
    Robinson und der Polizeichef rammten gemeinsam das Portal mit den Schultern ein und verschwanden erneut im Qualm. Eine gefühlte Ewigkeit verging, ehe sie wieder auftauchten und die schreiende, heulende Pat herauszerrten, um damit zwei Leben und eine Mörderin auf einen Streich zu retten.
     
    Ich hätte ihnen ja geholfen.
    Aber der Rauch brannte mir so in den Augen.

41
    Im Jahr 1947 hat Irving Shulman vier Millionen Exemplare seiner Novelle The Amboy Dukes verkauft; inzwischen ist das Buch vergriffen, seltener als Hühnerzähne und in einer guten Ausgabe einigermaßen wertvoll. Das Exemplar in meiner Hand war sechzig Pfund wert, was mich aber nicht davon abhielt, diese Geschichte einer jüdischen Straßengang in der New Yorker East Side an die Wand gegenüber der Theke des Kein Alibi zu pfeffern. Der Aufprall brach dem Buch den Rücken und ließ die schäbigen gelben Seiten zu Boden segeln. The Dukes war ziemlich schlecht gealtert, für heutige Verhältnisse waren die ganzen Drogenpassagen unglaublich brav, trotzdem handelte es sich um einen Klassiker seines Genres, der Evan Hunters wesentlich bekanntere Saat der Gewalt um ganze sieben Jahre vorwegnahm.
    Aber ich war stinksauer .
    Ich war im Fall des schwanzköpfigen Mannes angetreten, um Billy Randalls Unschuld am gewaltsamen Tod von Jimbo und RonnyCrabs zu beweisen, und obwohl ich den wahren Täter entlarvt hatte, würde es doch nie offiziell bestätigt werden. Der Beweis war durch eine Explosion vernichtet worden, bei der das Roselawn-Krematorium bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Jimbos
Asche lag dort immer noch verstreut, vermischt mit Ziegelbrocken, geschmolzenem Glas und verkohltem Holz. Die Zeitungen schrieben, die Ursache wäre ein technisches Versagen des Ofens gewesen; aber ich wusste es besser. Ich weiß es immer besser. Die Wahrheit lag ja förmlich auf der Hand. Man hatte den Sarg präpariert, damit der Beweis todsicher vernichtet wurde, falls die extremen Temperaturen des Ofens ihn nicht ohnehin rückstandslos eingeschmolzen hätten; ja, vielleicht sollte der Sprengsatz sogar verhindern, dass der Sarg noch einmal geöffnet und durchsucht wurde. Natürlich hätte ich ihn niemals eigenhändig aufgemacht – ich bin allergisch gegen tote Menschen, Kiefernholz, Einbalsamierungsflüssigkeit und gegen Anzüge –, doch hätte es ohne Weiteres Alison treffen können, die für mich eingesprungen wäre, und dann wäre sie jetzt tot und das Baby auch. Doch all dies gehörte ins Reich des was wäre wenn ,
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