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Hund aufs Herz

Hund aufs Herz

Titel: Hund aufs Herz
Autoren: Gert Haucke
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Kläger ist, ist (im allgemeinen und hier besonders) kein Richter. Und wer zeigt schon seinen Nachbarn an, weil der seinem Hund unerlaubterweise die Ohren abschneiden ließ? (Ja, wenn er seinen Baum über den Gartenzaun wachsen ließe, dann–!)

Kupieren – was heißt das?

Auf der ganzen Linie versagt hat mal wieder der Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. (VDH). Wenn ein Verband dieser Größenordnung keine kupierten Hunde in seinen Ausstellungen dulden würde, ganz egal, woher sie kommen, wenn sie eben nach dem 1.1.1987 amputiert wurden, dann hätte das nachhaltige Wirkung: Die Bundesrepublik ist als Ausstellungsland nicht so leicht auszuklammern. Aber natürlich: mit Einbußen an Meldegeldern müßte vielleicht zunächst einmal – gerechnet werden. Dieses kalkulierbare Risiko nicht eingehen zu wollen beweist eindeutig: Dem VDH liegt nicht das Wohl unserer Hunde am Herzen, sondern das Geschäft, das sich mit ihnen machen läßt. Das heißt unter anderem: Quantität geht den leitenden Herrn vom Verband für das Deutsche Hundewesen vor Qualität!
    Unter anderem deshalb, weil die Weigerung, willkürlich verstümmelte Hunde auszustellen, auch und vor allem eine Frage der Moral ist.
    Und dies ist die zutreffende Bezeichnung: Hunde mit abgeschnittenen Ohren sind verstümmelt. Was sonst? Besonders absurd wird dieses archaische Ritual, wenn man sich klarmacht, daß es auf freier Wildbahn nichts Hundeartiges gibt – einschließlich der zirka vierzig Wolfsarten, die es weltweit gibt –, das Schlappohren hätte. Das hängende Ohr ist die Herauszüchtung einer Mutation. Und dies in allen Varianten: vom harmlosen Kippohr des Fox Terriers bis zu den Qual verursachenden Riesenbehängen der Cocker und Bassets, die von ihren Trägern nicht einmal mehr angehoben werden können und fast immer schmerzhafte und kaum heilbare Entzündungen im Innenohr verursachen (natürlich werden diese Ohren, bei denen es eindeutig eine medizinische Indikation gäbe, nicht kupiert!).
    Menschen haben also jedes fallende Ohr bei allen Rassen herausgezüchtet. Um es in der Folge bei einigen Rassen wieder abzuschneiden!
    Zum Procedere: Das Abschneiden eines Teils der Ohren – bei einigen Rassen, wie dem Staffordshire Terrier oder dem Mastino Napoletano wird sogar das Gesamtohr brutal abgesäbelt – erfolgt erst ab oder in der fünften Lebenswoche. (Die Öhrchen bei den Hundebabys müssen ja erst mal eine gewisse Größe erreicht haben, um davon was abschneiden zu können.) Die Operation ist blutig, weil das Gewebe dort besonders gut durchblutet ist, und wird unter örtlicher, meist schlampiger Betäubung von verantwortungslosen Tierärzten oder irgendwelchen Kurpfuschern durchgeführt.
    Die kleinen Hunde haben dabei furchtbare Angst, versteht sich. Das sich gerade entwickelnde Vertrauen in den großen Bruder Mensch hat den ersten Knacks weg.
    Wenn dann die Betäubung nachläßt, kommt der Schmerz. Nachhaltig und über viele Wochen. Denn: in diesem Entwicklungsstadium können die Welpen immer sicherer über ihre Gliedmaßen und damit erstmals über ihre Bewegungsabläufe verfügen. Aus dem unsicher Schwankenden ist schon ein kleiner Hund geworden, der sich flink und vergnügt daranmacht, die Welt außerhalb des Wurflagers zu entdecken. Das heißt wiederum in erster Linie das Spielen mit den Wurfgeschwistern, der Mutterhündin und – hoffentlich – mit den betreuenden Menschen. Dabei wird partnerschaftliches Sozialverhalten spielerisch eingeübt, ein absolutes Muß für die normale Entwicklung der Welpen.
    Welche Erfahrung aber muß der amputierte Zwerg machen? Alles tut weh: Jede heftige Bewegung, jede Berührung der mit Leukoplast oder ähnlichem verklebten Restohren mit irgendeinem Gegenstand oder Spielpartner schmerzt. Ganz abgesehen von den äußerst schmerzhaften Verbandwechseln, bei denen die Wundränder massiert werden müssen, damit es keine unschönen verdickten Narben gibt.
    Was also ist der junge Hund gezwungen schmerzlich zu lernen? Am wenigsten tut es weh, wenn man sich still verhält. Dies in einer absolut motorischen Entwicklungsphase. Wie viele scheinbar unerklärliche Neurosen des heranwachsenden Hundes auf die routinemäßige Verstümmelung und deren Nachbehandlung zurückzuführen sind, ist nicht beweisbar, liegt aber für jeden Menschen, der bereit ist, sich die eben erwähnten Tatsachen vor Augen zu führen, auf der Hand.
    Ich tue jetzt etwas, das ich in – fast –jedem anderen Zusammenhang ablehnen würde: Ich bitte
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