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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm
Autoren: Tommy Jaud
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werfen, konnten jedoch nichts erkennen, da sich das Tageslicht in den Scheiben spiegelte. Seppelpeter griff sich einen Flyer und tippte mich an.
    »Matze? Sachämal, was is'n >Old School    Ich griff mir den Flyer und überflog ihn.
    »Da musst du DJ Cool fragen heute Abend, der legt das auf.«
    »Sauber!«, brummte Seppelpeter und steckte den Flyer ein.
    »Und jetzt?«, fragte Brenda.
    »Warten wir, bis der Laden aufmacht, und fragen nach Bahee«, antwortete ich.
    »Bis acht oder was?«
    Erst jetzt sah ich das Schild mit den Öffnungszeiten: Das El Cubano öffnete tatsächlich erst um 20 Uhr. Ich blickte auf die Uhr: Wir hatten gerade mal 15 Uhr. Da wir keine Idee hatten, was wir sonst hätten machen sollen, holten wir uns Getränke aus der Tankstelle gegenüber und setzten uns auf den Betonboden der Laderampe, um zu warten.
    Gegen 17 Uhr öffnete sich die schwarze Eisentür des Warehouse Theatre direkt neben dem El Cubano. Eine hübsche schwarze Frau mit einer kecken asymmetrischen Frisur kam heraus, lehnte einen Wischmob an die Mauer und zündete sich eine Zigarette an. Ich richtete mich auf und starrte sie an. Die kannte ich doch. Ich hatte sie auf einem Foto gesehen. Und dann rasselten alle Groschen durch. Ich wusste, wer es war.
    »Excuse me, are you Novy? Novy from ... Sachsen-Anhalt?«
    Die Frau mit dem Mob schaute mich ungläubig an, und nach unerträglichen Sekunden des Musterns und Abwägens legte sich ein leichtes Lächeln über ihr Gesicht.
    »Yes!«, sagte Novy und: »Und wer seid ihr?«
    »Wir sind Bahees Gurkentruppe!«
     
    Fünf Minuten später hatten wir Bahees Adresse. Was stimmte: Bahee hatte Novy einen Tag vor unserer Tour im El Cubano getroffen und seine Nummer auf einen Zettel geschrieben. Was nicht stimmte, war, dass das Wohnviertel mit >-dorf< endete. Das war Ludwigsdorf, eine Villengegend. Bahee wohnte aber in Katatura. Und das kannten wir ja nun schon ein bisschen ...
     

43
    Bunte, kleine Häuser flogen an unserem Taxi vorbei, graue Satellitenschüsseln und Stacheldraht. Wie schon bei unserem ersten Trip ins Township nahmen die ausschließlich schwarzen Bewohner keine Notiz von uns. Zwei Mädchen in blitzsauberen Kleidern schnatterten sich am Straßenrand entlang, eine ältere Frau transportierte ihren Abwasch in einer Plastikwanne auf dem Kopf, auf einem kleinen Platz wurden Fleischstückchen auf einer quer aufgesägten Öltonne gegrillt. Noch waren die Straßen Kataturas geteert, und wir hofften für Bahee, dass er wenigstens in diesem Teil wohnte.
    »Okiti Bar No. l!« Schnabel deutete auf eine dreifarbig geflieste Hütte mit bunten Lampen.
    »Neeeein!«, raunzten alle, und Schnabel verschränkte trotzig die Arme.
    Irgendwann wurde der Asphalt dann doch zu Lehm, die Steine der Häuser zu Blech und die Straßenlampen zu Flutlichtanlagen. Fast hatte ich den bizarren Anblick der Siedlung schon wieder vergessen: Wie Schuhkartons waren die kleinen Hütten in die hügelige, teils baumbewachsene Landschaft geworfen. Unser Taxifahrer, ein älterer Schwarzer mit grauem Kraushaar und runder Nickelbrille, fuhr nun langsamer und blickte angestrengt nach draußen. Dann hielt er vor einem runtergekommenen Häuschen, das ein wenig wirr in zwei verschiedenen Blautönen gestrichen war und nur halb aus Blech zu sein schien mit einem gemauerten Teil am Ende. Immerhin.
    »Should be this. Number 1989. I wait!«
    »Thank you!«, antwortete ich und drückte dem Fahrer einen 100-Dollar-Schein in die Hand. Dann stieg die gesamte Gurkentruppe aus, und da sich keiner rührte, ging ich halt vor.
    Als wir uns über einen staubigen Pfad Bahees kleinem, blauem Haus näherten, kam ich mir vor, als würde ich gerade meine Freunde nach einer großen Unterhaltungsshow hinter die Bühne schleusen, nur weil ich einen der Schauspieler kannte. Laut Kalahari Unlimited war die Show allerdings längst vorbei, wir waren ins Foyer geschickt worden, damit hinter der Bühne aufgeräumt werden konnte.
    Dann standen wir vor Bahees schiefer Holztür. Sie war offen, aus dem verdunkelten Inneren krächzte ein Fernseher. Vorsichtig klopfte ich und drehte mich noch einmal um: Hinter mir standen Sina, Trixi, Breitling, Brenda, Schnabel, Pepi und Seppelpeter aufgereiht wie Kinder, die Süßigkeiten an Halloween schnorren wollen. Drinnen regte sich nichts.
    »Darf ich vielleicht?«, fragte Speckhut leise, und als ich nickte, trat er vor. Womit ich natürlich nicht gerechnet hatte, war der Notizzettel, den er nun aus der Tasche zog und
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