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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm
Autoren: Tommy Jaud
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statt zu reagieren, schulterte sie ihren Rucksack. »Siiiiinnnna!«, wiederholte ich, wieder erfolglos. Also ging ich zu ihr und zog sie von der Gruppe weg.
    »Du, das ist nicht dein Ernst hier, oder?«
    »Was?«
    »Na, dass wir unseren Jahresurlaub mit diesen Leuten verbringen!«
    »Warum denn nicht?«
    »Sina, bitte! Schau dich doch mal um! Mit solchen Leuten fährt man nicht durch Afrika. Mit so einer Truppe dreht man ne Dokusoap für RTL 2!«
    Sinas Gesichtsausdruck verhärtete sich, ihre Stimme klang gestresst. Sicherheitshalber gingen wir noch ein paar Schritte von den anderen weg.
    »Ich hab mir die Leute nicht ausgesucht, Matze«, zischte sie.
    »Das kann ja sein, aber wenn ich so ne Reise buche, dann frag ich doch vorher, wer mitfährt!«
    »Du hast sie aber nicht gebucht!«
    »Stimmt. ICH hab unsere Wohnung klargemacht. DU hast gebucht!«
    »Ja und was heißt das jetzt? Dass du alles super klargemacht hast und ich nicht?«
    »Nein, Sina, bitte! Es heißt einfach nur: Lass uns hierbleiben!« »Und dann? Was machen wir dann?«
    »Nehmen wir ein Hotel in Windhoek, und in zwei Wochen treffen wir uns wieder am Flughafen, fragen, wie's war, und fliegen nach Hause.«
    »Also jetzt erzählst du wirklich Unsinn.«
    »Du hast recht. Wir bleiben gar nicht erst hier. Wir fliegen sofort zurück.«
    Sina atmete tief durch. Dann knipste sie ihr bestes Lächeln an, und als hätte es unseren kleinen Disput gar nicht gegeben, wandte sie sich lächelnd der Gruppe zu.
    »Alles klar, wir können!«
    Ich fühlte mich wie ein Politiker nach einer verlorenen Wahl: Irgendwie schien es mir nicht gelungen zu sein, meinen Standpunkt deutlich zu machen. Gleich morgen würden wir uns intern zusammensetzen und das Ergebnis in Ruhe analysieren.
     

3
    Bei einer Tour quer durch Namibia hatte ich uns eigentlich in einem dickbereiften Geländefahrzeug mit ordentlich Kawumm unter der Haube sitzen sehen. Was nun vor uns auf dem Flughafenparkplatz stand, war hingegen ein reichlich abgerockter, weißer Toyota Minibus mit Reifen so dünn wie die Arme eines Magermodels.
    Unter den skeptischen Augen der frisch formierten Reisetruppe stapelte Bahee Taschen und Rucksäcke in den Kofferraum. Teilzeitrassist Max Breitling stand mit qualmender Kippe direkt daneben und beaufsichtigte das Ganze. »Sag mal, Chef, wie soll ich denn die Löwen sehen, wenn du die komplette Rückscheibe zustapelst!«
    »Wenn da hinten ein Tier rumhupft, dann habt ihr doch vorne schon gesehen!« Augenzwinkernd packte Bahee meinen rosa Rucksack ganz obenauf.
    »Ich mach den mal an die Scheibe, ne, dann werde wir besser gesehen!«, grinste er.
    »Danke, sehr nett.«
    Die rosinengesichtige Gruberin drängte sich zum Gepäck und zog vor den Augen Bahees ihre Reisetasche von ganz unten heraus wie die Dose einer Supermarktpyramide. »Des druckt ma doch ois zamm, wenn mei Tascherl da unten steht!«
    Ja, dachte ich mir, so wie dir deine Laune im Gesicht ois zammdruckt hat.
    Ohne Murren verstaute Bahee das Gepäck einfach ein zweites Mal, und dieses Mal stellte er die Taschen und Rucksäcke einfach kopfüber.
    »So gibt nur eine Schicht und keine Tasche druckt!«, schmunzelte er, doch nun knautschte es im Gesicht vom Wetterfloh. »Ich weiß nich, ob das gut ist, wenn das so schräg steht. Was ist, wenn da was ausläuft?«
    Entschlossen ließ Bahee die Kofferraumtür ins Schloss fallen. »Da lauft nichts aus, die Tur is dicht!«
    »Die Schiraffe noch!«, quäkte die Gruberin und reichte Bahee ein in Folie gewickeltes Holztier von Form und Größe eines Herrenskis. Zögerlich nahm Bahee die Giraffe entgegen und betrachtete ein wenig ratlos den randvollen Kofferraum. »Na ja ... kann man schon kaufen an Flughafen, aber eigentlich besser an Rückflugtag, ne.«
    »Was i hab, des hab ü«, rechtfertigte sich die Wienerin, und Bahee musste aufs Dach krabbeln, wo er die Giraffe auf dem Gepäckträger verschnürte.
    >Bing!< machte die Videokamera unseres Gruppenältesten: Seppelpeter filmte allen Ernstes das Festzurren der Holzgiraffe. »Wink-ama!«, rief er Bahee im besten Lothar-Matthäus-Fränkisch zu, und Bahee winkte.
    >Bing<.
    Ich schloss meine Augen. Dann stellte ich mir vor, ich stünde irgendwo in Köln ganz alleine auf dem Parkplatz eines Baumarktes. Ein herrlicher Gedanke ...
     
    Über die Sitzordnung im Bus begann ich dummerweise erst nachzudenken, als alle schon saßen, nur meine Freundin und ich nicht. Jedenfalls beanspruchte das Wiener Rosinengesicht den Fahrersitz für sich mit
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