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Human

Human

Titel: Human
Autoren: Alan Dean Foster
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doch sie konnte sich nicht daran erinnern, dass jene, in denen Kapstadt vorgekommen war, auch die Cape Wets erwähnt hätten. Als sie durch dieses Gebiet hindurchfuhr, wurde ihr der Grund dafür jedoch schnell klar. Es war fast so, als hätte jemand Eschers Geist engagiert, um eine gigantische urbane Fläche aus Blechdosen und Zahnstochern zu erschaffen.
    Wie die Strecke, auf der sich ihr klimatisierter Transportwagen bewegte, erhob sich jedes einzelne der mehreren zehntausend individuellen Gebäude, ob es nun zu Wohn-, Geschäfts- oder Industriezwecken genutzt wurde, auf Pylonen, Säulen oder Stelzen, die tief in den Boden hineingetrieben worden waren, hoch über das Wasser, das alles umgab. Die Cape Wets, einst ein riesiges trockenes Flachland, waren im von der False Bay eindringenden Wasser verschwunden. Jetzt lebten mehrere Millionen Menschen direkt über der Wassergrenze in Gebäuden, die sich vier, fünf oder noch mehr Stockwerke über dem Meer erhoben.
    »Ich weiß, was Sie denken«, sagte der Restaurantangestellte. »Diejenigen, die hier leben, können Gott danken, dassdie Bucht so gut vor den Elementen geschützt ist und dass die Strömung stark genug ist, um den Dreck jeden Tag wegzuspülen. Ansonsten wäre das Leben hier noch härter, als es jetzt schon ist.«
    »Sie leben nicht hier?«, wollte Whispr wissen.
    Der Baka-Einwanderer, der gute dreißig Zentimeter kleiner war als der schlanke Namerikaner und ursprünglich aus Zentral-Gabun stammte, richtete sich auf. »Nein, Meld-Bruder! Ich wohne in der Stadt Boulders, wo ich auch arbeite. Wenn du Zeit hast, dann komm mal vorbei und sieh dir die Pinguine an! Der Strand liegt jetzt höher, aber sie kommen noch immer regelmäßig zu derselben Stelle, wie sie es seit Hunderten von Jahren tun.«
    »Wir haben keine Zeit für   …«, setze Ingrid an.
    Whispr fiel ihr rasch ins Wort. »Das ist eine super Idee. Wir werden ein paar Wochen herumreisen, bevor wir an die Küste nach Durban reisen, und wir wollen uns auf keinen Fall eine der hiesigen Sehenswürdigkeiten entgehen lassen.« Er warf Ingrid einen bedeutungsschwangeren Blick zu. »Nicht wahr, Liebling?«
    »Ja, genau«, stimmte sie ihm schnell zu und verfluchte innerlich ihre Vergesslichkeit. Wir sind Touristen , rief sie sich in Erinnerung. Du bist nicht hier, um wissenschaftliche Mysterien zu lüften. Du bist im Urlaub . Dann hob sie die rechte Hand und streckte den Zeigefinger aus. »Ich hätte mir vor der Abreise noch das Kamera-Meld besorgen sollen.«
    »Mach dir deswegen keine Sorgen«, entgegnete Whispr fröhlich. »So als Natural gefällst du mir noch immer am besten.«
    Der klein gewachsene Arbeiter kicherte. »Du magst deine Frauen schlicht und einfach, was? So, wie die Natur sie geschaffen hat? Jedem das Seine, das ist meine Meinung. Mirgefällt allerdings, wie die Wissenschaft die Realität verbessern kann.«
    Ingrid beherrschte sich und unterdrückte die aufkeimende Wut. Auch wenn sich über die Jahrzehnte die nationalen Grenzen und vieles andere in Afrika verändert hatte, so galt das offensichtlich nicht für die seit Langem bestehende Einstellung gegenüber Frauen.
    Die endlose Parade behelfsmäßiger Gebäude sauste an dem Transporter vorbei und spiegelte sowohl den Erfindungsreichtum der Einheimischen wider als auch ihre Fähigkeit, trotz knapper Geldmittel etwas auf die Beine zu stellen. Da man sich aufgrund der fehlenden Landmasse nicht auf horizontaler Ebene ausbreiten konnte, bauten die erwachsenen Kinder ihr Haus auf dem ihrer Eltern, und auf diese Weise wohnten mehrere Generationen übereinander. Während sie die windschiefen, wacklig wirkenden Häuser anblickte, fragte sich Ingrid, ob ein starker Wind nicht den ganzen Bezirk zum Einsturz bringen konnte. Aber irgendwie hatten Millionen verarmter Bürger einen Weg gefunden, ihre Häuser aus Pappe, Blech und Stoffen zu stabilisieren, ebenso wie ihre zum Teil vorgefertigten Geschäfte und ihre aus Treibgut zusammengeschusterten Läden.
    Die Wets mochten arm und instabil sein, langweilig waren sie jedoch keineswegs. Energie aus Sonne, Wind und Biomasse bewirkte, dass Millionen an Lichtern angingen, als die Sonne langsam hinter dem Tafelberg versank. Tausende improvisierter Gehwege verbanden ebenso viele Gebäude miteinander. Einige dieser einfachen Pfade schwammen direkt auf dem Wasser, andere hingen wie dicke Reben aus Plastik zwischen dem zweiten, dritten oder sogar vierten Stock zweier benachbarter Häuser. Der Transporter raste an
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