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Hulamädchen auf Abwegen

Hulamädchen auf Abwegen

Titel: Hulamädchen auf Abwegen
Autoren: Carter Brown
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ich versuchte es zunächst mit der, die mir näher war. Man kam in einen
Korridor, dann zum Bad, zur Küche und zum Gästezimmer. In keinem der drei Räume
befand sich ein menschliches Wesen; so kehrte ich wieder in den Salon zurück.
    Die andere Tür führte ins
Schlafzimmer, das von einer mit einem zartgetönten Lampenschirm bedeckten Lampe
beleuchtet wurde. Alles andere in diesem Raum war ebenfalls zart gehalten und
sehr weiblich. Die breiten Fenster hatten Bambusjalousetten, und den Boden
bedeckten Bambusmatten. Auf einer dieser Matten lag Blanche Arlington. Das
heißt, ich glaubte, daß es Blanche Arlington war. Sie hätte einen eventuellen
Irrtum meinerseits auch nicht richtigstellen können, nachdem ihr jemand die
Kehle durchgeschnitten hatte.
    Sie hatte nichts an bis auf
eine Lei aus roten Hibiskusblüten , die sie um
den Hals trug. Ihre weit aufgerissenen Augen starrten mich mit jetzt grundlosem
Entsetzen an, und die Hände hatte sie zu Fäusten geballt. Ich kniete schüchtern
neben ihrer Leiche nieder und betrachtete sie eingehend.
    Ihr Mörder hatte schlechte,
pfuscherhafte Arbeit geleistet.
    Die Bambusmatte war an der
Stelle, wo ihr Kopf und ihre Schultern lagen, völlig blutdurchtränkt. Mir wurde
für einen Augenblick ganz flau im Magen, weshalb ich mich auf die Blüten
konzentrierte. Sie waren wunderschön — und noch ganz frisch.
    Dann erst gewahrte ich, daß sie
etwas in ihrer rechten Faust hielt. Ich bog sanft ihre Finger auseinander und
hob das zerknitterte Streichholzheft auf, das ihr dabei aus der Hand fiel. Im
hellen Licht des Salons betrachtete ich es mir genauer.
    Es zeigte ein verschwommenes
Bild von einer schwarzhaarigen, schlummeräugigen Schönheit. Darunter stand:
»Besuchen Sie Ulani , die eigenwillige Eingeborene,
die Ihnen die bekannten Originaltänze von Alt-Hawaii vorführt! Zweimal je Nacht
in der Hauoli Bar, Honolulu. Kein Gedeckzwang !«
    Klingt gar nicht schlecht,
dachte ich. Nach dieser Irrsinnsfahrt über den Paß und dem so erbarmungslos
ausgefallenen Empfangsdrink hatte ich eine Erholung verdient. Dieses
Streichholzheft war sowieso die einzige Spur, die ich hatte. Als ich gerade bei
diesem Entschluß angelangt war, klingelte das Telefon, was meine empfindlichen
Nervenenden vollends Hula tanzen ließ.
    Nach dem vierten Klingelzeichen
nahm ich den Hörer ab und flüsterte »Hallo« in die Muschel. Wenn ich flüsterte,
dachte ich hoffnungsvoll, ließ sich nicht feststellen, ob sich dahinter eine
weibliche oder eine männliche Stimme verbarg, für den Fall, daß der Teilnehmer
am anderen Ende eine bestimmte Stimme erwartete.
    »Blanche«, sagte eine rauhe und ausgesprochen männliche Stimme, »hast du schon
mit Boyd gesprochen?«
    »Nein«, gab ich ebenso leise
zurück.
    »Was ist das für eine neue
Flüstermasche?« wunderte sich die Stimme. »Bist du erkältet oder was ist? Also,
hör zu! Sag ihm nichts, hast du verstanden? Ich hab’s mir anders überlegt. Es
steht diesmal viel zuviel auf dem Spiel. Und da kann
ich ihn wirklich nicht gebrauchen. Siehst du das ein?«
    »Klar«, flüsterte ich.
    »Gut«, knurrte er zufrieden.
»Ich seh ’ dich dann — morgen früh.«
    Ich legte behutsam auf und
zündete mir eine neue Zigarette an. Dann betrachtete ich nachdenklich das
Porträt von Emerson Reid.
    »Was, zum Kuckuck«, fragte ich
ihn, »tust du zur Zeit in Honolulu?« Leider gab das ölgemalte Haupt keine
Antwort. Vielleicht hatte ich mich auch getäuscht — vielleicht war es gar nicht
Reid gewesen, der eben angerufen hatte.
     
     
     

2
     
    Die Hauoli Bar glich Joe's Bar, die am
südlichen Ende der Insel lag und wo die meisten Bungalows standen, aufs Haar.
Die gleiche Atmosphäre herrschte hier wie dort, die Mischung aus abgestandener
Luft und kaltem Zigarettenqualm.
    Ein höflicher Ober wies mir
einen kleinen Ecktisch an und brachte mir Gin mit Tonic. In einer
Viertelstunde, meinte er, beginne die Floor Show, und die Tänzerin Ulani sei mehr wert als
alle anderen Attraktionen der Insel zusammengenommen. »Ich meine«, erklärte er
mit todernstem Gesicht, »sie ist eben ihr Geld wert.«
    Geld war das Stichwort. Ich
holte eine Zehndollarnote aus meiner Brieftasche, strich sie liebevoll glatt
und gab sie ihm.
    »Sir?« fragte er tiefsinnig.
»Bedeutet das elf weitere Gin mit Tonic?«
    » Ulani ist mit Freunden von mir befreundet«, klärte ich ihn auf. »Und ich möchte sie
gern sprechen, wenn sie mit ihrer Show fertig ist. Wenn Sie so freundlich
wären, ihr das
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