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Hütet euch vor Harry

Hütet euch vor Harry

Titel: Hütet euch vor Harry
Autoren: Jason Dark
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erwiderte die Horror-Oma flüsternd. »Sie liegt in ihrem Bett, ist so bleich wie eine Leiche, und wenn sie spricht, dann redet sie von einer unheimlichen Gefahr, die noch nicht sieht, aber spürbar ist und die sich über unseren Köpfen zusammenbraut, wobei wir sie nicht sehen können. Wir wissen also nicht, wie wir ihr begegnen sollen, das ist das Problem.«
    »Und sie leidet darunter.«
    »Du kannst dir nicht vorstellen, John, wie sehr sie leidet. Sie bekommt hin und wieder regelrechte Anfälle, dann stöhnt oder schreit sie. Andererseits verfällt sie ihn Apathie und erklärt, daß wir dagegen sowieso nichts machen können. Ich habe Jane noch niemals so erlebt, John. Das erschreckt mich schon.«
    »Ja, kann ich mir denken.«
    Die Horror-Oma strich über ihr eisgraues Haar. »Und es hat auch keinen für mich erkennbaren oder ersichtlichen Grund gegeben, der sie in diesen Zustand hätte versetzen können. Das ist alles so unerklärlich, so völlig anders und aus der Reihe. Ich komme da nicht mit. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.« Sie bewegte sich so heftig, daß die von ihrer Brust baumelnden Ketten klirrten.
    Die waren so etwas wie ein Markenzeichen der Sarah Goldwyn.
    Ich wußte, daß Janes kleines Reich in der ersten Etage lag, und schaute die schmale Treppe hinauf. »Sie liegt in ihrem Zimmer, denke ich.«
    »Ja.«
    »Dann laß uns hochgehen.«
    Ich wollte vorgehen, aber Lady Sarah hielt mich fest. »Bitte, John, sei rücksichtsvoll.«
    »Natürlich.«
    »Sie kann recht haben. Es ist möglich, daß sich ein schleichendes Grauen auf uns zubewegt und daß gerade sie es merkt, weil tief in ihr noch alte Hexenkräfte schlummern und sie doch sehr sensibilisiert ist. Aber das weißt du ja.«
    Ich lächelte Sarah Goldwyn zu. Sie trug ein buntes Sommerkleid. Die Farben waren zwar gedeckt, aber nicht jede Frau in ihrem Alter hätte sich so gekleidet. Sie war eben etwas Besonderes. Nicht nur, was ihr Hobby anging, denn sie beschäftigte sich mit allem, was zu den Begriffen Grusel, Fantasy, Okkultismus paßte. Ihre Bibliothek war ebenso ungewöhnlich wie ihre Videothek, und sie war mir schon mehr als einmal bei meinen Fällen eine große Hilfe gewesen, wobei dann noch hinzukam, daß sie zu den Personen zählte, die ihre Nase immer in andere Dinge steckten und die schon mehr als einmal in Lebensgefahr geraten waren.
    Vor ihr ging ich die Stufen hoch, wo der Läufer meine Schritte dämpfte.
    Das Haus war alt, aber sehr gepflegt, ein richtiges Kleinod, und die Treppe bestand noch aus Holz.
    Die große Hitze hatte sich für ein paar Tage verabschiedet. Draußen war es kühler geworden, und diese Kühle hatte sich auch innerhalb des Hauses ausgebreitet, so daß ich von angenehmen Temperaturen sprechen konnte. Ganz oben, unter dem Dach, hatte die Horror-Oma ihr Archiv ausgebaut, eine wahre Fundgrube war es geworden, so hoch aber brauchte ich nicht zu gehen, denn Jane lebte in der ersten Etage, wo sie auch ein Bad und eine Dusche ihr eigen nannte.
    Ich blieb vor der hell gestrichenen Holztür stehen, klopfte zweimal an, erhielt aber keine Antwort. »Schläft sie?«
    Sarah Goldwyn, die neben mir stand, hob die Schultern. »Ich – ich weiß es nicht. Für mich befindet sie sich jetzt im Zustand der Ruhe, den ich aber auch nicht mag. Bei ihr ist alles zu einem Extrem geworden, das finde ich furchtbar.«
    Da Jane auf mein Klopfen nicht reagiert hatte, öffnete ich die Tür und schob mich über die Schwelle.
    Ein helles, freundliches Zimmer, das momentan ein wenig von dieser Atmosphäre verloren hatte, denn vor die beiden Fenster waren die Stores vorgezogen worden, und es sickerte nur wenig Tageslicht in den Raum, das aber das Bett erreichte. Jane Collins lag auf dem Rücken.
    Sie sah so aus, als wäre sie schon gestorben. Im ersten Moment erschreckte mich ihr Anblick so stark, daß ich mich innerlich verkrampfte.
    Da ich stehengeblieben war, drückte Sarah ihre Hand gegen meinen Rücken und schob mich vor.
    »Geh ruhig hinein, John. Ich habe es auch getan und mich an ihren Zustand gewöhnt.«
    Ich trat über die Schwelle. Sarah folgte mir. Sie schloß leise die Tür, während ich auf Janes Bett zuging, davor stehenblieb und mich dann niedersetzte. Ich nahm auf dem Stuhl Platz, der neben dem Bett stand.
    Schräg konnte ich in das bleiche Gesicht der Detektivin schauen, das für mich etwas Schlimmes an sich hatte, denn so kannte ich Jane Collins nicht.
    Das blonde Haar hatte sie sommerlich kurz schneiden lassen, und es
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