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Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Keri Arthur
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Minuten hatte .
    Als ich vorsichtig ein paar wirre braune Haarsträhnen aus ihrem Gesicht strich, spürte ich deutlich ihre kalten Wangen unter meinen warmen Fingerspitzen. Wieso war bei der Abteilung keine Vermisstenanzeige eingegangen? Die Cops gaben routinemäßig alle Anzeigen weiter, die mit der Entführung oder dem Verschwinden von Personen zu tun hatten, denn junge oder schwache Personen waren leichte Beute für ungehobelte Vampire. Natürlich steckten hinter einem Großteil der Anzeigen keine Vampire, aber die Abteilung überprüfte dennoch jede einzelne, um nicht die ein oder zwei Prozent zu übersehen, in die sie doch verwickelt waren.
    Vielleicht hatte die Entführung erst kürzlich stattgefunden. Vielleicht hatten die armen Eltern noch nicht einmal bemerkt, dass ihr kleines Mädchen verschwunden war.
    Was für ein grauenhafter Morgen, wenn ein Beamter auf der Türschwelle stand und dir erklärte, dein Baby sei entführt und ermordet worden.
    Ich biss mir wieder auf die Lippe und kämpfte mit der aufsteigenden Wut und den Tränen. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass meine Gefühle nicht nur mit der schrecklichen Situation zu tun hatten, sondern auch damit, dass ich selbst keine Kinder bekommen konnte. Dass ich nie erleben würde, wie Leben in meinem Bauch heranwuchs. Auf diesem Gebiet waren meine Vampirgene dominanter als meine Wolfsgene und machten mich zu einem Maulesel. Ich war nicht einfach nur unfruchtbar, ich konnte in meiner Gebärmutter kein Leben austragen. Es gab allerdings die Möglichkeit, dass jemand anders ein Kind für mich austrug. Denn man hatte einige Eier, die ich eingefroren hatte, getestet, und anscheinend waren sie lebensfähig. Aber diese Möglichkeit hätte ich gern vermieden.
    Klar, in meinem Körper fand immer noch ein Kampf statt, und niemand konnte mir sagen, wie er ausging, wie sich meine Vampirgene auf meine Zukunft auswirkten. Vielleicht wurde ich stärker zum Vampir als Rhoan, vielleicht aber auch nicht. Und noch etwas anderes trug zu diesem unsicheren Zustand bei  – das Zellen verändernde Medikament ARC1-23, das sich in meinem Blutkreislauf befand.
    »Gautier ist schon lange weg.« Rhoan tauchte so plötzlich aus der Dunkelheit auf, dass ich vor Schreck zusammenzuckte. Ich war so intensiv damit beschäftigt gewesen, dem kleinen Mädchen zu helfen. Wäre Gautier zurückgekehrt, hätte dieser Fehler uns beide das Leben kosten können.
    Rhoan trat zu uns, zog seine Jacke aus und reichte sie mir. Ich wickelte sie um den Körper des Mädchens. Sie wurde trotz Jacken und Pullover nicht wärmer. Vielleicht hatte sie zu viel Blut verloren.
    »Wieso macht er das?«, fragte Rhoan leise. »Das ergibt keinen Sinn.«
    Ich wischte eine Träne von meiner Wange und blickte zu ihm hoch. »Gautier ist ein Psychopath, und Psychopathen brauchen keinen guten Grund, um etwas zu tun.«
    »Gautier ist kein normaler Psychopath, und er tut nichts ohne guten Grund.«
    »Bislang war ihm der Spaß am Töten immer Grund genug.«
    »Und trotzdem hat er das kleine Mädchen nicht umgebracht. Um zu entkommen, brauchte er sie nicht. Gautier ist ziemlich selbstbewusst und davon überzeugt, dass er uns jederzeit problemlos entwischen kann.« Er deutete mit dem Kopf auf das Mädchen. »Er hat zugelassen, dass wir sie retten, obwohl es mehr zu ihm gepasst hätte, uns erst Hoffnungen zu machen und sie dann zu enttäuschen. Da steckt irgendetwas anderes dahinter.«
    Ich runzelte die Stirn. »Es passt aber zu ihm. Er will allen beweisen, wer der Beste ist. Wieso reicht das nicht als Grund? Wieso muss unbedingt noch mehr dahinterstecken ?«
    »Weil Gautier ein Killer ist. Es ist nicht logisch, dass er uns hierherlockt, uns dieses ›Spiel‹ vorschlägt und uns dann das Mädchen retten lässt.«
    Das wir noch nicht gerettet hatten. Ich richtete mich auf und sah auf meine Armbanduhr. Zwei Minuten noch, bis das Mica-Team hier sein wollte. Himmel, hoffentlich beeilten sie sich. Die Luft wurde kühler, und in der Dunkelheit dort drüben schien der Tod zu lauern. Ein echter dauerhafter Tod, kein Tod, der in Vampirgestalt herumlief.
    »Wenn du glaubst, dass er das mit dem Spiel nicht ernst meint, was steckt deiner Meinung nach dann dahinter?«
    »Oh, ich glaube, dass er das mit dem Spiel zum Großteil ernst meint, aber dass er uns damit gleichzeitig ablenken will.«
    »Er hat gesagt, dass er den wahren Mörder kennt.«
    »Das könnte gelogen sein. Muss aber nicht.«
    »Es hörte sich nicht wie eine Lüge
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