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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung
Autoren: L. A. Weatherly
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meinen Hals küsste. Ich wusste, dass uns das Bild der verwüsteten Stadt bis an unser Lebensende verfolgen würde – dass es uns noch jahrelang in unseren Albträumen heimsuchen würde – aber fürs Erste schien unsere wiedergefundene Zweisamkeit den Wahnsinn auf Abstand zu halten. Sie kam uns vor wie der Inbegriff von Normalität, gesegneter, heilsamer Normalität.
    Im Moment sprach keiner von uns, das war auch nicht nötig. Später, ja später würden wir miteinander reden. In den folgenden Tagen kam alles zur Sprache – Alex’ größte Angst, die von Anfang an immer darin bestanden hatte, dass seinem Team etwas zustoßen würde; welche Furcht mir das Verhalten meines Engels eingejagt hatte, und ich mich ihm trotzdem nicht anvertrauen konnte. Dass es doch nicht Sophie gewesen war, die meine Mutter beschützt hatte – was mich derartig in Panik versetzte, als ich es erfuhr, dass ich mich wieder und wieder vergewissern musste, dass sie wohlauf war, selbst wenn wir keine Ahnung hatten, wo sie war oder bei wem. Alex’ alte Schwärmerei für Kara, und wie sie ihn im AK-Haus geküsst hatte; mein eigener Kuss mit Seb. Meine Freundschaft mit Seb, die für alle Ewigkeiten Bestand haben würde – was für Alex mittlerweile in Ordnung war. Wie sich herausstellte, hatte er seine Meinung in dieser Hinsicht bereits in der Nacht des Terroranschlags geändert, als er mich für tot gehalten und stundenlang nach mir gesucht hatte. Was die Dinge für ihn »ins richtige Licht gerückt hatte«, wie er sagte.
    Über all das würden wir später sprechen, wir würden vom Hundertsten ins Tausendste kommen, und sie aus jedem nur möglichen Blickwinkel betrachten, um mit ihnen fertigzuwerden. Aber fürs Erste zählten nur wir beide, zusammen im Zelt. Die Weichheit der Schlafsäcke, die Wärme unserer Körper.
    Endlich war auch die letzte Glut des Lagerfeuers beinahe heruntergebrannt, Dunkelheit umhüllte das Zelt. Es war schon lange her, dass wir gehört hatten, wie Seb und Sam sich im Geländewagen schlafen legten. Die Welt war still. Alex rollte sich auf die Seite, stützte sich auf seinen Ellenbogen und blickte im Halbdunkel auf mich herunter. Der Ausdruck in seinen Augen war genauso ernst wie damals, als er mir zum ersten Mal gesagt hatte, dass er mich liebte. Er nahm meine Hand und küsste meine Handfläche. Seine Lippen pressten sich an meine Haut … und mein Herz fing an zu rasen. Ich wusste, was er sagen wollte, noch bevor er es aussprach.
    »Hör mal, Willow …« Er strich eine meiner Haarsträhnen zurück. »Ich weiß, dass wir warten wollten, bis alles perfekt ist, aber …«
    »Es ist perfekt«, unterbrach ich ihn. Ich berührte sein Gesicht. »Wir sind hier, zusammen. Was könnte perfekter sein?«
    Alex sagte nichts, aber als er sich zu mir herunterbeugte und mich küsste, traf mich ein Schwall seiner Emotionen und angesichts ihrer Intensität stockte mir der Atem. Dann zog er sich zurück und reckte sich zum Fußende des Zeltes. Ich setzte mich auf und bewunderte seinen gut gebauten Körper, während er in seine Tasche griff und etwas hervorholte.
    Er kam wieder nach oben und legte die kleine Schachtel, die er in der Hand hatte, auf die Seite – der Ausdruck in seinen Augen, als er sich mir wieder zuwandte, fuhr mir mitten ins Herz. Alex. Oh Alex. Ich schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn zu mir herunter. Sein Herz klopfte ebenso heftig wie meins.
    »Nein, warte«, murmelte er auf einmal. Er richtete sich auf, griff in den Haufen mit unseren Sachen und fummelte in der Hosentasche der grauen Hose, die er getragen hatte, herum.
    »Setz dich mal hin«, sagte er weich. Ich tat es, mit einem leisen Rascheln glitt der Schlafsack von meinen Schultern. Ich sah es in seiner Hand silbern aufblitzen und meine Augen wurden groß.
    »Du hast sie aufgehoben«, hauchte ich. Ich berührte die kühlen Facetten meines Anhängers, als er mir die Kette wieder um den Hals legte. Fest schlossen sich meine Finger darum. »Ich dachte … du würdest sie wegschmeißen, oder …«
    »Ich hab’s versucht. Ich konnte sie nicht zurücklassen.« Er ließ einen Augenblick lang die Hände an meinem Hals ruhen, legte die Stirn an meine Stirn. »Willow, im Moment ist alles unsicherer als je zuvor«, sagte er schließlich. »Aber ich liebe dich. Solange ich lebe – ob nun fünfzig Jahre oder nur bis Ende nächster Woche – ich liebe dich.«
    Ich konnte fast nicht sprechen. »Ich liebe dich auch«, sagte ich. Ich küsste ihn, unsere Lippen
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