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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)
Autoren: Mark Twain
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stand auf und holte den Brief irgendwo her, wo er ihn hingelegt hatte, und gab ihn ihr.
    Sagt sie: »Ach, der ist ja von Petersburg, Das amerikanische Petersburg am Mississippi. der ist von der Schwester!«
    Ich denk', nun wird dir wieder einmal ein kleiner Spaziergang guttun, konnte mich aber nicht vom Fleck rühren, so war mir der Schreck in alle Glieder gefahren. Ehe sie den Brief aber ganz geöffnet hatte, ließ sie ihn fallen und rannte der Türe zu – sie hatte durchs Fenster etwas gesehen. Ich aber auch. Dort wurde Tom Sawyer auf einer Matratze dahergeschleppt, und dahinter kamen der Doktor und dann Jim in ihrem Kattunkleid, mit den Händen auf den Rücken gebunden, und sonst noch eine Masse Leute. Ich stürzte erst auf den Brief los und warf ihn hinter ein Möbelstück. Tante Sally rannte indessen auf die Matratze los, stürzte sich über Tom und schrie und jammerte: »Ach Gott, er ist tot, er ist tot; gewiß ist er tot!«
    Tom drehte jetzt den Kopf und murmelte etwas Unzusammenhängendes; man sah, er hatte Fieber, und da schlug sie die Hände überm Kopf zusammen und jubelte: »Er lebt, Gott sei Dank, er lebt! Weiter brauch' ich nichts zu wissen!« Und sie küßte Tom ganz flüchtig und rannte dann ins Haus zurück, um sein Bett zurechtzumachen; bei jedem Schritt, den sie vorwärts stürzte, flogen ihr die Befehle nur so nach rechts und links von den Lippen, und Nigger und Dienstleute und alles rannte hinter ihr drein wie die wilde Jagd.
    Ich schlich hinter den Männern her, um zu sehen, was sie mit Jim anfangen würden, und der Doktor und Onkel Silas folgten Tom ins Haus. Die Männer schienen sehr aufgebracht, und einige sprachen sogar davon, Jim zu töten, ihn baumeln zu lassen, all den anderen Niggern zum warnenden Exempel, damit die sich's nie einfallen ließen durchzubrennen, wie's Jim getan, und dabei alles so durcheinanderzubringen und eine ganz ehrbare Familie wochenlang in Angst und Aufregung zu versetzen. Andere rieten davon ab und sagten: »Tut's ja nicht, es ist ja nicht unser Nigger, und wenn sein Herr einmal auftaucht, der läßt ihn sich teuer bezahlen.« Das kühlte die Hitzköpfe ein wenig ab, denn die, die am schnellsten dabei sind, einen Nigger zu henken, wollen am wenigsten davon wissen, dafür bezahlen zu müssen, wenn einmal die Hitze verflogen ist.
    Aber fluchen taten sie auf Jim, und immer ab und zu bekam er einen ordentlichen Puff an den Schädel oder einen Tritt oder sonst irgendeine liebenswürdige Aufmerksamkeit. Der aber sagte kein Wort, tat auch gar nicht, als ob er mich kennte, und sie schleppten ihn in seine alte Hütte, zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an, brachten die Ketten und fesselten ihn, diesmal nicht an den Bettpfosten, sondern an einen schweren Block, der in den Boden der Hütte eingetrieben wurde, und banden seine Hände und beide Beine und sagten, er solle von jetzt an nichts bekommen als Brot und Wasser, bis sein Herr käme oder er versteigert werden würde, wenn der sich nicht zu rechter Zeit einstelle, und füllten unser Loch auf und meinten, ein paar Männer müßten nun immer nachts bei der Hütte Wache stehen, und bei Tage müsse eine Bulldogge an der Türe angebunden werden.
    Als sie endlich fertig geworden waren, nahmen sie mit ihren Fußspitzen der Reihe nach Abschied von Jim; auf einmal erscheint der alte Doktor und sagt: »Hört, Leute, behandelt den Kerl nicht schlechter als nötig ist, denn es ist kein schlimmer und kein böser Nigger. Als ich dort aufs Floß kam und den Jungen fand und sah, daß ich ohne Hilfe die Kugel nicht herausbringen würde, und doch keine Hilfe nah und fern zu entdecken war, und ich den Burschen auch nicht allein lassen konnte, um zu sehen, ob ich jemanden auftreiben könnte, denn er wurde schlimmer und schlimmer und fing schließlich an zu toben und wollte mich nicht heranlassen und sagte, wenn ich mit Kreide ein Zeichen ans Floß machte, dann würde er mich töten und dergleichen Unsinn mehr; als ich mir da gar nicht mehr zu helfen wußte und schließlich laut vor mich hinspreche: ›nun muß ich Hilfe haben, koste es, was es wolle‹, da, Leute, da, sag' ich euch – stand plötzlich der Nigger dort vor mir, wie aus dem Boden gezaubert, und er hat mir geholfen, ohne viel zu reden, und zwar wacker geholfen! Natürlich wußte ich gleich, daß er irgendwo durchgebrannt sein müsse. Da saß ich nun! Was blieb mir übrig, als ruhig auszuharren den ganzen Tag über und die Nacht dazu. Das war eine Klemme, sag' ich euch! In
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