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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)
Autoren: Mark Twain
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der Stadt warteten meine Patienten auf mich, was sollten die denken, und doch mußte ich bleiben, denn ich wagte nicht wegzugehen, aus Furcht, der Nigger könnte ausreißen und ich bekäme hinterher Vorwürfe. Ein Schiff, das ich hätte anrufen können, wollte auch nicht in die Nähe kommen, und so ließ ich es denn bleiben und immer bleiben, bis zum Tagesanbruch, diesem Morgen. Nie aber habe ich einen Nigger gesehen, der treuer und besser gepflegt hätte als der dort, und doch setzte er dabei seine Freiheit aufs Spiel und schien so müde, so todmüde; er muß furchtbar abgearbeitet worden sein in den letzten Wochen. [Fußnote: An dieser Stelle fehlen einige Worte im Buch. Sinngemäß ergänzt. Re.] Er war mehr als tausend Dollar wert und eine gute Behandlung obendrein. Ich hatte dort alles, was ich brauchte, und der Junge auch, besser vielleicht als zu Hause, denn es war so ruhig und still, wie gemacht für einen Kranken. Aber der Boden brannte mir doch unter den Füßen bei meiner Verantwortung für die beiden, und wochenlang konnte ich nicht bleiben; na, da kamen uns dann endlich ein paar Männer in einem Boot nahe genug, um sie anzurufen. Zum Glück saß der Nigger gerade am Steuer, mit dem Kopf auf den Knien, und war fest, fest eingeschlafen. So winkte ich ihnen denn, leise zu sein, und sie fielen leise über ihn her und banden ihn, ehe er noch recht die Augen offen hatte, und so hatten wir gar keine Last mit ihm. Und da der Junge gleichfalls schlief, machten wir das Floß leise los, ruderten es dem Ufer zu und legten's dort fest, ohne daß einer von den beiden sich nur rührte, der Nigger hatte sich nicht gemuckst, keinen Laut von sich gegeben von Anfang an. Das ist kein schlimmer Kerl, meine Herren, glauben Sie mir's, ich hab's erprobt!«
    »Das lautet alles sehr gut und schön, Doktor, das muß ich sagen!« meinte einer.
    Die andern schienen auch ein wenig besänftigt, und ich war dem alten Mann herzlich dankbar für die Wohltat, die er Jim mit der Erzählung erwiesen, und ich freute mich, daß ich den armen Kerl von Anfang an richtig beurteilt hatte; ich wußte, er hatte ein gutes, ein weißes Herz in seiner schwarzen Brust. Und Jim profitierte auch davon, denn alle stimmten überein, er habe sich gut benommen und brav, und verdiene, daß man ihn drum lobe und belohne. Jeder versprach aufrichtig und von Herzen, dem armen Kerl keine Püffe mehr zu geben.
    Das war aber vorerst aber auch alles. Ich hatte gehofft, sie würden ihm eine oder zwei von seinen verdammt schweren Ketten abnehmen oder ihm Fleisch und Gemüse zu seinem Brot und Wasser erlauben; daran aber schienen sie nicht zu denken, und ich wollte mich lieber nicht dreinmischen, nahm mir aber fest vor, Tante Sally bei nächster Gelegenheit von des Doktors Erzählung zu sagen. Bei nächster Gelegenheit, das heißt, wenn ich erst die bösen Klippen umschifft hätte, die in meinem Wege lagen. Mit den Klippen meine ich nämlich die Aufklärungen, die ich Tante Sally zu geben haben würde über Toms Wunde.
    Zeit zum Besinnen hierüber hatte ich genug, Tante wich nicht vom Krankenbett, nicht bei Tag und nicht bei Nacht, und ich hielt mich in sicherer Entfernung, und sooft ich Onkel Silas irgendwo auftauchen sah, wich ich ihm schleunigst aus.
    Am andern Morgen hörte ich, Tom gehe es viel besser und Tante habe sich ein wenig hingelegt. Ich schlüpf' also in das Krankenzimmer und hoffte, ihn wach zu treffen und mit ihm etwas zu ersinnen, das alle kommenden Kreuz- und Querfragen aushielt. Er aber schlief, und zwar ganz friedlich; sein Gesicht war blaß, nicht mehr so glutrot wie am Tag zuvor, als er ankam. So setzte ich mich also hin und wollte warten, bis er wach würde. Nach vielleicht einer Viertelstunde glitt Tante Sally plötzlich leise wie ein Geist herein, und da saß ich wieder fest! Sie winkte mir, still zu sein, und setzte sich zu mir und begann zu flüstern und sagte, wie dankbar wir alle sein könnten, Sid gehe es so viel besser und er schlafe nun schon lange so ruhig und so friedlich und sehe dabei immer besser und immer wohler aus und es sei zehn gegen eins zu wetten, daß er bei Besinnung wäre, wenn er nun erwache.
    Da saßen wir denn und warteten. Auf einmal schlug er die Augen auf und sah ganz klar und frei um sich und sagte: »Herrje, wie ist denn das, ich bin ja zu Hause? Wo ist denn das Floß?«
    »Das ist alles in Ordnung«, sag' ich.
    »Und Jim?« fragt er.
    »Der auch«, sag' ich; aber ganz so keck, wie ich beabsichtigt hatte, kam's doch
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