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Hotel in Flammen

Hotel in Flammen

Titel: Hotel in Flammen
Autoren: Stefan Wolf
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Erlenhofs.
    Isabel stand auf, trat zu einem Regal
im Hintergrund und öffnete einen ochsenblutroten Schmuckkoffer aus Leder. Sie
kramte darin und runzelte die Stirn.
    Jörg verdrehte die Gorilla-Augen, als
er seine Stiefmutter beobachtete. Dann bemerkte er Tims Blick und tat, als
fühle er sich ertappt. Er begann zu lächeln wie ein Bergsee, der zum Baden
einlädt.
    „Was suchst du denn, Mutter?“
    „Meinen Diamantring. Den Einkaräter.
Gestern habe ich ihn hier reingelegt.“
    „Oder verlegt. So was soll vorkommen.“
    Isa klappte den Schmuckkoffer zu.
    „Jörg spielt an auf meine Zerstreutheit“,
erläuterte sie. „Leider sind meine Nerven nicht mehr die besten. Tatsache ist,
daß ich den Ring schon dreimal vermißt habe. Aber Jörg hat eine Nase wie ein
Goldgräber. Und ihn jedesmal gefunden.“
    „Zufall“, meinte er und schnitt eine
Grimasse. Vermutlich sollte die Gesichtsverrenkung Bescheidenheit ausdrücken. „Hier
kommt nichts weg. Er taucht schon wieder auf.“
    „Wie sieht denn der Ring aus?“ fragte
Gaby. „Falls wir über ihn stolpern.“
    „Das Gold ist als Band gearbeitet“,
erklärte Isa, „also ziemlich breit, der Brillant einkarätig, wie gesagt, und
hat bezauberndes Feuer. Es sind nur minimale Einschlüsse drin. Die Farbe ist
Wesselton-Weiß, die Politur gut, die Symmetrie sehr gut, die Lumineszenz (kaltes
Leuchten ) deutlich.“
    „Jetzt wissen wir’s“, lachte Gaby. „Aber
Ring ist Ring. Übersehen werden wir ihn nicht.“
    „Wenn ich ihn das nächste Mal finde“,
feixte Jörg, „beanspruche ich Finderlohn.“
    Schau an! dachte Tim. Läuft es darauf
hinaus?
    Aber Isabel rückte den Gemeinsinn ihres
Stiefsohns gleich zurecht. „Soweit kommt’s! Nichts kriegst du! In unserer
Kleinst-Gemeinschaft wird so was nicht eingeführt.“
    Ihn ließ das unberührt. Er stand auf,
sagte, er müsse nochmal zur Werkstatt und schlurfte hinaus.
    „Er ist Azubi bei einer Kfz-Werkstatt“,
erklärte Isa. „Hat viel frei, weil die nicht ausgelastet sind. Ich hätte ihn
gern ins Hotelfach genommen. Aber das interessiert ihn noch weniger als die
jetzige Lehre. Vorher war er bei einer Großhandelsfirma, hat dann abgebrochen,
weil es ihm nicht gefiel. Es stimmt zwar, daß die Berufsaussichten heutzutage
trübe sind. Doch man muß wenigstens wissen, was man will.“
    Nach Augenblicken des Schweigens sagte
Tim: „Hoffentlich taucht dein Ring wieder auf.“
    Isabel schürzte die Lippen. „Wenn mein
geschiedener Mann noch hier wäre, würde ich ihn des Diebstahls bezichtigen. Er
hat mich mehrfach bestohlen und die Schmuckstücke dann heimlich beim Juwelier
Friedheim versetzt, diesem Gauner.“ Hm! dachte Tim. Dieser Valentin Köschen war
offenbar blöder als blöd. Heiratet in ein Hotel ein, setzt sich ins gemachte
Bett und — statt dem Schicksal zu danken — kramt er dann die Schattenseiten
seines Charakters hervor. Faulenzt, trinkt, stiehlt — und zack! sitzt er
draußen. So ein Hirni! Andere Typen würden sich die Finger bis zum Ellbogen
lecken — könnten sie eine Edelmutter wie Isa erobern.
     
    *
     
    Es begann zufällig, war aber typisch
für einen Ganoven wie Oswald Grimp, der immer lauerte: auf Gelegenheiten wie
diese. Um einen Hunderter in kleine Scheine zu wechseln, ging er an diesem
Nachmittag durch die Halle des Erlenhof’s — zum Empfang.
    Äußerlich sah man Grimp den Ganoven
natürlich nicht an. Er war schnieke gekleidet, modisch und legte Wert auf
gediegene Muster. Vor allem bei den Krawatten.
    In seinem Gaulgesicht fielen nur die
großen Zähne auf — und der stechende Blick. Auf dem Schädel hatte er wenig
Haare, aber in den Ohren wuchsen sie wie Unkraut.
    Der Empfang befand sich nahe dem
Portal, etwas versteckt hinter Kübelpalmen, also abgetrennt von der Halle.
Vermutlich sollte die Geschäftsmäßigkeit nicht bis zu den Sesselgruppen
dringen.
    Hinter dem Tresen der Rezeption ( Hotelempfang )
kümmerte sich ein gewisser Glattfeldt um alles: um die Ankunft der Gäste,
Rechnungen, Kreditkarten, Post, besondere Wünsche.
    Er war ein füchsischer Typ mit flinken
Händen. In dem Büro hinter ihm tickte ein Fernschreiber.
    Vor Grimp war ein anderer Gast an der
Reihe, ein affiger Mensch im lichtblauen Outfit. Zweifellos hatte er sich die
Haare gefärbt — und zwar goldblond. Daß er künstliche Locken trug, war
selbstverständlich. Unter einer Heimsonne hatte er sich das Gesicht fast
verkohlt, jedenfalls war er dunkelbraun.
    Erst mit dem zweiten Blick stellte
Grimp fest, daß
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