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Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)

Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)

Titel: Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)
Autoren: Timothy Stahl
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das, was da mit ihm geschah … Und was mit seinen Eltern geschehen war, die ihm zu Hilfe kommen wollten und denen selbst nun niemand mehr helfen konnte. Sie lagen nicht weit von ihm entfernt auf dem Dielenboden, und ihr Blut rann in den Ritzen des alten Holzes wie durch winzige Bachläufe auf Eric zu. Ihr Blut war alles, was sich noch bewegte. Ihre leblosen Körper lagen so, dass ihre glasigen, weit aufgerissenen Augen zu ihm herglotzten – als wollten sie ihm immer noch helfen, aber als wären auch sie vor Grauen erstarrt, genau wie er. Er konnte nichts weiter tun, als die Tortur über sich ergehen zu lassen und zu hoffen, dass er tot sein würde, bevor der Schmerz ihn einholte.
    Auch im Traum hörte er jetzt wieder das Schmatzen. Es klang wie das eines fressenden Schweins. Den Traum hatte er natürlich längst als solchen entlarvt. Er hatte ihn oft genug geplagt in den zwölf Jahren seit jener Nacht, in der dieser Albtraum Wahrheit gewesen war. Die Träume davon waren wie Echos der damaligen Wirklichkeit, die nie verklingend in ihm nachhallten, mal lauter, mal leiser. Aber er hätte diese Nacht und ihre grauenhaften Geschehnisse auch dann nicht vergessen, wenn die Echos verklungen wären und die Träume aufgehört hätten. Wer einmal bei vollem Bewusstsein gespürt hatte, wie die Hand eines Fremden in den eigenen Eingeweiden wühlte, vergaß das nie. Auch dann nicht, wenn er zu dem Zeitpunkt gerade mal acht gewesen war.
    »Wo ist es denn? Wo ist es denn bloß?«, hörte Eric den Mörder ungeduldig flüstern und hecheln. Was er auch suchte, in Erics Bauch hatte er es nicht gefunden. Also machte er sich an anderer Stelle von Erics Körper auf die Suche danach und setzte das Messer von Neuem an – aber bevor ihm die Klinge dort ins Fleisch fuhr, wachte Eric Gott sei Dank auf. Trotzdem wusste er natürlich noch, wo der Mörder als Nächstes gesucht hatte – und wo anschließend. Und danach. Eric konnte kaum eine Bewegung machen, die ihn nicht auch heute noch daran erinnerte, wo überall der Mörder ihn aufgeschnitten und praktisch sein Innerstes nach außen gekehrt hatte.
    Wonach er jedoch gesucht hatte, das mochte allein der Teufel wissen.
*
    Nur Minuten nachdem Eric wach geworden war, stahl sich auch schon der Morgen blass durchs Fenster herein und versah die Wände des Zimmers wie mit einem Anstrich aus Aquarellfarben. Als er aufstand, die Vorhänge aufzog und alles Licht und das bisschen Wärme, das es mitbrachte, hereinließ, schien der Mount Baker mit seinem eisbedeckten Gipfel fast zum Greifen nah. Obwohl er in Wirklichkeit natürlich, wie an jedem anderen Morgen, zig Meilen entfernt war, auf dem Festland östlich der San Juan Islands. Trotzdem hatte Eric das unbestimmte Gefühl, dieser seltene Anblick sei ein Zeichen. Zumal in Verbindung mit dem Albtraum, der inzwischen auch eher selten geworden war.
    Er fror, wie immer am Morgen und nicht nur infolge des Traums – dass er Eric nicht mehr, wie anfangs, jede Nacht heimsuchte, hieß keineswegs, dass er auch nur ein Quäntchen seiner schauderhaften Wirkung verloren hatte. Frieren war für Eric ein Synonym für Schmerzen. Jeder Quadratzoll seiner Haut tat ihm weh, wenn er fror. Und als er sich fröstelnd auf die mühsame Suche nach seinem dicken, weichen Morgenmantel machte, schwor er sich, das gute Stück fortan nicht mehr achtlos dem Chaos in seinem Zimmer zu überantworten, sobald ihm warm genug war, sondern es sorgsam aufzuhängen, sodass er es in der Früh gleich griffbereit hatte. Ein Schwur, den er nicht zum ersten Mal leistete, und auch heute wieder vergessen haben würde, sobald er sich so weit aufgewärmt hatte, um es zu wagen, seinen Pyjama auszuziehen, damit er dann eine halbe Stunde lang siedend heiß duschen konnte. Anderen hätte sich danach die Haut vom Fleisch geschält; seine rötete sich kaum. Mochte sie einerseits auch höchst schmerzempfindlich sein, war sie andererseits doch fast taub.
    Immerhin hatte die Suche nach dem Morgenmantel den angenehmen Nebeneffekt, dass damit ein bisschen Ordnung in das Durcheinander aus allen möglichen und unmöglichen Sachen kam, die er in seinem Zimmer hortete. Haven House mochte zwar ein erstklassiges Sanatorium für Traumapatienten sein, ein Putzdienst gehörte allerdings nicht zum Service. Für die Sauberkeit in seinen temporär eigenen vier Wänden war jeder selbst verantwortlich. Schließlich wollte man die Patienten hier nicht der Wirklichkeit draußen ent wöhnen, sondern sie vielmehr wieder daran
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