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Horror Factory - Pakt Mit Dem Tod

Horror Factory - Pakt Mit Dem Tod

Titel: Horror Factory - Pakt Mit Dem Tod
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Erinnert ihr euch noch an den Kerl, der mir damals geholfen hat, am ersten Tag?«
    Frank glotzte nur weiter, doch Matthew dachte einen Moment lang mit angestrengtem Gesichtsausdruck nach und nickte dann sehr langsam.
    »Die Rothaut, die sich eingemischt hat«, sagte er. »Ja, ich erinnere mich. Was wollte er?«
    »Mich fotografieren«, antwortete Herman. »Er hat sich auch noch an mich erinnert, obwohl es so lange her ist. Zuerst hab ich gedacht, er wollte wegen damals Ärger machen, aber dann hat sich herausgestellt, dass er nur ein paar Fotos von mir haben wollte.«
    »Du spinnst«, behauptete Frank. »Wer sollte denn ein Foto von dir haben wollen?«
    »Die feinen Leute aus der Stadt«, erwiderte Herman. »Sie zahlen eine Menge Geld für solche Bilder, hat Johnny gesagt.«
    »Johnny?«, wiederholte Matthew. »Ihr habt ja in der kurzen Zeit schon richtig dicke Freundschaft geschlossen, wie?«
    »Er ist Fotograf«, sagte Herman, ohne auf Matthews Worte einzugehen. »Ich glaube, er zieht von Stadt zu Stadt und fotografiert Häuser und Menschen und solche Sachen.«
    »Vor allem solche Sachen, ja«, sagte Matthew. »Ich kenne solche Bilder. Mein Vater hat ein paar davon in einer Kiste unter seinem Bett.«
    Frank kicherte, und Herman war fast schon ein bisschen erstaunt, wie leicht es ihm fiel, nicht auf die anzügliche Bemerkung des Jungen einzugehen. »Was genau meinst du denn mit solchen Fotografien?« , feixte Frank.
    »Und warum hast du ihm das Bein geklaut?«, wollte Matthew wissen. Er griff nun ebenfalls nach dem Holzbein, doch anders als zuvor bei Frank ließ Herman zu, dass er es in beide Hände nahm und ins Licht hielt, um das komplizierte Arrangement aus Lederriemen und Schnallen zu begutachten.
    »Hab ich nicht«, antwortete Herman. »Ich bringe es nachher zu Benson, nach der Kirche. Ich dachte nur, dass es euch vielleicht interessiert.«
    »Das alte Holzbein von einer Rothaut?«, fragte Frank abfällig. Ungeachtet dessen reckte er den Hals, um einen besseren Blick auf die hölzerne Prothese zu erhaschen.
    »Ich glaube, so schlecht ist dieser Johnny Two Horses gar nicht«, beharrte Herman.
    Da war etwas in der immerwährenden Dämmerung hinter Matthew, das sich zu regen schien; wie ein Hauch von Ungeduld, der zu ihm herüberwehte. So schnell? Er war doch gerade erst gekommen, und nach all diesen Jahren, was machten da schon noch einige wenige Minuten? Aber anscheinend war es so.
    »Und er hat wirklich Fotografien von dir gemacht?«, fragte Frank. »Erzähl mal, wie es war! Das hört sich spannend an!«
    »Eigentlich musste ich nur die ganze Zeit auf einem Stuhl sitzen und stillhalten.«
    »Und wie sind die Bilder geworden?« Matthew reichte ihm das Holzbein zurück, und Herman ignorierte Franks gierige Blicke genauso wie seine schon wieder vorschnellende Hand.
    »Das weiß ich noch nicht«, antwortete er. »Sie sind noch nicht fertig. Erst in einer Stunde. Ich soll wiederkommen, wenn die Kirche vorbei ist.«
    Das Gefühl von Ungeduld nahm zu. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit.
    »Dann musst du dich aber beeilen«, sagte Matthew. »Die Glocke hat schon einmal geläutet. Du kommst zu spät.«
    »Ich gehe heute nicht zum Gottesdienst.«
    Erst als es still wurde und Matthew und Frank ihn beide gleichermaßen ungläubig anstarrten, wurde ihm selbst klar, was er da gerade gesagt hatte. Er hatte den Gottesdienst in all den Jahren nur ein einziges Mal versäumt, als der Winter so hart gewesen war, dass sie für eine Woche nicht einmal das Haus verlassen konnten, geschweige denn sich auf den langen Weg nach Milton machen.
    Matthew sog heftig genug an seiner Zigarette, um das Ende wie ein blinzelndes Dämonenauge aufleuchten zu lassen. »Du gehst nicht zur Kirche?«, vergewisserte er sich. »Und da bist du sicher?«
    »Ganz sicher«, sagte Herman.
    »Dein Vater reißt dir den Kopf ab«, sagte Frank. Matthew fügte ein bekräftigendes Nicken hinzu und sog noch heftiger an seiner Zigarette. Rotes Licht floss wie leuchtendes Blut über sein Gesicht und ließ den Jungen binnen Sekunden um Jahrzehnte altern, und hinter ihm erwachte erneut ein gieriges Regen und Fordern in der Dunkelheit. Da war ein Scharren, wie von körperlosen Krallen, die sich durch Schattenwühlten, und für einen unendlich kurzen Moment, nicht einmal so lange wie ein Gedanke braucht, um zu entstehen und wieder zu verlöschen, schien auch Matthew etwas im Dunst zwischen den Dingen zu gewahren. Aber sein Interesse erlosch, noch bevor es ganz erwachen
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