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Horror Factory - Pakt Mit Dem Tod

Horror Factory - Pakt Mit Dem Tod

Titel: Horror Factory - Pakt Mit Dem Tod
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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genauso wehzutun. Herman schrie vor eingebildetem Schmerz auf, verlor endgültig das Gleichgewicht und schlug der Länge nach hin, wobei er sich nicht nur Handflächen und die Wange blutig scheuerte, sondern auch die Hose noch weiter aufriss. Der Schrei, der über seine Lippen kam, war eindeutig mehr der Angst vor seinem Vater geschuldet als dem brennenden Schmerz in seinen Handflächen und Knien.
    Er verlor nicht das Bewusstsein – dazu war er nicht einmal annähernd hart genug gefallen –, aber für einen Moment riss ihn der Strudel der Gefühle in einen Abgrund, in dem kein Platz für andere Sinneseindrücke mehr war. Als er nach einer gefühlten Ewigkeit wieder mehr als rote Schlieren und sinnlose Bilder reiner Angst sah, starrte er auf ein Paar grober Arbeitsschuhe, das unmittelbar vor seinem Gesicht aus dem Matsch der Straße wuchs. So voller Schlamm, wie sie waren (und vielleicht in naher Zukunft voll von seinem Blut), kamen sie Herman in diesem Moment schrecklicher als alles vor, was er jemals gesehen hatte; allerdings nur so lange, bis er den Kopf hob und in Matthews breites Grinsen hinaufsah. Vielleicht war es auch Frank; so aufgeregt und verstört, wie er war, vermochte er diesen Unterschied nicht mehr zu benennen.
    Matthew nahm ihm die Entscheidung ab, indem er sich an seinen Kumpan wandte, der hinter Herman stand. »Ich hab dir gesagt, dass der Kleine zur Kirche rennt, Frankie«, krähte er. »So dicke, wie er mit dem Reverend ist, wird er sich bestimmt hinter dem Altar verkriechen.«
    Er versetzte Herman einen derben Stoß mit der Schuhspitze, der nicht einmal besonders wehtat, ihm in seiner Angst aber trotzdem ein leises Wimmern abnötigte, und Frank antwortete im selben gehässigen Ton: »Wenn wir mit ihm fertig sind, dann passt er sogar unter den Altar, da wett ich drauf.«
    »Aber ich habe doch nur –«, wimmerte Herman und brach mitten im Satz wieder ab, als Matthew ihm einen zweiten und nun schon deutlich härteren Tritt versetzte, der jetzt nicht nur wirklich wehtat, sondern ihm auch die Luft nahm.
    »Ist mir egal, was du wolltest, Schweinejunge«, fauchte Matthew. »Wir mögen es hier gar nicht, wenn solche wie du herkommen und sich aufspielen, hast du das verstanden?«
    Als Herman nicht sofort antwortete (was er gar nicht konnte, denn er rang noch immer keuchend nach Atem), zerrte er ihn mit nur einer Hand und so mühelos in die Höhe, als wäre er so leicht wie eine junge Katze, schüttelte ihn ein paarmal wie eine ebensolche und schlug ihm dann mit der flachen Hand ins Gesicht. »Ob du mich verstanden hast?!«
    Herman hätte wohl nicht einmal geantwortet, wenn er es gekonnt hätte, spürte er doch, dass dieser Bursche ohnehin jedwede Antwort zum Anlass nehmen würde, ihn wieder zu schlagen. Er hob nur schützend die Hände vor das Gesicht und versuchte vergeblich, die Tränen zurückzuhalten, die ihm in die Augen schossen.
    Mindestens genauso groß wie seine Angst war seine Verwirrung – und das Gefühl der Hilflosigkeit. Das Schlimme war, dass er nicht einmal genau wusste, was er den beiden überhaupt getan hatte. Reverend Folsom hatte Matthew nach einem Bibelzitat gefragt, und Herman hatte ihn ganz automatisch verbessert, als er vollkommen falsch geantwortet hatte, und das war auch schon alles gewesen. Er hatte es ganz bestimmt nicht getan, um den älteren Jungen zu blamieren, den er praktisch gar nicht kannte, oder sich gar über ihn lustig zu machen, sondern ganz instinktiv, denn wenn er zu Hause nach einer bestimmten Bibelstelle oder einem Psalm gefragt wurde, den sein Vater ihn bereits gelehrt hatte, und falsch antwortete, dann drohte ihm zumindest eine eindringliche Gardinenpredigt, wenn nicht eine schlimmere Strafe, und nichts anderes, als Matthew dies zu ersparen, war der Grund seiner Einmischung gewesen.
    Das Ergebnis heute war allerdings ein allgemeines schadenfrohes Gelächter gewesen – und ein Blick aus Matthews plötzlich schmaler werdenden Augen, dessen wahre Bedeutung ihm erst klar geworden war, als der Unterricht endete und er und sein einen halben Kopf größerer Kumpan ihm draußen vor der Tür auflauerten. Natürlich nicht direkt vor der Tür – so dumm waren nicht einmal diese zwei –, sondern gerade weit genug von der Kirche entfernt, um nicht mehr von Reverend Folsom gesehen werden zu können, und gerade lange genug entfernt, damit sich die anderen Sonntagsschüler bereits verteilt und auf den Heimweg gemacht hatten. Erst im Nachhinein und auf halbem Wege seiner
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