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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien
Autoren: C. S. Forester
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Mendez-Castillo wahrte den gleichmütigen Ausdruck des vollendeten Diplomaten.
    »Ist er ein Landsmann von Ihnen, Sir?« drang Hornblower weiter in ihn.
    Aber Mendez-Castillo zog nur die Schultern hoch und breitete in ratloser Geste die Arme aus.
    »Wie sollte ich das ahnen, Mylord«, fragte er seinerseits. »Es geht mich schließlich nichts an. Im übrigen sagt man ja wohl zu Recht, die Kunst kenne keine Grenzen.«
    »Gewiß«, sagte Hornblower. »Wahrscheinlich ist das richtig.
    Heutzutage sind Grenzen überhaupt ein recht vager Begriff geworden. Ich kann mich zum Beispiel nicht einmal entsinnen, ob zwischen Ihrer Regierung und der meinen ein Abkommen über die Auslieferung von Deserteuren besteht.«
    »Das trifft sich wirklich seltsam!« rief Mendez-Castillo aus.
    »Ich habe mich erst vor wenigen Tagen über diese Frage informiert - ganz ohne besonderen Anlaß, Mylord - und habe dabei festgestellt, daß es kein Abkommen dieser Art gibt. Wohl ist es nicht selten vorgekommen, daß Deserteure ausgeliefert wurden, aber das war dann immer ein Akt des Entgegenkommens. Zu meinem größten Bedauern muß ich Ihnen jedoch sagen, Mylord, daß Seine Exzellenz seinen Standpunkt in solchen Fällen grundlegend geändert hat, seit - ein gewisses Schiff - die Estrella del Sur , deren Name Ihnen vielleicht noch erinnerlich ist, Mylord, unmittelbar vor unserem Hafen als Sklavenhändler aufgebracht wurde, und zwar unter Begleitumständen, die Seine Exzellenz besonders aufreizend fand.« Mendez-Castillo verriet nicht die leiseste Spur von Feindseligkeit oder Schadenfreude, als er das sagte. Er hätte im gleichen Ton über das Wetter reden können. »Nach Ihren Worten weiß ich die gütige und hilfsbereite Gastlichkeit Seiner Exzellenz nur um so höher einzuschätzen«, sagte Hornblower.
    Er wollte sich beileibe nicht anmerken lassen, daß er, bildlich gesprochen, soeben mit seiner eigenen Mine hochgegangen war.
    »Ich werde mich beeilen, Seine Exzellenz über Ihre liebenswürdige Äußerung zu unterrichten«, sagte Mendez-Castillo. »Es scheint mir jetzt an der Zeit, daß wir uns den vielen Gästen widmen, die alle darauf brennen, mit Eurer Lordschaft und Ihrer Ladyschaft bekannt zuwerden.« Als der Empfangsabend weiter vorgeschritten war, erschien Mendez-Castillo wieder bei Hornblower, diesmal mit einer Botschaft Ihrer Exzellenz, sie habe volles Verständnis dafür, daß sich Barbara vielleicht müde fühle, da sie ja nach ihrem Sturmerlebnis noch immer nicht ganz erholt sei. Ihre Exzellenzen würden es daher durchaus begreiflich finden, wenn Ihre Ladyschaft und Seine Lordschaft den Wunsch hätten, sich ohne förmlichen Abschied zurückzuziehen. Mendez-Castillo geleitete sie daraufhin zum entgegengesetzten Ende des Empfangssaals und von dort durch eine verborgene Tür zu einer Hintertreppe, über die sie in ihre Appartements gelangten. Die Zofe, die Barbara zugeteilt war, stand schon bereit, sie zu bedienen. »Bitte, schick das Mädchen weg«, sagte Barbara, »ich werde allein mit meiner Abendtoilette fertig.« Ihre Stimme war immer noch leise und tonlos. Hornblower sah sie ängstlich an, er fürchtete im Ernst, die laute Gesellschaft könnte sie überanstrengt haben. Aber er kam ihrer Bitte ohne Widerspruch nach.
    »Kann ich dir irgendwie behilflich sein, mein Schatz?« fragte er, als die Zofe gegangen war.
    »Bleib doch noch ein wenig bei mir, ich möchte gern mit dir reden«, gab ihm Barbara zur Antwort. »Natürlich, mit dem größten Vergnügen«, sagte Hornblower. Dennoch kam ihm dieses Tetea-Tete seltsam und nicht ganz geheuer vor. Er suchte nach einem Gesprächsstoff, um die Spannung zu lösen, die ihm in der Luft zu liegen schien:
    »Diese Geschichte mit Hudnutt ist mir immer noch ganz unfaßbar...»
    »Und ich wollte gerade über Hudnutt mit dir sprechen«, sagte Barbara. Ihre Stimme klang jetzt plötzlich rauh und belegt, dazu war ihre Haltung noch aufrechter und steifer als gewöhnlich, kein Rückgrat konnte je gerader gestreckt sein. Sie begegnete Hornblowers Blick mit einem starren Ausdruck, wie ein Soldat, der in militärischer Haltung sein Todesurteil erwartete.
    »Was hast du denn um Gottes willen, Schatz?«
    »Du wirst mich hassen«, sagte Barbara. »Niemals!«
    »Du weißt ja nicht, was ich dir sagen werde.«
    »Es gibt nichts, was du mir nicht...«
    »Sag das nicht!« unterbrach sie ihn. »Warte doch, bis du es weißt. Ich habe Hudnutt befreit. Ich habe ihm zur Flucht verholfen.«
    Ihre Worte trafen ihn wie ein
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