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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien
Autoren: C. S. Forester
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durchaus recht gehabt, daß er sie nicht verlassen wollte. Aber das war nun alles nicht mehr seine Sache. Er legte den Arm um Barbara, als sie sich vor Mattigkeit an ihn lehnte. Vom Boot führte sie der Weg durch einen Nebeneingang des Palastes, wo sie schon von aufmerksamem Dienstpersonal erwartet wurden. Hier stand auch Seine Exzellenz und eine dunkle wunderschöne Frau, seine Gemahlin, die Barbara sofort unter ihre Fittiche nahm. Hier gab es kühle, dunkle Zimmer und wieder neue dienstbare Geister, die in Befolgung der von Seiner Exzellenz herausgesprudelten Befehle eifrig ab und zu eilten. Es wimmelte von Lakaien, Zofen und Kammerdienern. »Dies hier ist Manuel, mein erster Kammerdiener, Exzellenz. Er wird alle Befehle Eurer Exzellenz ausführen, als kämen sie von mir persönlich. Mein Leibarzt ist bereits benachrichtigt und dürfte jeden Augenblick hier eintreffen. Meine Frau und ich werden uns jetzt zurückziehen und Eure Exzellenzen ruhen lassen. Wir möchten Eure Exzellenzen ausdrücklich unserer aufrichtigen Hoffnung versichern, daß Sie sich beide recht rasch und gründlich erholen werden.«
    Allmählich verflüchtigte sich die Menge der dienstbaren Geister. Aber Hornblower mußte sich dann noch einmal mit aller Gewalt seiner Müdigkeit entreißen, als der Arzt hereingeschossen kam, um ihnen die Pulse zu fühlen und einen Blick auf ihre Zungen zu werfen. Er brachte ein Etui mit Lanzetten zum Vorschein und traf alle Anstalten, um Barbara zur Ader zu lassen. Hornblower hatte die größte Mühe, ihn davon abzubringen, und brauchte dann noch einmal seine ganze Überredungskunst, um ihn daran zu hindern, daß er ihr als Ersatz dafür Blutegel ansetzte. Er ließ sich nun einmal nicht davon überzeugen, daß eine Blutentnahme die Heilung der Schrammen beschleunigen könnte, die Barbara davongetragen hatte. Zuletzt dankte er dem Arzt mit wohlgesetzten Worten und geleitete ihn mit einem Seufzer der Erleichterung aus dem Zimmer. Den Medikamenten, die der Doktor beim Abschied sofort zu schicken versprach, sah er allerdings mit einigem Vorbehalt entgegen. Die Zofen warteten schon darauf, Barbara von den wenigen Kleiderfetzen zu befreien, die sie am Leib trug.
    »Glaubst du, daß du gut schlafen kannst, Liebling? Oder soll ich dir noch irgend etwas verschaffen?«
    »Ich werde gewiß gut schlafen, Schatz.« Dann verwandelte sich ihr müdes Lächeln ganz unversehens in ein recht wenig damenhaftes, verschmitztes Grinsen. »Da hier außer uns beiden niemand Englisch versteht, kann ich dir ja offen sagen, daß ich dich liebe, mein Schatz. Ja, ich liebe dich, ich liebe dich mehr, als sich mit irgendwelchen Worten ausdrücken läßt.« Ob nun Dienerschaft um sie her war oder nicht, er ließ sich nicht abhalten, sie noch einmal fest zu küssen, ehe er im nächsten Zimmer verschwand, wo ihn bereits die Kammerdiener erwarteten. Sein Körper trug allenthalben noch offene Hautabschürfungen, die er sich zugezogen hatte, als ihn während des Sturms die Gewalt des Wassers gegen die Laschings warf, die ihn am Mast festhielten. Sie schmerzten ihn schauderhaft, als er jetzt mit warmem Wasser abgewaschen wurde. Er wußte wohl, daß Barbaras süßer, zarter Körper in genau der gleichen Weise gezeichnet war. Aber Barbara war jetzt in Sicherheit, sie war gewiß bald wiederhergestellt und vor allem anderen: Sie hatte ihm gesagt, daß sie ihn liebte - und - und, sie hatte noch viel mehr gesagt. Was sie ihm dort im überfluteten Deckshaus der Pretty Jane gestanden hatte, das war heilender, lindernder Balsam für eine seelische Wunde gewesen, die viel tiefer und schmerzhafter war, als die paar Schrammen, die er am Körper trug. Er schlüpfte noch in das seidene, mit einem kunstvollen Wappen bestickte Nachthemd, das ihm die Diener bereitgelegt hatten, und sank dann, dankbar für sein neugefundenes reines Glück, in die weichen Kissen. Die ersten Stunden schlief er tief und ruhig, dann aber, ehe noch der Morgen graute, weckte ihn das Gewissen. Er trat in der ersten Helle des Tages auf den Balkon hinaus und erblickte sogleich die Pretty Jane, wie sie, geleitet von einem Dutzend kleiner Fahrzeuge, langsam in den Hafen glitt. Im ersten Augenblick ärgerte er sich, daß er nicht mit an Bord war, aber dann fiel ihm wieder seine Barbara ein, die nach all den schweren Erlebnissen, die sie durchgemacht hatte, nebenan schlief.
    Den beiden standen jetzt schöne, glückliche Stunden bevor.
    Ihr tiefer, schattiger Balkon blickte über Hafen und See
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