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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien
Autoren: C. S. Forester
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Blitz aus heiterem Himmel. Es war, als ob in einer Totenflaute die Großmarsrah plötzlich und ohne Warnung aus ihren Hängern an Deck gefallen wäre.
    »Aber Schatz«, sägte er ungläubig, »du bist müde, warum willst du nicht...«
    »Du glaubst wohl, ich rede im Delirium?« fragte Barbara. Ihre Stimme klang ihm ebenso fremd wie das kurze bittere Lachen, mit dem sie ihre Worte begleitete. »Ach, ich könnte wirklich den Verstand verlieren. Jetzt ist es so weit, jetzt kann ich mein ganzes Glück begraben.«
    »Aber Liebling...«, sagte Hornblower. »Oh...!« stöhnte Barbara auf. In diesem einen Laut lag alle Liebe und Zärtlichkeit beschlossen, deren sie fähig war, und für einen Augenblick fiel auch ihre starre Haltung von ihr ab. Aber gleich darauf riß sie sich wieder zusammen und zog die Hände zurück, die sie schon nach ihm ausgestreckt hatte.
    »Bitte, hör mich doch an«, begann sie aufs neue. »Es ist in der Tat wie ich dir sagte: Ich habe Hudnutt befreit - ja, ich habe ihn befreit.«
    Es konnte keinen Zweifel mehr geben, was sie sagte, war ihr voller Ernst, ob es nun die Wahrheit war oder nicht. Und Hornblower stand vor ihr, unfähig, sich zu bewegen, und starrte sie wortlos an. Ganz allmählich kam er zur Erkenntnis, daß sie wirklich die Wahrheit gesprochen hatte. Diese böse Erkenntnis fraß alle seine ungläubigen Zweifel auf, die er so gerne genährt hätte, und als er den Tatbestand Stück für Stück aneinanderreihte, da war ihm, als ob er bei steigender Springflut eine Hochwassermarke über die andere setzen müßte.
    »Das Ganze spielte sich also in der letzten Nacht ab, die wir beide im Hause der Admiralität verbrachten?« fragte er. »Ja.«
    »Und da hast du ihn durch die Westpforte in den Garten gelassen?«
    »Ja.«
    »Dann hat dir Evans geholfen? Nur er hatte den Schlüssel.«
    »Ja.«
    »Und der Bursche, der Bonner, war natürlich auch mit im Spiel.«
    »Ja, du hast ihn ja stets für einen Gauner gehalten, jedenfalls lockte ihn das Abenteuer.«
    »Aber - woher kam denn die Witterung, der die Bluthunde folgten?«
    »Wir banden Hudnutts Hemd an einen Strick, und einer zog es dann die Straße entlang.«
    »Hm, so war das also.« Sie brauchte nicht selbst davon anzufangen - während er noch die letzten Worte sprach, dämmerte ihm bereits ein weiterer Zusammenhang. »Die zweihundert Pfund hatten wohl auch damit zu tun?«
    »Du meinst das Geld, um das ich dich bat?« sagte Barbara.
    Sie wollte sich nichts ersparen, sie legte jetzt rücksichtslos ihre Karten auf den Tisch. »Mit zehn Pfund kommt man nicht weit, wenn man einen Gefangenen befreien will. Ich war ohnedies von vornherein entschlossen, zweihundert Pfund daranzuwenden.«
    Jetzt wußte Hornblower alles. Seine Frau hatte Recht und Gesetz für nichts geachtet, sie hatte der Befehlsgewalt Seiner Majestät Navy ein Schnippchen geschlagen - sie hatte... Die Sturmflut stieg höher und immer höher. »Weißt du, daß deine Handlungsweise ein Verbrechen ist?« sagte er. »Man könnte dich dafür auf Lebenszeit deportieren - nach der Botany Bay verschicken.«
    »Was macht mir das aus?« rief Barbara. »Die Botany Bay kann mich jetzt nicht mehr schrecken, jetzt, da du alles weißt, da ich deine Liebe für immer verscherzt habe.«
    »Aber Schatz!« Was sie da eben gesagt hatte, war so abwegig, so absurd, daß er keine Antwort darauf fand. Er dachte scharf nach, um zu ermessen, welche Folgen das Geschehene für Barbara nach sich ziehen konnte. »Dieser Kerl, der Bonner, könnte dich erpressen.«
    »Seine Schuld ist genauso groß wie die meine«, sagte Barbara. Ihre Stimme klang dabei sogar noch rauher und brüchiger als zuvor. Als sie dann aber weitersprach, waren ihre Worte plötzlich wieder sanft und voll überquellender Zärtlichkeit, deren sie sich nachgerade nicht mehr zu erwehren vermochte. Sie schenkte ihrem Mann wieder ihr altes, schelmisches Lächeln. »Du denkst ja wieder einmal nur an mich!« sagte sie.
    »Was sollte ich denn anderes tun?« fragte Hornblower überrascht.
    »An dich sollst du denken!« sagte sie. »Ich habe dich getäuscht, ich habe dich betrogen, ich habe deine Güte und deine Großzügigkeit schmählich mißbraucht - oh!« Das Lächeln schwand, dafür traten ihr plötzlich Tränen in die Augen. Es war schauderhaft, mit ansehen zu müssen, wie sich Barbaras Gesicht zum Weinen verzog. Sie stand immer noch wie ein Soldat straff aufgerichtet vor ihm, sie widerstand dem natürlichen Drang, sich die Hände vor das Gesicht zu
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