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Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Titel: Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Autoren: David Weber
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geschlagen; die Wärter drängten sie auf den Galgen zu. Je näher sie den Stufen zum Schafott kam, desto langsamer und zögerlicher wurden ihre Schritte, und ihre Maske der Ausdruckslosigkeit bekam Risse. Sie wandte den Kopf und schaute voll Verzweiflung von einem Wärter zum anderen, doch niemand erwiderte ihren Blick. Grimmig und entschlossen starrten die SyS-Männer geradeaus, und als die Gefangene sich noch länger weigerte weiterzugehen, packten sie ihre Arme. Halb führten, halb trugen sie die Frau die Treppe hinauf.
    Als man sie zwang, in die Mitte der Plattform zu treten, begann sie zu keuchen und starrte zum Seil hoch. Mit größter Mühe, die jeder Zuschauer tatsächlich nachempfinden konnte, wandte sie den Blick ab. Sie schloss die Augen, und ihr Mund arbeitete. Vielleicht betete sie, doch kein Laut drang über ihre Lippen. Als man ihr den schwarzen Sack über den Kopf zog, fuhr sie zusammen und ächzte. Ihr japsendes Atmen ließ den dünnen Stoff vor und zurück schlagen, dass er an die Brust eines verängstigten Vogels erinnerte, und als man ihr die Schlinge um den Hals legte und den Knoten in die richtige Position hinter dem Ohr rückte, drehte und wand sie die Hände in den Handschellen.
    Die Wärter gaben sie frei und traten beiseite. Die gesichtslose Gestalt schwankte mit weichen Knien. Ihr Entsetzen über das Bevorstehende war verständlich. Der Bürger Colonel ergriff das Wort. Seine Stimme war rau und schroff, doch nicht ohne Mitgefühl; er klang ganz wie ein Mann, dem es missfällt, was die Pflicht von ihm verlangt.
    »Honor Stephanie Harrington, Sie sind des vorsätzlichen Mordes, eines todeswürdigen Verbrechens gegen das Volk, für schuldig befunden worden. Das Gericht hat Sie zum Tode durch den Strang verurteilt, und heute soll das Urteil vollstreckt werden. Haben Sie noch etwas zu sagen?«
    Die Gefangene schüttelte ruckartig den Kopf. Ihre Brust bebte, gewiss hyperventilierte sie vor lauter Panik. Der Colonel nickte langsam. Er sagte kein Wort mehr, sondern streckte nur den Fuß vor und trat fest und mit gnädiger Schnelligkeit auf das Flurpedal.
    Mit einem lauten, durchdringenden Schnarren öffnete sich die Falltür, und grausig deutlich war das furchtbare Geräusch zu hören, mit dem sich das Seil spannte, als das volle Gewicht der Gefangenen plötzlich an seinem Ende hing. Man hörte, wie die Frau kurz und explosionsartig die Luft ausstieß, – ein letzter, qualvoller Atemzug, der schon im Augenblick seiner Geburt erwürgt wurde –, dann brach das Seil ihr das Genick, und die Braunhaarige zuckte ein letztes Mal gewaltig und konvulsivisch.
    Schlaff hing der Leichnam an der Schlinge und drehte sich langsam am knirschenden Seil im Halbkreis von links nach rechts; die Kamera hielt das Bild noch zehn Sekunden. Dann wurde der HD wieder schwarz, und aus der Schwärze drang leise Huertes’ Altstimme.
    »Hier spricht Joan Huertes von INS Nouveau Paris«, sagte sie ruhig. Das herzzerreißende Klagen von dreizehn Baumkatzen antwortete ihr, dazu das leise Weinen von Miranda LaFollet und James MacGuiness. Allison Harrington streckte die Hand aus und wollte gerade ihrem Mann über das Haar streichen, als sein Panzer aus Ableugnung zerbrach, er neben ihr auf die Knie sank und schluchzend den Kopf in ihren Schoß legte.
     

 
     
     
    BUCH EINS

1
     
    Ein rauer Herbstwind wehte von der Jasonbai her. Ein Sphinxianer hätte den Wind höchstens als frisch bezeichnet, doch so weit im Süden des Planeten Manticore war er zu kalt für die Jahreszeit. Er riss an den Flaggen und ließ sie aufpeitschen. Alle Fahnen standen auf Halbmast, den ganzen langen Weg, den der Leichenzug von Capital Field bis ins Zentrum der City von Landing nahm, und zu beiden Seiten säumten dicht gedrängt schweigende Menschenmassen den Straßenrand. Über dem Wind und dem Peitschen der Flaggen war zunächst nur der langsame, klagende Schlag einer einzigen Trommel zu hören, dann anachronistisches Hufgetrappel und das Rattern ebenso anachronistischer, in Eisen gefasster Wagenräder.
    Die Augen starr geradeaus gerichtet, führte Captain Junior-Grade Rafael Cardones mit stocksteifem Rücken das Pferdegespann den King Roger I Boulevard entlang, und die Zeit schien stillzustehen. Der Zug schritt hindurch zwischen Reihen von Angehörigen aller Waffengattungen der Streitkräfte, die schwarze Armbinden trugen und ihre Waffen mit dem Kolben nach oben präsentierten. Die Menge schaute in unnatürlicher, wie eingefroren anmutender
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