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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
Autoren: David Weber
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Fisher! Komm herein, Fisher, es ist nicht abgeschlossen.«
    Die Tür öffnete sich, und ein Blitz mit cremefarbengrauem Pelz schoss auf Kollisionskurs mit Scotts Schultern heran. Beim Aufprall ächzte Scott leise; seine Hand steckte noch immer in Evelina Zivoniks Schoß, und der Säugling trat und wand sich unter seinen Fingern.
    »Bliek!« Der Baumkater fasste ihn mit beiden Echthänden an der Wange und wies aufgeregt auf das Fenster.
    »Was denn? Droht draußen eine Gefahr?« Doch der Baumkater übermittelte ihm ein anderes Gefühl. Seit fast einem T-Jahr war Scott der Gefährte des Katers, und seine Fähigkeit, Fishers emotionale ›Botschaften‹ zu deuten, hatte sich während dieser Zeit kontinuierlich verbessert. Seine Empfänglichkeit verdankte er einem empathischen Talent, das er in seinen extrem keltischen Hochlandschotten-Genen mit sich herumtrug – einer ›Begabung‹, die ihn auf einer naturwissenschaftlich-rationalen Ebene bis an den Rand des Wahnsinns ängstigte. Als Fisher ihn zum ersten Mal ›ansprach‹, hatte Scott geglaubt zu halluzinieren. Erst später wurde ihm die Wahrheit bewusst – und von da an hätte er eine Wahnvorstellung durchaus bevorzugt. Einer Gabe, die eine lange Ahnenreihe aus Wunderheilern, Eskamoteuren und diversen anderen Spinnern hervorgebracht hatte, begegnete man auf Sphinx mit nichts Schlimmerem als Skepsis und Spott. Auf anderen von Menschen besiedelten Welten wurde man für die Behauptung, ein Talent zu beherrschen, wie es seine … extravaganteren Verwandten für sich Anspruch genommen hatten, wegen Betrugs oder erwiesenen Irrsinns eingesperrt. Zum Glück gehörten diese Verwandten in die mütterliche Seite seines Stammbaums, sodass der Name MacDallan nicht damit in Verbindung gebracht werden konnte.
    Was Scott nun von Fisher empfing, war weniger das Gefühl, vor dem Haus lauere eine Gefahr, sondern eher der Eindruck, dass jemand sich in Gefahr befinde … oder zumindest in Not. Ebenso eindeutig stand fest, was Fisher unbedingt von ihm verlangte, dass er so schnell wie möglich nach draußen gehe.
    »Fisher, ich kann das Haus jetzt nicht verlassen. Ich bringe gerade ein Baby zur Welt.«
    In den grasgrünen Augen des Baumkaters leuchtete die Verzweiflung, und er gab einen erbärmlichen Laut von sich. Im gleichen Moment erhob sich ein Chor aus Kinderstimmen.
    »Daddy! Komm schnell!«
    »Da ist eine Baumkatze, Daddy!«
    »Tante Irina! Beeil dich! Draußen ist eine Baumkatze!«
    »Sie ist krank oder verletzt! Komm doch , Daddy! Schnell, Tante Irina!«
    Evelina Zivonik und Scott tauschten einen erstaunten Blick.
    »Gehen Sie«, befahl Evelina ihm. »Ich habe schon sechs Kinder. Das Kleine kommt zur Welt, ob Sie nun dabei sitzen und sich zu Tode sorgen oder mal für fünf Minuten rausgehen und vielleicht jemandem das Leben retten. Im Umkreis von hundert Kilometern sind Sie der einzige Arzt. Wenn da draußen eine verletzte Baumkatze ist, dann braucht sie im Moment einen Arzt viel dringender als ich. Außerdem«, sagte sie verschwitzt mit einem schiefen Grinsen, »könnte ich nach Ihrer Rumreißerei ganz gut eine Verschnaufpause vertragen.«
    Scott errötete; er hatte weiter probiert, das Baby zu drehen, während er zu ergründen suchte, was Fisher fehlte. ›Rumreißen‹ war vermutlich eine sehr gute Beschreibung dessen, was die arme Frau hatte erdulden müssen.
    Fisher berührte ihn erneut an der Wange. »Bliek?« Der Laut ging Scott sehr zu Herzen. Er konnte nicht tun, als habe er nichts gehört.
    Er bedankte sich aufrichtig und erklärte: »Ich habe Fisher noch nie so unruhig erlebt. Ich komme sofort wieder.« Er löste seine Hand aus Mrs. Zivoniks Schoß und griff mit der anderen nach dem Handtuch. Seine Behauptung allerdings, Fisher noch nie so aufgeregt erlebt zu haben, entsprach nicht ganz der Wahrheit; jedoch wollte Scott nicht über die Verletzungen sprechen, die er an dem denkwürdigen Tag erlitten hatte, an dem er und Fisher einander zum ersten Mal begegneten. Damals hatte der Baumkater Scott MacDallan das Leben gerettet. Wenn nun eine Baumkatze in Not war, so war zu helfen das Mindeste, was er für sie tun konnte.
    Eilig rieb er sich die Hände sauber und stürmte nach draußen. Dort umtanzte die Nachkommenschaft der Zivoniks ihren Vater, Aleksandr Zivonik, und seine jüngere Schwester Irina Kisaevna. Aleksandr und Irina standen gut zwanzig Meter vom Haus entfernt und blickten in die unteren Äste eines Pfostenbaums hinauf. Scott war kaum zur Tür hinausgetreten,
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