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Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Titel: Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)
Autoren: Joachim Masannek
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in das man sich gedankenlos stürzt.
    Nein, Will hatte von Anfang an alles falsch gemacht. Er erinnerte sich an seinen Freund Jo. Der war damals gerade einmal zehn Jahre alt gewesen. Sie lebten noch in Berlin in der Kuppel auf dem Dom, und dort erzählte ihm Jo, wovon alle Kinder der Stadt träumten: Dass Will, der Pirat von Berlin, sie alle befreite. Dass er die Bösen und Reichen bestahl, bis sein Schatz groß genug war, um genau das zu tun. Doch Will hatte ihn ausgelacht. Er war wütend geworden, und er hatte Jo gesagt, dass sein Schatz dafür niemals groß genug sein würde.
    Oh, wie sehr wünschte sich Will, dass er das korrigieren und irgendwann wiedergutmachen könnte. Doch er konnte es nicht. Er saß gefangen im Eis am Ende der Welt, und er hatte all die, die an ihn geglaubt hatten, für immer verloren.
    Ihr Tod hatte ein Loch in seiner Brust hinterlassen und am Anfang wollte er ihnen folgen. Auch er wollte sterben. Doch als er sich aufs Eis gelegt hatte, draußen vorm Schloss, um einzuschlafen und zu erfrieren, hatte er von den Freunden geträumt. Sie hatten noch einmal alle Abenteuer erlebt und Will hatte sich dabei an so vieles erinnert, das er niemals vergessen durfte:
    Wie Moses Kahiki, der Chevalier du Soleil, mit den Möwen gesungen und gesprochen hatte, um sie zu bitten, Talleyrands Schiff in Scheiße zu tauchen.
    Wie Hannah ihm zurief, als sie sich in Old Nassau auf dem Fliegenden Rochen zum ersten Mal in die Lüfte erhoben: »Die schönste Melodie ist die, die du noch nicht kennst.«
    Als er Aweiku zum ersten Mal traf. Nein, nicht in der Höhle auf ihrer Insel, sondern im Traum, als sie sich auf den Rochen schlich und ihn im Traum besuchte: Kanaloa, hatte sie ihn genannt: den Mann, der auserwählt war, die Welt zu retten, und: »Du bist der Traum, den die ganze Welt träumt«, hatte sie ihm dann später gesagt, beim Tanz mit dem Teufel auf Rum Bottle Bottom. »Wann bist du endlich bereit, ihn wahr werden zu lassen?
    Und Will träumte auch von den Straßenkindern, den Roten Korsaren aus Berlin. Wie sie ihn vom Galgen gerettet und mit einem Heer aus Kakerlaken Talleyrand vertrieben hatten.
    Ja, und er träumte davon, wie sie den französischen König dazu gezwungen hatten, ein Versprechen zu unterschreiben, da s die Welt gerettet hätte, wenn dieser französische König ein guter König gewesen wäre.
    Ich, Ludwig, der Fünfzehnte, König von Frankreich erkläre hiermit, dass die Welt ab heute nur noch andersrum ist.
    Ab heute dient der König dem Volk. Er ist nicht mehr adelig, denn die Adeligen gibt es nicht mehr. Die werden abgeschafft. Ab heute ist jeder für den anderen da. Jeder ist gleich und das Geld wird geteilt. In den Schlössern wohnen die Kinder, die keine Eltern mehr haben, und jeder ist wichtig. Brot ist ab heute mehr wert als Gold, denn Gold kann man bekanntlich nicht essen. Aber am wertvollsten ist das Leben. Krieg wird verboten, genauso wie Lügen. Und jeder ist dazu verpflichtet, ehrlich zu sein. Jeder darf ab jetzt jedem vertrauen, und wer das Vertrauen missbraucht, muss den anderen dienen, bis die ihm verzeihen. Alles, was man tut, tut man nur noch in Freiheit. Hass, Neid und Rache gibt es nicht mehr, und die einzige Macht, die es gibt, ist die Liebe.
    »Die einzige Macht, die es gibt, ist die Liebe«, flüsterte Will und segelte mit Honky Tonk Hannah zwischen den Eisbergen hindurch, die sich auch jetzt noch um ihn herum in den Sternenhimmel erhoben.
    »Sieh doch!«, raunte die Piratin. »Das ist das Ende der Welt. Der gefrorene Horizont.«
    Will stockte der Atem. Vor ihm wuchs eine Eiswand bis in die Wolken hinauf. Sie reichte, so weit man sehen konnte, nach Backbord und Steuerbord und verwandelte die Eisberge um sie herum in winzige Hügelchen, den Fliegenden Rochen in eine Nussschale, und sie, die Honky Tonk Pirates, in kaum sichtbare Flöhe, die auf ihr herumhüpfen durften, wenn sie nicht störten. So klein und winzig fühlte sich Will. Doch Hannah dachte da etwas anders.
    »Ist die nicht riesig?«, raunte sie, und ihre Augen leuchteten dabei wie Sterne, die in Bernstein gefallen waren. »Und willst du nicht wissen, was sie verbirgt? Welche grenzenlose Freiheit? Welchen unfassbaren Traum? Ist es nicht das, wofür wir leben und wofür du Aweiku verlassen hast? Den kleinen Engel, das schöne Biest, die biestige Kriegerin? Hast du ihr nicht gesagt, dass du Träume wahr werden lassen willst, um die Welt zu befreien? Und findest du nicht, dass diese Wand vor uns genau zu diesen
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