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Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Titel: Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)
Autoren: Joachim Masannek
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Glasklar und glücklich wie ihr Gesang, und Will musste lachen. Er lachte, weil sich die viel zu große und quietschgelbe Pumphose, die Hannah trug, im Fallwind zum runden Kürbis aufblies und das knallrote Oberteil mit dem flatternden Schmetterlingskragen samt Hannah verschluckte.
    Dann machte es Splash !
    Er schluckte Wasser, weil er immer noch lachte. Er bekam plötzlich Angst. Der Schmerz in der Brust schoss in seinen Kopf. Er schmeckte das Blut in seinem Mund. Es schmeckte nach Blei. Das Blei der Kugel. Dann wurde es schwarz, schwarz vor seinen Augen und um ihn herum. Er fühlte noch Hände, die nach ihm griffen. Hannahs Hände. Das mussten sie sein …
    Doch jetzt war er wach. Er ging aus dem Schlafzimmer des Fliegenden Rochens, durchquerte den dahinterliegenden kleinen Salon und stand vor der Tür von Hannahs Ankleidezimmer. Er hörte sie singen. Es war ein Lied, das er heute zum ersten Mal hörte. Und unwillkürlich dachte er an Nassau zurück, als sich der Fliegende Rochen zum ersten Mal mit ihm in die Lüfte erhoben hatte.
    Mit ihm und mit Hannah.
    »Die schönste Melodie ist die, die du noch nicht kennst!«, hatte Hannah ihm zugerufen, und mit diesem Gedanken stieß er die Tür auf und betrat das Zimmer.
    Dort drehte sich Hannah langsam im Kreis ihrer Ankleidepuppen um die eigene Achse. Die standen Schulter an Schulter um sie herum und verschwanden fast unter Bergen von Kleidern. Er ging auf sie zu, und sie summte drohend, ohne dabei die Melodie zu verlieren:
    »Ohohoho! Du bist nackt. Sehr nackt, hörst du, Otto?«
    »Ich weiß!«, grinste Will. »Genau wie du.«
    »Ach ja!«, zischte sie. »Und wie hast du gedacht, dass ich rumlaufen soll? Etwa als Kürbis, auf dem ein fetter Schmetterling sitzt?«
    »Nein«, sagte Will und entdeckte einen Hut: einen perlenbestickten Dreispitz aus bordeauxrotem Leder. »Das sah wirklich nicht gut aus. Aber der würde dir stehen. Er passt zu dem Rock, den mir Whistle geschenkt hat. Dem Rock des Peste Angelica 1 .«
    1 Der Teufel, der ein Engel war
    Er warf ihn ihr zu.
    »Und das sind die Schuhe!« Er schickte die Stiefel gleich hinterher. »Mehr brauchst du doch nicht. Das hast du immer gesagt. Schuhe und Hut. Oder willst du heute auch eine Hose?«
    Er fand eine Hose und zeigte sie ihr. »Oh, nein, das ist meine. Die hat Finn mir geschenkt.«
    Er schlüpfte geschickt in die ledernen Leggins.
    »Aber wie wär’s mit ’nem Kleid? Ja, ich glaube, du solltest ein Kleid für mich tragen.«
    »Für dich?«, fragte Hannah. Sie traute ihren Ohren nicht.
    »Ja, für mich«, lachte Will. Er ging um die Puppen herum und besah sich die Kleider. »Oder willst du, dass ich so zu dir komme? Ich bin nämlich sechzehn. Seit heute bin ich’s.«
    »Hey, untersteh dich!« Hannah schnappte nach Luft. »Ich warne dich, Will. Ich kann Gefühle nicht ausstehen. Ich krieg keine Luft. Sie erdrücken mich, hörst du?«
    Doch ihre dunkelrehbraunen Augen straften sie Lügen. In ihnen brannte das Bernsteinfeuer, und als Will das erkannte, durchbrach er langsam den Kreis der Puppen. Er ging auf sie zu, und sie konnte und wollte es nicht mehr erwarten, dass er sie in den Arm nahm und endlich küsste.
    Da hörte Will Talleyrands eisige Stimme:
    »Er lebt«, sagte der. »Und er scheint noch zu träumen.«
    »Ja«, zischte Gagga. »Aber gleich wacht er auf. Und dann wird er sich wundern, in wessen Kissen er liegt. Wer ihn gesund pflegt und sich um ihn kümmert.«
    Will schlug die Augen auf. Huh! Wenn er nicht sechzehn gewesen wäre und ein Pirat – der beste Pirat, den es auf dieser Welt gab –, hätte er vor Entsetzen geschrien. Er lag in einem großen Bett aus rot-weiß gepunkteter Seide in einem kopfüber auf der Decke stehenden Raum, und dessen Wände pulsierten, als befände er sich mitten in einem gigantischen Herzen.
    Das Herz der Ozeane, dachte Will. Durch die Luke in einer der Wände des Zimmers sah er das Meer, und in dem kreisten Haie, Muränen und Barrakudas vor einem gleißenden Ball aus Licht.
    »Guten Morgen, mein Freund«, hörte er Gaggas fistelnde Stimme.
    Will legte den Kopf in den Nacken und entdeckte den pummeligen Neffen des Königs von Frankreich am Kopfende seines Bettes.
    »Das ist nicht der Mond. Das ist die Sonne!«, kicherte Gagga und zog dabei am Zopf seiner aus Gold gesponnenen Perücke, die er wie immer falsch herum auf der polierten Glatze trug. »Das heißt: Es ist Tag, die Nacht ist vorbei und mit ihr sind alle Träume gestorben.«
    Wills Muskeln verkrampften und
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