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Holy Shit

Holy Shit

Titel: Holy Shit
Autoren: Rolf-Bernhard Essig
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das nicht glaubt, denke an die Weisheit: »Kindermund tut Wahrheit kund.« Bei einer Befragung von 500 Kindern zwischen 4 und 16 Jahren stellte das Marktforschungsunternehmen »OnePoll« fest: 75 Prozent der deutschen Eltern schimpfen im Auto, 41 Prozent schreien und 54 Prozent streiten sich miteinander beim Fahren.

»Zweiradrambos!« Ein verfluchtes Fortbewegungsmittel
    Von Beginn an ließ man kaum ein gutes Haar an den neuen Rittern der »Drahtesel«, die man für kaum klüger hielt als langohrige Grautiere. Mehr noch als die männlichen »Affen auf dem Schleifstein« – tatsächlich ähnelten die Herren auf den Hochrädern vor 1900 diesem Bild – beschimpfte man die Frauen, die meinten, sich derartig fortbewegen zu müssen.1897 berichtete Carl Fressel in seinem Werk »Das Radfahren der Damen«: »Selbst sogenannte gebildete Leute sehen sich veranlasst, radfahrende Damen mit obscönen Redensarten zu beleidigen.« Den eigentlichen Grund, weswegen diese Weiber nicht mehr auf ihr Velociped verzichten wollten, fanden bald die Tugendwächter: »Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass, wenn die betreffenden Individuen es wollen, kaum eine Gelegenheit zu vielfältiger und unauffälliger Masturbation so geeignet ist, wie sie beim Radfahren sich darbietet.« Die »betreffenden Individuen« forderten dabei schon rein äußerlich vehementen Widerspruch heraus. So in Die Jugend von 1896, wo es hieß: »Haben Sie jemals etwas Abstossenderes, etwas Hässlicheres, etwas Gemeineres gesehen, als ein mit puterrothem Gesicht, vom Staube entzündeten Augen und keuchenden Lungen auf dem Zweirade dahinrasendes Frauenzimmer? Ich nicht! Eine solche Erscheinung tritt nicht nur ihre Pedale, sondern auch die primitivsten Grundgesetze der Aesthetik mit Füßen! Pfui Deibel!«

    Heute gelten Radlerinnen dagegen eher als sexy, das Fahrrad oft als Mode- und Protzartikel, der mit Rasanz und Risiko in Szene gesetzt wird, indem man Verkehrsregeln missachtet, alles schneidet, was sonst Straßen, Wege, Plätze bevölkert,und ein Tempo vorlegt, das manches Moped blass aussehen lässt.
    Kein Wunder, dass es Fahrradhasser gibt, die sogar Bücher darüber schreiben wie Annette Zoch. Sie sieht sich von schrecklichen Monstern auf zwei Rädern eingekreist, die sie in verschiedene Kategorien einordnet: Da wäre der »Tugend-Radler« mit Hollandrad, Gesinnungsaufkleber und viel zu viel Ruhe, zu dem übrigens der »Radl-Rentner« passt, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, sei die Schlange hinter ihm auch noch so lang; der – meist jugendliche – »Krawall-Radler«, laut, rücksichtslos, hart im Antritt, hart im Bremsen, unberechenbar auf seinem wendigen Kleinstrad. Ähnlich dauervorfahrtsberechtigt fühlen sich die »Nachwuchskutscher«, deren Fahrradanhänger für die Kinder Dauercampern Konkurrenz machen. Schließlich rasen noch die »Edel-Radler« vorüber, pulkweise nicht selten, bunt und windschlüpfrig, zu Fuß am Klack, Klack ihrer in die Pedale einrastenden Schuhe erkennbar. Dass sie die BMXler und ihre mickrige oder modische Direktantriebsflotte an Nachahmern vergisst, verwundert allerdings. Auch Heinz Boente, ein weiterer Fahrradhasser, schimpft auf die Kampfradler: »diese zweirädrigen Straßenplager, diese Armada aus buntgescheckten Stramplern in stromlinierten Designer-Wurstpellen, über und über mit Reklamelogos vollgepappt, für die diese Deppen nicht mal Geld kriegen […], diese völlig straffrei ausgehenden Rennradterroristen mit ihren titanverschraubten, natürlich bei Dunkelheit auch noch vollkommen beleuchtungsfreien Ultraleichträdern, für die sie im Einzelfall mehr Geld ausgegeben haben, als ein halbes Dutzend Hartz-IV-Empfänger selbst bei gutem Willen im Monat verbrauchen kann«.

Potenzblech. Die gängigsten Autoschimpfworte
    Seltsam, wie lange sich abfällige Sprüche über manche Automarken im Sprachgebrauch halten. Schon in meinen Kindertagen lästerte man: »Jeder Popel fährt ’nen Opel.« Manche weniger verbreitete oder sehr begehrte Marken laden dagegen offensichtlich seltener zum Schimpfen ein wie etwa Volvo, Ferrari, Citroën, Dacia, Maserati oder Škoda. In den USA spielt die Rivalität Ford gegen Chevrolet immer noch eine so bedeutende Rolle, dass sich Menschen als »Ford-man« oder »Chevy-girl« positionieren und Hass-Aufkleber gegen die jeweils andere Marke spazieren fahren. Dort wie bei uns gehört das Schimpfen auf bestimmte Hersteller oder Typen (Manta, Mustang, Firebird, Dodge Ram, SUVs)
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