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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe
Autoren: Katrin Tempel
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bleiben.

Nachwort
    Natürlich kann die »Holunderliebe« nicht exakt die Geschehnisse auf der Reichenau des 9. Jahrhunderts nacherzählen – sehr vieles ist historisch auch umstritten. Unstrittig ist allerdings, dass Walahfrid Strabo dort erst als Mönch und einige Jahre später als Abt lebte. Ebenso sicher ist, dass Walahfrid mit dem »Hortulus« wohl die erste Anleitung für den Anbau eines Kräutergartens in unserem Kulturkreis geschrieben hat, die später mit dem »St. Galler Klosterplan« zu einer verbindlichen Vorlage für die Benediktinerkloster der nächsten Jahrhunderte wurde.
    Dass Walahfrid seinen »Hortulus« als junger Mann auf der Reichenau geschrieben hat, ist allerdings nur eine von vielen Theorien. Das Werk könnte auch während seiner Zeit in Speyer entstanden sein, also um einiges später. Aber ich fand die Vorstellung spannend, dass ein etwa Achtzehnjähriger ein so bedeutendes Gedicht verfasst, nachdem er bereits im Alter von sechzehn Jahren mit den Visionen des Wetti wohl die erste Jenseitsvorstellung des Mittelalters zu Pergament gebracht hatte.
    Die Sache mit dem Kraut Ambrosia ist bis heute nicht geklärt. Viele Forscher sehen darin den Rainfarn, andere vermuten dahinter die Schafgarbe. Es ist allerdings allein meiner Phantasie entsprungen, dass ein Adeliger vielleicht noch ein ganz anderes Kraut von seinen Kriegen gegen die Mauren mitbrachte … Historisch spricht immerhin nichts gegen diese Theorie.
    Die Sache mit dem Nachbau des Gärtchens ist ebenfalls nicht ganz korrekt. In Wirklichkeit wurde das heutige Gärtlein 1991 angelegt – und die Eltern von Lena Opitz hatten da ganz bestimmt nicht ihre Finger im Spiel. Auch den Laden von Simon Linde wird man auf der Reichenau vergeblich suchen – obwohl hier wirklich jede erdenkliche Art von Gemüse und Kräutern angebaut wird. Wer also mit der »Holunderliebe« in der Hand auf die Reichenau reist, kann sich so vielleicht am ehesten eine Vorstellung vom Leben in der einstigen Klosterstadt machen, als dass er den Roman als Reiseführer für die heutige Insel nutzen könnte.
    Damit historisch auch wirklich alles stimmt, habe ich den Rat von Dr. Britta Hallmann-Preuß eingezogen – nicht nur eine gute Freundin, sondern auch eine kundige Historikerin, die mir bei meinen endlosen Fragen nach Kleidern, Gebetszeiten, Bauweisen und Gebräuchen eine unschätzbare Hilfe war. Ohne ihre Hilfe hätte ich die Klosterstadt sicher nicht so nahe an die Kirchenwände gebaut, wie es wohl richtig ist. Und auch meine Vorstellungen von einem Heiratsantrag und einer Hochzeit im Mittelalter hat sie gründlich auf den Kopf gestellt …
    An dieser Stelle auch endlich einmal einen herzlichen Dank an meinen Agenten Gerd Rumler, der seit zwanzig Büchern und zehn Jahren meine Werke betreut und dafür sorgt, dass fast alle meine wilden Ideen irgendwann ein richtiges Buch werden. Was mich immer wieder mehr überrascht als ihn.





Kapitel 1
    1.
    W
arten. Ihr schien es, als bestünde ihr Leben seit Monaten nur noch aus Warten. Warten auf das nächste Treffen mit ihm, die wenigen gestohlenen Stunden oder Tage, die sie miteinander hatten. Warten auf die Telefonate, immer spät in der Nacht, wenn er ungestört sprechen konnte. Und schließlich warten darauf, dass sich alles eines Tages änderte. Ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, ob das jemals passieren würde.
    Doch sie wartete.
    Ausgerechnet sie, die immer Rastlose, der nie etwas schnell genug gehen konnte. Immer zack, zack, höher, schneller, weiter, gehetzt und ohne jede Geduld, heute hier, morgen dort. Und jetzt also das Warten, stunden-, tage-, wochenlang, das gesamte Leben abgestellt auf ein paar Momente, diese wenigen Augenblicke, wenn sie in seinen Armen lag.
    Aber es machte ihr nicht einmal etwas aus. Denn in Wahrheit hatte sie schon eine kleine Ewigkeit auf ihn gewartet, viele Jahre auf den einen, der ihren grenzenlosen Durst, ihren quälenden Hunger nach dem stillte, was sie lange nicht hatte benennen können. Mehr. Sie hatte nach dem »Mehr« gesucht und es in ihm gefunden.
    »Himmelfahrten« nannte er ihre gemeinsamen Fluchten, ihre heimlichen Treffen, bei denen nichts zählte außer ihren Gefühlen füreinander. Und es waren tatsächlich Himmelfahrten, Momente, in denen sie den Rest der Welt vergaßen.
    Aber kein Himmel ohne Hölle.
    Sie kannte ihn schon einige Jahre, nur flüchtig zwar, aber sie wusste, wer er war. Zwei- oder dreimal hatte sie ihn auf der Buchmesse gesehen, als sie eine
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