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Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5

Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5

Titel: Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
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Leclerc keineswegs abgestoßen.
    „Kate, dieser Name passt zu Ihnen. Es ist ein Wort wie ein kurzer rauer Windstoß aus dem Norden. Ja, damit kann ich mich anfreunden. – Ich will Sie wirklich nicht nach dem wahren Grund für Ihre Parisreise fragen. Aber wollen Sie mir nicht wenigstens den wahren Grund für den bedauernswerten Zustand Ihrer Garderobe heute Nachmittag verraten, Kate?“
    Sie war innerlich hin- und hergerissen. Doch plötzlich hatte Kate das spontane Bedürfnis, bei Leclerc Eindruck zu schinden. Er sollte nicht glauben, einen einfältigen Tollpatsch vor sich zu haben. Und da das Lügen Kate immer noch schwer fiel, blieb sie zumindest teilweise bei der Wahrheit.
    „Ich bin mit Apachen aneinander geraten. Diese üblen Gesellen überwältigten mich und verschleppten mich in einen Kohlenkeller. Sie entführten mich aufgrund eines Missverständnisses und erwiesen sich als äußerst ignorant und rechthaberisch. Es gelang mir, mich selbst aus der Gewalt der Verbrecher zu befreien und meine Verwandten zu treffen, die sich bereits zu meiner Rettung aufgemacht hatten. Sie können sich vorstellen, dass meine Garderobe unter diesem Abenteuer gelitten hat, Mr Leclerc.“
    „Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mich ebenfalls mit meinem Vornamen ansprechen würden, Kate.“
    „Also gut, Roger.“
    Kate konnte nicht anders, sie musste die ganze Zeit Leclercs Gesicht anschauen. Und das lag nicht nur daran, dass er zweifellos ein gutaussehender Mann war. Momentan versuchte sie, sein Mienenspiel zu lesen. Aber das war eine vergebliche Anstrengung. Kate hätte unmöglich einschätzen können, ob der Bohemien von ihrem Geständnis beeindruckt war oder nicht. Sie trank etwas Sherry. Es kam ihr vor wie eine halbe Ewigkeit, bis Leclerc endlich wieder den Mund öffnete.
    „Ich glaube Ihnen, Kate. Jeder anderen jungen Dame aus meiner Bekanntschaft würde ich ein solch aufregendes Erlebnis nicht abnehmen. Gewiss kommt es öfter vor, dass eine Frau von den gewissenlosen Apachen entführt wird. Sie müssen wissen, dass die Pariser Polizei dem Bandenunwesen gegenüber mehr oder weniger machtlos ist. In dieser Stadt stehen nämlich nur achttausend Polizisten über zwanzigtausend Apachen gegenüber. Es gibt Viertel wie beispielsweise Montmartre, die von der Ordnungsmacht praktisch aufgegeben wurden und in denen die Gesetzlosigkeit regiert. – Wie auch immer, ich traue Ihnen wirklich zu, dieses Abenteuer erlebt zu haben.“
    Kate musste nun laut lachen, worauf sich einige andere Gäste pikiert in ihre Richtung drehten. Offenbar galt es in dieser vornehmen Speisewirtschaft als unschicklich, seine Stimme zu erheben. Aber das war der Dampfkutter-Pilotin egal. Sie war erleichtert, nicht mehr eine junge Lady von hohem Stand spielen zu müssen. Diese Rolle lag ihr nämlich überhaupt nicht.
    „Ich weiß nicht, ob ich mich von Ihren Worten geschmeichelt fühlen soll, Roger. Sie halten mich also für ein rabiates Flintenweib mit Haaren auf den Zähnen?“
    Nun musste auch Leclerc schmunzeln.
    „Keineswegs, verehrte Kate. Ich habe schon bei unserer ersten Begegnung auf dem Luftschiff gespürt, dass Sie eine äußerst ungewöhnliche Frauensperson sind. Die meisten jungen Damen, mit denen ich zu tun habe, können äußerst angeregt über die neuesten galanten Romane oder die Skandale in der französischen Oberschicht plaudern. Ihr größtes Interesse gilt den Kreationen der Modeschöpfer, von denen es in dieser Stadt mehr als genug gibt. – Ich hoffe nicht, dass Sie mich als einen Langweiler und Spießbürger ansehen. Wenn ich nämlich eine solche Schnarchnase wäre, dann würden mir die Begegnungen mit solchen dummen Gänsen gefallen. Aber ich fühle mich eher zu Frauen hingezogen, die so sind wie Sie.“
    Den letzten Satz betonte Leclerc ganz besonders. Und er gab seiner Stimme dabei eine unterschwellige Dringlichkeit, die Kate ganz benommen machte. Oder lag es am Sherry, dass sie plötzlich von einer so knisternden inneren Unruhe erfasst wurde?
    Kate wusste es nicht. Aber sie trank ihr Glas schnell aus. Es war, als ob der Weinkellner nur auf dieses Signal gewartet hätte. Er kam herbeigeeilt und präsentierte Leclerc eine Weinflasche, worauf der Bohemien gnädig nickte und sich einen Probeschluck in ein leeres Glas einschenken ließ.
    Während dieser kurzen Gesprächsunterbrechung hatte Kate etwas Zeit, um ihre Gedanken zu ordnen. Leclerc hatte ihr nun seine Gefühle offenbart. Zum ersten Mal hatte er deutlich und schnörkellos

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