Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5

Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5

Titel: Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5
Autoren:
Vom Netzwerk:
Tinker-Kate in der Öffentlichkeit sehen ließ?
    Gegen ihren Willen musste Kate schmunzeln. Was würden diese reichen Franzosen wohl sagen, wenn sie wüssten, dass Kate tagtäglich mit Schraubenziehern und Ölkannen hantierte und mehr lästerliche Flüche kannte als ein volltrunkener schottischer Luftschiffmaat?
    „Sie scheinen sich köstlich zu amüsieren, meine Liebe.“
    Leclercs Stimme riss Kate aus ihren Betrachtungen. Ihr wurde bewusst, dass dieser Mann sie nicht aus den Augen ließ. Er hatte nun ihr gegenüber Platz genommen, nachdem er zuvor galant den Stuhl für sie zurechtgerückt hatte. Der Franzose mochte ein Lebemann sein, aber er verstand es auch, sich zu benehmen. Leclerc verströmte eine explosive Mischung aus Zuvorkommenheit und Risiko, die Kates Knie erweichen ließ.
    Sie war sehr erleichtert darüber, zu sitzen. Sonst wäre nämlich sofort aufgefallen, dass sie auf ihren eigenen Beinen nicht gerade sicher war. Leclercs Gegenwart berauschte sie, obwohl sie noch nicht einen Tropfen Alkohol getrunken hatte.
    „Es ist ein Lächeln der Zustimmung, das Sie auf meinen Lippen sehen, Mr Leclerc. Sie sehen sozusagen den Willkommensgruß, den ich Ihrer Stadt darbiete. Ich halte Paris für eine sehr einladende Stadt. Es fällt dem Fremden schwer, die Metropole Ihrer großen Nation nicht zu mögen.“
    „Das freut mich sehr, Miss Fenton. Insbesondere in Ihrem Fall. Nach den negativen Erfahrungen, die Sie während Ihres kurzen Aufenthalts bereits machen mussten, war ich ehrlich gesagt auf ein härteres Urteil Ihrerseits gefasst.“
    „Negative Erfahrungen? Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Mr Leclerc.“
    „Wirklich nicht? Ihr Onkel erzählte doch von Ihrem bedauernswerten Sturz in einen Kohlentender, den Sie erst vor wenigen Stunden erleiden mussten.“
    Kate stockte der Atem. Die Lügengeschichte, mit der Phineas Fletcher die Schmutzflecken auf ihrem Kleid hatte erklären wollen, war ziemlich an den Haaren herbeigezogen gewesen. Allerdings war ihr selbst auch nichts Besseres eingefallen, als Leclerc sie in der Hotellobby auf ihr derangiertes Äußeres angesprochen hatte. Aber Kate hätte sich denken können, dass sich ein intelligenter Mann wie dieser Bohemien nicht so leicht an der Nase herumführen ließ.
    Es war nämlich gar nicht so einfach, in einen Drehflügler-Kohlentender zu fallen. Um dieses Kunststück fertigzubringen, hätte sie schon ein ziemlich tölpelhafter Bauerntrampel sein müssen.
    Und Kate wollte nicht, dass Leclerc einen solchen Eindruck von ihr bekam. Sie musste sich eingestehen, in seinen Augen gut und respektabel dastehen zu wollen. Leclercs Urteil über sie war ihr keineswegs gleichgültig.
    Während sie noch über eine mehr oder weniger geistreiche Antwort nachgrübelte, reichte der Ober ihr eine Karte. Kate hatte schon von sogenannten Damenkarten gehört, auf denen keine Preise vermerkt waren. Nun, eine solche hielt sie jetzt in den Fingern. Kate hätte sich aus eigener Tasche gewiss sowieso keine einzige Speise im Restaurant Bilcourt leisten können. So gesehen war es für sie egal, ob sie die Preise kannte oder nicht. Allerdings erwies sich die auf geschöpftem Büttenpapier gedruckte Auflistung für sie ohnehin als wertlos, denn sie war auf Französisch.
    Der Bohemien schien zu ahnen, in was für einer hilflosen Lage sie sich befand. „Darf ich mir erlauben, für Sie zu bestellen, Miss Fenton?“
    Kate blieb nichts anderes übrig, als resigniert zu nicken. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was für Speisen es hier gab. Sie war nur sicher, dass sie keine einzige davon kannte.
    Leclerc winkte den Ober heran und gab einige schnelle französische Sätze von sich. Kate verstand zwar die Sprache nicht, aber Leclercs Tonfall und seine Gesten waren die eines Mannes, der befehlsgewohnt und souverän war. Kate stammte zwar selbst nicht aus der Oberschicht, aber sie hatte als Dampfkutter-Pilotin schon oft genug Gentlemen aus gutem Haus durch den Londoner Luftraum kutschiert. Sie kannte diese Sorte Mann. Sie waren durchsetzungsfähig und teilweise überheblich. Doch ihr Selbstbewusstsein fußte meist auf einem geerbten Vermögen. Das traf auch auf Leclerc zu, schließlich hatte er es selbst schon zugegeben.
    Kates Verehrer gefiel sich in der Rolle des ungebundenen Bohemiens. Und er konnte sich diesen Lebensstil auch leisten. Doch falls einmal durch irgendwelche unglücklichen Umstände seine Geldquelle versiegen würde, würde er schlechter dastehen als jeder Londoner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher