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Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Titel: Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
Autoren: Iain Levison
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treffen. Die Schwarzen lieben Geschichten, in denen sich die Polizei blöd anstellt. Ich hoffe nur, die Sache wird sich noch rechtzeitig aufklären lassen, um Charlie noch in der Bar anzutreffen.
    Wenn ich telefonieren darf, könnte ich Charlie anrufen und ihm sagen, dass ich zu spät komme.
    Wir fahren von der Autobahn an derselben Ausfahrt ab, die ich am Dienstag auch mit der Frau vom Flughafen genommen habe. Dieselbe Ausfahrt, dann dieselbe Straße entlang, an den Ulmen und Cafés vorbei. Zu meinem Erstaunen sehe ich dasselbe Paar vorm Haus am Tisch sitzen. Sie nehmen keine Notiz von dem schwarzen Polizeiwagen, der da vorbeifährt, sind sich auch nicht bewusst, dass ich hier vor weniger als achtundvierzig Stunden schon mal vorbeigefahren bin. Ich sehe einen jungen Mann mit dünnem Haar im Gespräch mit seiner Freundin lachen. Haben diese Leute eigentlich keine Jobs?
    Bevor wir an dem Haus der Lady vorbeikommen, die ich vom Flughafen heimgefahren habe, biegen wir links ab und fahren noch eine baumgesäumte Straße entlang, dann noch eine. Dann passieren wir ein Feuerwehrhaus und ein anderes Gebäude, das wie ein Kommunikationszentrum aussieht, dann rein in eine Parkgarage. Wir halten an einer schweren Stahltür, vor der zwei rauchende Polizisten postiert sind. Sie treten zur Seite, um Platz für unseren Wagen zu machen.
    Ich bemerke, wie mich die beiden Polizisten beim Aussteigen beobachten. Ihr Interesse erscheint mir auffällig übersteigert. Einer der beiden zeigt mit seiner Zigarette auf mich und fragt den älteren, schütter behaarten Ermittler: »Ist er das?« Seine Stimme widerhallt in der Parkgarage.
    »Das ist er«, sagt der Kommissar.
    »Gute Arbeit, Dave«, sagt der Polizist mit der Zigarette.
    »Das ging aber schnell«, stimmt der andere zu. »Gute Arbeit.«
    Dave und Power-Grinser nicken wie Clint Eastwood, nachdem er einen Bösewicht zur Strecke gebracht hat. So als würden sie die Komplimente zwar zur Kenntnis nehmen, ihrer aber gar nicht bedürfen, weil sich der Erfolg von selbst versteht. Keiner der zwei Polizisten in der Garage nimmt Augenkontakt mit mir auf. Irgendwas stimmt hier nicht.
    Power-Grinser fummelt ein wenig mit den Schlüsseln herum, dann öffnet er die Metalltür und wir betreten ein Betonziegel-Treppenhaus, von dem aus wir mit einem Dienstaufzug in den vierten Stock fahren. Power-Grinser behält die ganze Zeit über seine Hände an meinen gefesselten Handgelenken, als wäre ein Fluchtversuch meinerseits zu befürchten. Ich spüre die Festigkeit seines Griffs auf dem Metallstück zwischen den Handschellen, ein Ausdruck seiner Beherrschung der Situation.
    Der Aufzug bringt uns in ein Großraumbüro mit zahlreichen Arbeitsnischen, die mit Leuchtstoffröhren beleuchtet sind. Telefone, Computer und geschäftige Leute allenthalben.
    »Ist er das?«, ruft jemand.
    »Das ist er«, antwortet Dave. Es folgt ein allgemeines Stehenbleiben und mich Anstarren, während ich an den Arbeitskojen vorbeigeführt werde.
    »Gute Arbeit, Dave«, sagt jemand und erntet dafür allgemeine Zustimmung. Eine Tür einer eingeglasten Bürozelle öffnet sich, und ein älterer Mann mit klarem, eindringlichem Blick steckt seinen Kopf heraus.
    »Ist er das?«, fragt er.
    »Das ist er«, sagt Dave.
    Wie’s aussieht, bin ich es. Ich werde nochmal abgetastet und nach neuerlichem Schlüsselsuchen in ein Verhörzimmer mit drei Stühlen und einem kleinen Tisch gebracht. Außer Sicht der anderen, drückt Power-Grinser mich in den Industrie-Bürostuhl und wirft mir einen hasserfüllten Blick zu.
    »Da hinsetzen«, sagt er, obwohl ich bereits sitze. Ich denke, er wird mir die Handschellen abnehmen, er aber geht bedrohlich hinter meinem Rücken auf und ab. Gleichsam spielerisch drückt er meinen Kopf nach vorne, und als ich nicht reagiere, drückt er fester.
    Ich blicke mich um, kann den Kopf aber nicht so weit herumdrehen, dass ich ihn sehe. »Was machen Sie da?«, frage ich.
    Am anderen Ende des Raumes ist eine Überwachungskamera angebracht, wobei er sich außerhalb des Bildfeldes befinden dürfte. Plötzlich spüre ich am Hinterkopf einen harten Schlag und beuge mich instinktiv vorwärts. Vor Schmerz kneife ich die Augen zu, es geht aber schnell vorbei, wenngleich meine Sicht einige Sekunden lang verschwommen ist. Dann höre ich, wie die Tür geöffnet, geschlossen und versperrt wird. Ich bin allein im Raum.
    Dies ist definitiv das Verrückteste, was mir je passiert ist.
    Ich höre im Flur Menschen reden, dann und wann
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