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Hoffnung am Horizont (German Edition)

Hoffnung am Horizont (German Edition)

Titel: Hoffnung am Horizont (German Edition)
Autoren: Tamera Alexander
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merkte sofort, dass die Frau mich nicht mochte, aber der Mann …“ Ihre Stimme brach ab. Sie atmete stockend aus. „Er war immer besonders nett zu mir. Und auch zu einigen anderen Mädchen.“
    Die Übelkeit in Matthews Magengrube wurde stärker. Er wollte sie unterbrechen, sie an sich drücken und ihr sagen, dass es nicht wichtig sei. Aber das konnte er nicht. Denn es war wichtig.
    „Ich bin mit ihnen weitergezogen und habe bei ihnen gewohnt, bis der Wagentreck Denver erreichte. Sie wollten nach Oregon weiterziehen, und ich dachte, sie würden mich dorthin mitnehmen.“ Sie schnaubte. „Aber eines Abends bat mich der Mann, mit ihm in die Stadt zu gehen.“ Sie atmete ein und dann langsam wieder aus. „Er sagte, er müsse einkaufen und ich müsste ihm beim Tragen helfen. Inzwischen hatte ich ihn besser kennengelernt und wusste, wozu er fähig war.“ Ihre Worte verrieten, dass viel mehr dahintersteckte. „Er konnte sehr aggressiv sein. Deshalb tat ich, was er sagte. Wir kamen an diesem Abend in die Stadt, und dann … dann sagte er mir, dass er mich dortlassen würde. Er brachte mich zu einem Haus und stellte mich einer Frau vor. Ich dachte anfangs tatsächlich, es wäre eine Schule für Mädchen.“ Sie schwieg wieder. „Ich weiß, dass man sich das kaum vorstellen kann, aber ich war damals wirklich naiv.“
    Matthew hörte den leichten Sarkasmus in ihrer Stimme und drehte sich wieder zu ihr um. Die Sonne war inzwischen untergegangen und nur ein schwaches graues Licht lag noch über dem Land. Er konnte ihre Miene nicht sehen und fragte sich, ob sie darauf wartete, dass er etwas sagte. Aber selbst wenn ihm etwas eingefallen wäre, was er hätte sagen können, war seine Kehle so zugeschnürt, dass er kein Wort herausbrachte.
    „Bevor er ging, fragte ich ihn, ob ich mit ihm zurückgehen und ein paar Sachen aus dem Wagen meiner Eltern holen könne. Wir hatten keine Kleidung und nichts von meinen anderen Sachen mit in die Stadt genommen. Ich wollte etwas, das mich an meine Familie erinnern würde. Die Frau mischte sich ein und sagte, dass ich davon nichts brauchen würde. Aber sie irrte sich.“ Ihre Stimme wurde dünn und klang wie erstickt. „Ich brauchte diese Dinge in diesem Moment mehr als je zuvor.“ Sie atmete stockend aus. „Der Mann ließ mich dort, und ich sah ihn nie wieder.“
    Matthew starrte den schwachen orangefarbenen Lichtschein an, den die Sonne am Horizont zurückgelassen hatte. „Wie al…“ Er konnte die Frage nicht aussprechen, da Wut und Abscheu über das, was Annabelle angetan worden war, ihm die Kehle zuschnürten. Obwohl er ganz genau wusste, dass dies alles längst vergangen war, verspürte er plötzlich den überwältigenden Wunsch, Annabelle zu beschützen. Sein Herz hämmerte wie wild. „Wie alt warst du?“
    Es wurde still um sie herum, und mit jedem Herzschlag stellte er sie sich jünger vor.
    „In der Nacht, in der meine Eltern und die kleine Alice getötet wurden, war ich zwölf.“
    Er fühlte sich, als hätte er einen Boxhieb in den Magen bekommen. Er hatte noch nie zuvor einen Menschen töten wollen. Doch in diesem Moment wusste er ohne jeden Zweifel, dass er diesen Mann töten könnte, weil er Annabelle das angetan hatte und ihr Leben zerstört hatte.
    Annabelle hatte die Knie eng an sich gezogen, legte die Stirn darauf und verbarg ihr Gesicht. Sie hatte in ihrem Leben viel mehr Schmerz und Verrat ertragen, als er je durch die Hand seines Vaters erfahren hatte. Aber sie schien nicht diese schwere Bitterkeit mit sich herumzuschleppen wie er, weil ihr so viel Böses angetan worden war. Wie war das möglich?
    Und wie hatte er sich je für etwas Besseres halten können?
    „Du hattest recht, Annabelle, als du sagtest, dass ich in meinem Leben Fehler gemacht habe.“ Er erinnerte sich daran, wie er sie behandelt hatte, als sie sich vor zwei Jahren das erste Mal begegnet waren, und schämte sich. Er war mit ihr so umgegangen, als hätte sie sich dieses Leben selbst ausgesucht, und hatte ihr das bei jeder Gelegenheit vorgehalten.
    „Falls du darüber sprechen willst, Matthew, kann ich zuhören. Ich bin eine gute Zuhörerin, wenn ich will“, fügte sie mit einem leisen Lachen hinzu.
    Ihre Offenheit weckte Matthews Schuldgefühle, aber er zögerte immer noch. „Einiges muss man selbst in Ordnung bringen.“
    „Einiges muss man selbst in Ordnung bringen.“ Sie wiederholte langsam seine Worte. Ihr Tonfall war sanft, aber er hörte trotzdem den leisen Tadel darin. „Ich
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