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Hoffnung am Horizont (German Edition)

Hoffnung am Horizont (German Edition)

Titel: Hoffnung am Horizont (German Edition)
Autoren: Tamera Alexander
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Zeit sogar trügerisch. Deshalb hatte sie gelernt, sie nicht zu beachten und ihnen keinen großen Raum zu geben. Sie hatte einfach damit gerechnet, dass es in der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau anders wäre.
    Oft hatte sie Gott angefleht, ihr ein stärkeres Verlangen nach Jonathan zu geben. Aber offenbar erhörte Gott solche Gebete nicht. Oder vielleicht erhörte er nur ihre Gebete nicht.
    „Danke, dass du mich zum Mann genommen hast, Annie. Ich hatte so große Pläne für uns … und für unser Kind.“ Er hob die Hand, und sie legte sie auf die Stelle, an der ihr Sohn oder ihre Tochter unter ihrem Herzen heranwuchs. Jonathan streichelte zärtlich ihren flachen Bauch, als versuche er, das winzige Baby zu trösten.
    Seine Hand bewegte sich in langsamen Kreisen über dem Kind, und sie schloss fest ihre Augen, als sich ungebetene Erinnerungen an die Oberfläche drängten. Sie saß wehrlos und stumm da, während tief sitzende Schuldgefühle und Scham sie erneut befielen. Schwangerschaften waren in Bordellen weit verbreitet, aber genauso weit verbreitet waren bestimmte Aloemittel und Pulver, mit denen ungebetene Schwangerschaften beendet wurden. Die Mittel, die die Frauen benutzten, hinterließen jedoch oft dauerhafte Schäden.
    Dass sie überhaupt mit Jonathans Kind schwanger geworden war, war ein großer Segen, ein einziges Wunder.
    „Es tut mir so leid, dass ich dich so zurücklasse, Annie. Es …“ Seine tiefe Stimme war vor Gefühlsregung ganz heiser. „Es läuft nicht so, wie ich es geplant hatte. Es tut mir leid …“
    Sie schüttelte den Kopf und beugte sich näher über ihn. „Wag es ja nicht, das zu mir zu sagen, Jonathan McCutchens“, flüsterte sie und legte eine kühle Hand auf seine Stirn. Ein Seufzen kam bei ihrer Berührung über seine Lippen. „Wenn sich hier jemand entschuldigen muss, dann ich. Ich …“ Ihr Mund bewegte sich, aber die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen. Angesichts des Weges, den sie in ihrem Leben eingeschlagen hatte, würden die meisten Menschen das nicht verstehen, aber eine solche Intimität war für sie immer noch ungewohnt. „Es tut mir leid, dass ich nicht die Frau bin, die du verdient hast. Du bist der …“ Sie hatte Mühe, die Worte an dem unangenehmen Knoten in ihrer Kehle vorbeizuzwängen. „Du bist der beste Mann, dem ich je begegnet bin, Jonathan. Und ich danke dir, dass … dass du mich zu deiner Frau genommen hast.“
    Er seufzte wieder, und sein Blick wanderte langsam über ihr Gesicht, als sähe er sie zum ersten Mal. Oder vielleicht zum letzten Mal. Dann deutete er mit zittriger Hand hinter seinen Kopf zur Vorderseite des Wagens. „In meinem Beutel dort ist etwas, das ich heute Morgen geschrieben habe.“
    Annabelles Blick folgte seinem Finger, dann schaute sie ihn wieder an. Ohne zu fragen, ahnte sie, was es war. Sie bedachte ihn mit einem wissenden Lächeln und wartete, ob er noch mehr dazu sagen würde.
    Jonathans Blick blieb ruhig.
    Sein Wunsch, sie zu versorgen, war edel und großmütig, aber die Verachtung in den Augen seines jüngeren Bruders bei ihrer letzten Begegnung in Willow Springs stand ihr noch lebhaft vor Augen. Acht lange Jahre waren vergangen, seit die zwei Brüder sich vor jenem unerfreulichen Wiedersehen das letzte Mal gesehen hatten. Matthew Taylors Reaktion an jenem Oktoberabend vor sieben Monaten verriet ihr, dass das, was Jonathan in seinem Brief wahrscheinlich vorschlug, sich als unmöglich erweisen würde.
    Die Erinnerung, wie die beiden Männer gestritten hatten, und das Wissen, dass sie der Grund für diesen Streit gewesen war, schmerzte sie immer noch zutiefst. Die beiden Brüder waren von derselben Mutter geboren worden, hatten aber verschiedene Väter und wiesen in ihrem Aussehen und Verhalten nur wenig Ähnlichkeit auf. Und schon gar nicht in ihrem Temperament.
    Matthew wusste nicht, dass sie mit dem Kind seines älteren Bruders schwanger war. Aber das würde ohnehin an seiner Einstellung der Frau gegenüber, die sie gewesen war und die sie in seinen Augen immer bleiben würde, nichts ändern.
    Mit einem leisen Seufzen beugte sie sich zu Jonathans Tasche und holte den Brief heraus. Sie öffnete den Brief nicht, sondern legte ihn auf ihren Schoß. Dann nahm sie Jonathans Hand, beugte sich nahe über ihn und flüsterte: „Du weißt, dass ich das nicht kann, Jonathan. Selbst wenn wir wüssten, wo er ist, könnte ich Matthew nicht bitten …“
    Sein schwacher Griff wurde stärker. „Er ist nicht für
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