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Hoffnung am Horizont (German Edition)

Hoffnung am Horizont (German Edition)

Titel: Hoffnung am Horizont (German Edition)
Autoren: Tamera Alexander
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Gedanken einschlichen und sie von seinen Worten ablenkten. Diese Gedanken bestürmten sie, buhlten um ihre Aufmerksamkeit und drängten Patricks Worte in den Hintergrund.
    Die Stimme eines Mannes, wie aus weiter Ferne, aber trotzdem deutlich zu verstehen, störte ihre Aufmerksamkeit am meisten.
    „Sie liebt dich nicht, Johnny. Sie benutzt dich nur und tut das, was sie am besten kann. Das weißt du doch, oder?“
    Annabelle hatte an jenem Abend Jonathans Gesicht nicht erkennen können, sondern durch einen Spalt in der groben Holztür den Zorn im Blick seines Bruders Matthew gesehen. Jonathans stoische Ruhe hatte ihn nur noch wütender gemacht.
    „Ich weiß, dass Annabelle mich nicht liebt, Matthew. Wenigstens noch nicht. Aber ich vertraue darauf, dass sie lernen wird, mich zu lieben.“
    Während Matthews Beleidigungen sich tief in ihre Seele einbrannten, durchbohrte die Wahrheit, die Jonathan ohne jeden Vorwurf ausgesprochen hatte, ihr Herz. Sie liebte ihn nicht so, wie eine Frau ihren Mann lieben sollte.
    Matthews dunkle Augen waren fast schwarz geworden und er hatte die Fäuste geballt. Annabelle stand zitternd im Schatten des winzigen Hinterzimmers und hatte sich von Kopf bis Fuß wie die Hure gefühlt, als die Matthew Taylor sie bezeichnete. Wie oft waren die Sünden, die angeblich im Fountain Creek von ihr abgewaschen und darin versenkt worden waren, wieder ans Ufer gekrabbelt, um sie erneut zu quälen.
    Das war das letzte Mal gewesen, dass Jonathan und Matthew miteinander gesprochen hatten, und ihre Worte und der Klang ihrer Stimmen hatten sich tief in ihr Gedächtnis eingegraben.
    „… und Herr, wie befehlen dir heute die Seele von Jonathan Wesley McCutchens an. Du hast den ersten Menschen, Adam, aus Erde geschaffen, und unser irdischer Körper ist wie Adams Körper vergänglich. Aber dein Wort verspricht, dass du deinen Kindern, wenn sie sterben, nach dem Bild Christi einen neuen, himmlischen Leib geben wirst. Und im Glauben daran, Herr, vertrauen wir, dass Jonathan jetzt in diesen neuen Leib gekleidet und in dieser Minute bei dir ist.“
    Schweigen folgte. Als Annabelle aufblickte, sah sie, dass Pfarrer Carlson sie beobachtete. Er forderte sie mit einer Handbewegung auf, näherzutreten. Sie trat mit einem Strauß roter und weißer Akeleien vor, die fast zerdrückt waren, weil sie sie so fest in ihren Händen gehalten hatte. Sie legte sie vor dem grob gezimmerten Holzkreuz ab, auf dem Jonathans vollständiger Name stand.
    Als sie zurücktrat, sah sie, dass Larson Jennings’ Blick auf etwas hinter ihr gerichtet war. Sie folgte seinem Blick zu einem Grab, das nicht weit von der Stelle entfernt war, an der sie sich versammelt hatten. Sie kannte dieses Grab gut, denn sie war vor nicht allzu langer Zeit mit Kathryn mehrmals dort gewesen. Larson kannte es auch gut, denn auf diesem Grab hatte einmal ein Kreuz mit seinem Namen gestanden.
    Annabelle drehte sich wieder um und sah, dass Larson sie anschaute. Obwohl ein Feuer sein Gesicht so entstellt hatte, dass ihn niemand mehr als den Mann erkannte, der er früher gewesen war, hatte er immer noch unvergleichlich tiefblaue Augen. Es war ein so klares, durchdringendes Blau, dass man den Eindruck hatte, er könnte in einen anderen Menschen hineinsehen. Kathryn hatte das einmal gesagt. Aber Larsons Blick störte Annabelle nicht im Geringsten, denn Annabelle hatte ihn genauso durchschaut.
    Er sah sie mit einem schiefen Lächeln an, und die ungewöhnliche Verwandtschaft, die sie mit diesem Mann verband, der für sie wie ein Bruder geworden war, tat ihr gut.
    Nach einem Moment beugte sich Kathryn zu ihr herüber. „Wir bleiben bei dir, so lange du willst, Annabelle. Lass dir Zeit.“
    Annabelle drückte Hannahs und Kathryns Hand. „Danke.“
    Ihr Blick wanderte über das enge Tal, das im Westen von Bergen gesäumt war, zu dem klaren, plätschernden Wasser des Fountain Creek. Sie seufzte laut. „Jonathan hätte diese Stelle gefallen.“ Sie waren unzählige Male hier am Flussufer entlanggegangen. Der Fluss entsprang irgendwo in den Rocky Mountains und war für seine heißen Quellen bekannt. Dann bahnte er sich einen Weg durch unterirdische Kanäle und trotzte verschlungenen Schluchten und Felswänden auf seinem langen Weg nach Willow Springs.
    Wenn sie nur ein wenig von der Tapferkeit dieses Flusses besäße!
    In ihrem Herzen gab es viele Dornen, von denen niemand etwas wusste, außer Jonathan. Er hatte sie gesehen. Sie hatten sich so tief in ihr Fleisch gebohrt, bis
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