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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht
Autoren: Stephen Leather
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» Los geht’s mit Gebrüll.«
    Der Beamte runzelte die Stirn. » Wieso mit Gebrüll?«, fragte er.
    Nightingale klopfte ihm auf die Schulter: » Gehen wir«, sagte er. » Aber erst will ich noch ein Wort mit dem Au-pair-Mädchen reden.«
    Die beiden Männer gingen zu der schluchzenden Frau, die noch immer von der Polizistin getröstet wurde. Mindestens fünfzig Leute hatten sich versammelt und starrten zu dem kleinen Mädchen hinauf. Da waren Rentner und Rentnerinnen, die sich aneinanderdrängten wie Pinguine auf einer Eisscholle, Mütter mit ihren Kleinkindern in Buggys, Teenager, die kichernd Kaugummi kauten, ein Mädchen in Gothic-Klamotten mit einem Collie, das Nightingale angrinste, als er vorbeiging, Arbeiter in Overalls und eine Schar von Kellnerinnen aus einer Pizzeria in der Nähe.
    » Warum sind Sie nicht da oben und holen Sie runter?«, schrie ein Kahlkopf, der einen metallenen Werkzeugkasten trug. Er zeigte auf Nightingale und den jungen Polizisten. » Sie sollten etwas tun, statt hier unten rumzuhängen.«
    » Können Sie ihm nicht eins mit dem Taser verpassen?«, fragte Nightingale.
    » Wir sind nicht mit Tasern ausgerüstet, Sir«, antwortete der Officer.
    » Dann nehmen Sie Ihren Gummiknüppel.«
    » Wir sind nicht…« Er schnitt eine Grimasse, als er merkte, dass Nightingale einen Scherz gemacht hatte.
    Sie kamen zu dem Au-pair-Mädchen, das sich in ein großes, weißes Taschentuch schnäuzte. Nightingale nickte der Polizistin zu. » Ich bin der Verhandler«, sagte er.
    » Jawohl, Sir«, antwortete sie.
    Nightingale lächelte das Au-pair-Mädchen an. » Hallo, wie heißen Sie?«, fragte er.
    » Inga.« Das Mädchen schniefte und tupfte sich die Augen mit dem Taschentuch trocken. » Sind Sie Polizist?«
    » Mein Name ist Jack Nightingale.« Er zeigte ihr seinen Polizeiausweis. » Ich werde jetzt gleich mit Sophie reden.«
    » Bekomme ich Schwierigkeiten?«
    » Nein, natürlich nicht«, antwortete Nightingale. » Sie haben richtig reagiert und die Polizei gerufen.«
    » Ihre Eltern bringen mich um«, meinte das Au-pair-Mädchen.
    » Ach was, bestimmt nicht«, entgegnete Nightingale.
    » Sie schicken mich nach Polen zurück.«
    » Das können sie nicht– Polen ist ein EU -Land. Sie haben jedes Recht, hier zu sein.«
    » Sie schicken mich ins Gefängnis. Das weiß ich.«
    Nightingales Herz verhärtete sich. Das Au-pair-Mädchen schien sich mehr Sorgen um seine Zukunft zu machen als darum, was dreizehn Stockwerke weiter oben geschah. » Bestimmt nicht«, erklärte er. » Sagen Sie mir, Inga, warum ist Sophie heute nicht in der Schule?«
    » Sie hat gesagt, sie hätte Bauchschmerzen. Hat sich nicht gut gefühlt. Ihre Mutter sagte, sie könnte zu Hause bleiben.«
    » Und die Mutter ist jetzt einkaufen?«
    Das Au-pair nickte. » Ich habe sie angerufen, und sie kommt gleich zurück. Das Handy von Sophies Vater ist ausgeschaltet, darum habe ich ihm eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen.«
    » Wo arbeitet er?«
    » In Canary Wharf.« Noch immer schniefend, zog sie ihr Portemonnaie aus der hinteren Tasche ihrer Jeans und fischte eine Visitenkarte heraus. Sie gab sie Nightingale. » Das ist er.«
    Nightingale sah sich die Karte an. Simon Underwood war Direktor einer großen amerikanischen Bank. » Inga, hat Sophie so etwas schon einmal gemacht?«
    Das Au-pair schüttelte heftig den Kopf. » Nie. Sie war ein stilles Kind. Immer brav.«
    » Erzählen Sie mir, was passiert ist. Wie kommt es, dass Sophie raus auf den Balkon gegangen ist?«
    » Weiß ich nicht«, antwortete das Au-pair. » Ich habe gebügelt. Sie hat eine Hannah-Montana- DVD geschaut, aber als ich nach ihr sah, war sie plötzlich auf dem Balkon und hatte die Tür verschlossen.«
    » Man kann die Tür von außen abschließen?«
    » Es gibt nur einen einzigen Schlüssel, und den hatte sie. Ich rief ihr zu, sie solle die Tür aufmachen, aber es war, als könnte sie mich nicht hören. Ich habe gegen die Scheibe geschlagen, aber sie hat nicht zu mir hergeschaut. Da habe ich die Polizei gerufen.«
    » Und sie war heute Morgen nicht traurig? Oder wütend? Hat irgendjemand oder irgendetwas sie aufgeregt?«
    » Sie war still«, sagte das Au-pair, » aber sie ist immer still.«
    » Sie haben sie nicht wegen irgendetwas ausgeschimpft?«
    Die Augen des Mädchens blitzten auf. » Sie werden mir die Schuld anhängen, nicht wahr? Sie werden mich ins Gefängnis stecken?« Sie fing an zu heulen.
    » Keiner gibt Ihnen für irgendetwas die Schuld, Inga.«
    Das
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