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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht
Autoren: Stephen Leather
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Lieblingsdroge Nikotin, daher steckte er sich eine Marlboro an und blies den Rauch in den wolkenlosen Himmel.
    Ein uniformierter Inspector kam eilig auf ihn zu, in der Hand ein Funkgerät. » Ich bin froh, dass du es bist, Jack«, sagte er.
    » Und ich bin froh, dass du es bist.« Er kannte Colin Duggan seit beinahe einem Jahrzehnt. Der Mann war alte Schule– ein guter, zuverlässiger Einbrecherjäger, der genau wie Nightingale rauchte. Nightingale spendierte ihm eine Marlboro an und gab ihm Feuer, obwohl Rauchen in Uniform ein Disziplinarvergehen war.
    » Es ist ein Kind, Jack«, sagte Duggan und kratzte sich den fleischigen Nacken.
    » Ein Gangmitglied? Wegen eines schiefgelaufenen Drogendeals?« Nightingale inhalierte und hielt den Rauch tief in der Lunge fest.
    » Ein richtiges Kind«, entgegnete Duggan. » Ein neunjähriges Mädchen.«
    Nightingale stieß stirnrunzelnd eine dichte Qualmwolke aus. Neunjährige Mädchen brachten sich nicht um. Sie spielten mit ihren Playstations oder Wii-Konsolen, oder sie gingen Rollschuhlaufen, und manchmal wurden sie entführt und von Pädophilen vergewaltigt, aber sie brachten sich niemals selber um.
    Duggan zeigte zu einem Luxuswohnhochhaus mit Aussicht auf die Themse. » Sie heißt Sophie. Hat sich auf dem Balkon des dreizehnten Stocks eingeschlossen und sitzt jetzt dort und redet mit ihrer Puppe.«
    » Wo sind die Eltern?«, fragte Nightingale. In der Magengrube spürte er ein kaltes Gefühl der Angst.
    » Der Vater ist in der Arbeit und die Mutter beim Shoppen. Ein Au-pair-Mädchen hat auf die Kleine aufgepasst.« Duggan zeigte mit der Zigarette auf eine magersüchtig wirkende Blonde, die schluchzend auf einer Bank saß, wo eine uniformierte Polizistin versuchte, sie zu trösten. » Ein polnisches Mädchen. Hat gerade gebügelt, als sie Sophie auf dem Balkon entdeckte. Sie schlug gegen die Balkontür, aber Sophie hatte die Tür von außen zugeschlossen.«
    » Und wieso glaubt sie, dass Sophie runterspringen möchte?«
    » Sie redet mit ihrer Puppe und schaut niemanden an. Wir haben zwei Polizistinnen hochgeschickt, aber mit denen redet sie nicht.«
    » Ihr sollt doch eigentlich auf mich warten, Colin«, sagte Nightingale. Er warf seine Zigarette zu Boden und drückte sie mit der Ferse aus. » Amateure machen die Dinge nur noch komplizierter, das weißt du doch.«
    » Da ist ein Kind auf dem Balkon«, sagte Duggan. » Wir konnten nicht einfach nur abwarten.«
    » Bist du dir sicher, dass sie vorhat runterzuspringen?«
    » Sie sitzt auf dem Rand der Brüstung, Jack. Ein Windstoß könnte sie herunterwehen. Wir versuchen, ein Sprungtuch mit Luftpolster aufzutreiben, aber keiner scheint zu wissen, wo so ein verdammtes Ding zu finden ist.«
    » Wie nah kann ich an sie herankommen?«
    » Du könntest durch die Balkontür mit ihr reden.«
    Nightingale schüttelte den Kopf. » Ich muss ihr Gesicht sehen, um beurteilen zu können, wie sie reagiert. Und ich möchte nicht schreien.«
    » Dann gibt es zwei Möglichkeiten«, sagte Duggan. » Sie ist zu hoch oben, um eine Leiter zu verwenden, daher bleibt nur, dich entweder vom Dach herunterzulassen oder dir Zugang zur Nachbarwohnung zu verschaffen.
    » Mich runterzulassen?«
    » Wir können dich in ein Geschirr stecken, und die Jungs von der Feuerwehr seilen dich dann ab.«
    » Und ich baumele vor ihr in der Luft, während ich mit ihr rede? Komm schon, Colin, ich bin ein Vermittler, keine verdammte Marionette.«
    » Dann also der andere Balkon«, sagte Duggan. Er warf seine Kippe weg. » Los geht’s.« Er winkte einen uniformierten Polizisten heran und trug ihm auf, Nightingale zum dreizehnten Stock hinaufzubegleiten. » Nur ist es nicht der dreizehnte Stock, es ist der vierzehnte«, sagte Duggan.
    » Was?«
    » Es geht da um so einen Aberglauben. Frag mich nicht warum. Es ist der dreizehnte Stock, aber auf dem Lift steht vierzehn. Er fährt vom zwölften zum vierzehnten. Die Dreizehn gibt es nicht.«
    » Das ist doch lächerlich«, meinte Nightingale.
    » Sag das dem Bauherrn, nicht mir«, erwiderte Duggan. » Außerdem redest du da mit dem Falschen. Mich wirst du nicht dabei erwischen, dass ich unter einer Leiter hindurchgehe oder einen Spiegel zerbreche. Ich kann Leute verstehen, die nicht im dreizehnten Stock wohnen möchten.« Er lächelte Nightingale an. » Hals- und Beinbruch, ja?«
    » Ja«, sagte Nightingale. Er nickte dem Officer zu, einem hoch aufgeschossenen Mann, dessen Uniform ein paar Nummern zu klein für ihn wirkte.
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