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Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Titel: Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Autoren: Harald Evers
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Stunde?«
    Hellami sah müde auf. »Wirklich?«
    »Ja!«, sagte Leandra. »Bei den Kräften, was bin ich froh, dich wieder zu sehen. Seit Wochen schon denke ich darüber nach, wie ich hier wegkommen könnte. Aber, es ist ja ...« Leandra studierte Hellamis Augen, die von einer gefährlichen und aufreibenden Reise zeugten.
    »Du hast dich in Lebensgefahr begeben, um hierher zu kommen«, stellte Leandra fest.
    Hellami seufzte, löste sich von Leandra und setzte sich auf die Bettkante. »Das kann man wohl sagen«, erwiderte sie. »Sie hätten mich fast erwischt und umgebracht.«
    Leandra schluckte. »Umgebracht?«
    Hellami nickte matt. Sie wandte den Kopf und blickte sehnsüchtig zu dem einladenden Bett.
    »Können wir das alles nicht auf morgen verschieben?«, fragte sie und deutete auf die Kissen und Decken. »Ich bin völlig erledigt. Ich würde gern schlafen.«
    »Ja, natürlich!«, erwiderte Leandra. Sie erhob sich und half Hellami beim Ausziehen. Hellami verkroch sich dankbar seufzend tief zwischen Decken und Kissen. Leandra deckte sie zu und schlich anschließend aus dem Zimmer, um nachzusehen, ob jemand von der Familie etwas bemerkt hatte. Sie warf einen Blick in Cathryns Zimmer, aber ihre kleine Schwester schlief schon längst. Aus dem Schlafzimmer ihrer Eltern war ebenfalls kein Laut zu vernehmen.
    Es mochte morgen früh schwierig werden, denn es war ein ziemliches Wagnis, eine unangemeldete Fremde in seinem Haus zu verstecken. Sie würde sich eine gute Erklärung ausdenken müssen, um ihre Eltern zu beruhigen.
    Sie ging noch in die Küche, um etwas zu trinken. Dann schlich sie leise zurück und setzte sich für einige Minuten neben ihrem Bett auf den Schemel. Sie studierte das Gesicht ihrer bereits schlafenden Freundin, die sie damals, vor sieben oder acht Monaten, in Savalgor unter so seltsamen Umständen kennen gelernt hatte.
    Ihr fiel ein, wie sehr sie am Abend noch von dem Wunsch beseelt gewesen war, etwas zu unternehmen, etwas gegen die unerträglichen Umstände zu tun. Beinahe noch stärker als die Freude über Hellamis Kommen ergriff sie nun das deutliche Gefühl, dass jetzt tatsächlich etwas passieren würde. Es würde eine Veränderung geben, dessen war sie sich gewiss; Hellamis Ankunft bedeutete, dass sich etwas Wichtiges ereignet haben musste und dass es nun an der Zeit war ... ja, dachte sie, wieder die Messer zu wetzen!
    Dieser Gedanke peitschte sie regelrecht auf. Der Seufzer, den Leandra jetzt ausstieß, war zum ersten Mal seit langer Zeit kein resignierter mehr; nein, es war ein Seufzer der Erleichterung. Sie wusste, dass die Zeit des dumpfen Herumhockens und der Schicksalsergebenheit nun beendet war.
    Hellami lag in sich zusammengerollt im Bett und schlief. Leandra hob die Hand und fuhr Hellami liebevoll übers Haar. Hellami war eine zierliche, gleichermaßen aber auch zäh und kräftig gebaute junge Frau mit einer traumhaft schönen, wenngleich auch sehr mädchenhaften Figur. Leandra wusste gar nicht genau, wie alt sie war. Vielleicht zweiundzwanzig - ein Jahr älter als sie selbst. Sie hatte glatte dunkelblonde Haare, die aus einem geheimnisvollen Grund immer wie frisch gekämmt aussahen, selbst morgens nach dem Aufstehen. Wenn sie einen mit ihren hübschen Lachfältchen um Mund und Augen anstrahlte, konnte man sich kaum eines Mitlächelns erwehren - doch ebenso verhielt es sich, wenn Hellami traurig war. Ihre großen braunen Augen trugen dann einen Ausdruck, der einen beinahe zum Losheulen brachte.
    Es war ihre unerhörte Lebenskraft, die Leandra so faszinierte. Hellami lebte, sie war ein wahres Bündel von Energien und Gefühlen. Nie kam es vor, dass ihre Gegenwart nicht wahrnehmbar oder auch nur unauffällig gewesen wäre. Sie stammte nicht gerade aus der besten Gegend von Savalgor; ihre Sprache war manchmal sehr unverblümt und direkt. Sie vermochte in einem Augenblick frech und provozierend zu sein und im nächsten niedergeschlagen und trübsinnig - nur um gleich darauf der Welt wieder ein Lächeln zu zeigen, das auch dem finstersten Kerl ein Grinsen abgerungen hätte.
    Nein, sagte sich Leandra, das stimmte nicht ganz. Sie hatten gemeinsam ein paar Leute kennen gelernt, die selbst auf so ein Lächeln niemals reagiert hätten.
    Leandra erhob sich. Sie zog ihre Kleider aus und kroch zu Hellami unter die Decke. Sie kuschelte sich an sie, umarmte sie, und als sie dann endlich, nach dieser langen Zeit, wieder ihre warme, seidige Haut spürte, kam ihr ein wohliger Seufzer über die Lippen.
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